Fürstenfeldbruck:Sinnsuche im Nebel der Welt

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Für die Puppenspieler ist die Inszenierung eine Herausforderung. Ihre Figuren sind nicht handgroß, sondern mehrere Meter. (Foto: Johannes Simon)

Bei der Generalprobe des Mysterienspiels "Wuide Hetz" zeigen die Beteiligten, dass sie für die Premiere bereit sind

Von Katharina Proksch, Fürstenfeldbruck

Das Licht geht aus, das Orchester verstummt, der Kraxenträger hat sein Schlusswort gesprochen, der Vorhang schließt sich. Applaus aus dem Publikum. Am Donnerstagabend spielte das Ensemble des Theaterstücks "Wuide Hetz" seine Generalprobe vor geladenen Gästen im Stadtsaal des Veranstaltungsforums. Als "ein ganz besonderes Zuckerl" kündigte Regisseur Winfried Frey diesen Abend an. Die etwa 90 Mitwirkenden auf der Bühne, die meisten davon Laien, übten die ganze Woche noch einmal intensiv, damit bei der Premiere an diesem Samstag, nichts mehr schief gehen kann. Er sei jetzt schon sehr zufrieden, sagt Frey.

Erzählt wird die Geschichte von Emi, gespielt von Jasmin Hallbauer. Emi ist vom Leben überfordert, der Druck in der Schule macht ihr zu schaffen, dazu ist sie ständig vom Handy abgelenkt. In den Mühlen des Alltags hat sie sich und ihre Wurzeln schlichtweg verloren und fällt in einen Tagtraum. Diese Vorgeschichte wird in einem Video gezeigt und ist nur eines der vielen verschiedenen Elemente und Ausdrucksformen, die im Laufe des Bühnenstücks zum Einsatz kommen. Gedreht wurde der Film im Sommer dieses Jahres in Fürstenfeldbruck. Emis Mutter im Film spielt Marita Kuhn, Pressereferentin des Veranstaltungsforums. "Alle mussten ran", sagt sie und denkt an viele Anekdoten zurück, die während der langen Zusammenarbeit entstanden sind.

"Wuide Hetz - Eine Fürstenfelder Raunachtsgeschichte" ist eine Eigenproduktion des Veranstaltungsforums, zusammen entwickelt mit Regisseur Frey unter der musikalischen Leitung des Komponisten Christian Ludwig Mayer. Es vereint alte, bayerische Traditionen mit Moderne, dargestellt von Vereinen aus Fürstenfeldbruck und dem Landkreis: Die Brucker Perchten und Raunachtsgsindl und der Trachtenverein Almfrieden Gröbenzell.

In ihrem Tagtraum fällt Emi in eine mystische Welt voller Sagenfiguren. Es ist die Zeit der Raunächte, in denen sich das Licht zurückzieht, der Mensch zur "inneren Einkehr" findet und die Geister ihr Unwesen treiben. Nach Emis erstem Schock beim Anblick einiger Perchten und Hexen in ihren Fellgewändern und den grausig-schön geschnitzten Masken, findet sie schließlich Vertrauen zur Göttin der Perchten, gespielt von Annette Schregle. Wie so vieles im Leben, hat auch die Perchta ihre zwei Seiten, sie vereint das Gute mit dem Bösen. Sie begleitet Emi durch den nebligen Wald auf der Suche nach sich selbst. "Tradition, Brauchtum und Zusammenhalt" sollen dem Mädchen wieder näher gebracht werden. All die Sagenfiguren wie die schwebenden Nebelfrauen, die putzig tanzenden Hui-Hui-Manderl, der Kraxenträger, gespielt von Klaus Trnka, und lebendige Symbolbilder, überbringen ihr in Liedern, Reimen und Sprichworten alte Weisheiten in ewiger Gültigkeit.

Die zwielichtigen Nebelfrauen, die zwergenhaften Hui-Hui-Manderl mit ihren ulkigen Knollnasen und auch die raumgreifenden Geistergestalten der schwarzen Schatten werden von Puppenspielern unter der Leitung von Martin Köhler zum Leben erweckt. Beim Münchner Marionettentheater entwirft, baut und spielt er viele Puppen selbst. Diese Herausforderung nahm er auch für die "Wuide Hetz" an. Heikel, weil es doch andere Ausmaße bedurfte: Die Schwarzen Schatten messen zweieinhalb Meter und müssen leicht sein, damit die Spieler sie auch tragen können. Unterstützt wurde Köhler dabei von Beate Heinsius, die schon viele Produktionen des Philharmonischen Chors Fürstenfeld mit Kostümen ausgestattet hat. Sie gestaltete die Figur der Perchta mit ihrem Fellumhang und dem goldenen Kleid und ist besonders stolz auf ihre Zwerge in den grünen Kapuzenmänteln. Die Birkenholzknöpfe dafür schnitzte ihr Mann.

Nun ist mit den Darstellern ein Theaterstück noch nicht komplett und für die Atmosphäre kommen Orchestermusik, Chorgesänge und allerhand Bühnentechnik zum Einsatz. Die Kompositionen von Mayer spielt das "Auwald Consort" mit Streichern, Bläsern und Percussion. Zwischen mystischen Klängen, hellen Tönen und beschwingten Melodien dürfen auch der Trachtenverein seine Tänze aufführen und die Kinderchöre Geltendorf sowie Schöngeising singen. Außerdem singt der Philharmonische Chor Fürstenfeld unter der Leitung von Andreas Obermayer. Das Orchester und der Philharmonische Chor finden Platz im dunklen, waldigen Bühnenbild zwischen Nadelbäumen und Holzstämmen. In Nebel getaucht und in einem dunkel bis bunt bewegten Lichtermeer findet warmer Schauer seine Ausdrucksform. Diese Lichtinstallation ist die Abschlussarbeit des Veranstaltungstechnikers Felix Wagner zum Meister.

Für das Publikum dürfte diese Generalprobe schon geglückt ausgesehen haben und allen Beteiligten sind Erleichterung und Freude ins Gesicht geschrieben. Dennoch fanden an diesem Abend noch einige Besprechungen statt, nur Heinsius "findet nichts mehr zum Nachbesprechen" und lächelt zufrieden.

"Wuide Hetz", Veranstaltungsforum Fürstenfeld, Samstag, 16. Dezember, von 19 Uhr an. Karten an der Abendkasse 31 bis 39 Euro, Kinder bis 14 Jahren ermäßigt.

© SZ vom 16.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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