Fürstenfeldbruck:Shoppen mit Termin

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Katrin Schmidt, Vorsitzende des Wirtschaftsverbands Germering und Inhaberin der Buchhandlung Lesezeichen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Einzelhändler kritisieren, dass die Wiedereröffnung vom Inzidenzwert und recht komplizierten Bedingungen abhängen soll

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Echte Öffnungsperspektiven haben auch die Einzelhändler im Landkreis verlangt, doch unter welchen Bedingungen sie von der kommenden Wochen an öffnen dürfen, das entspricht noch nicht ihren Vorstellungen. Das zeigen zumindest die Reaktionen ihrer Vertreter in den Gewerbeverbänden am Donnerstag nach Bekanntgabe der am Vorabend beschlossenen Öffnungsschritte. Die sind abhängig von der Branche und vom aktuellen Inzidenzwert. Liegt der unter 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner, gibt es mehr Freiheiten, befindet er sich aber in einem Korridor von 50 bis 100, dann wird's kompliziert.

"Jeder Unternehmer wird sich fragen, ob das für ihn in Frage kommt", kommentiert Franz Höfelsauer, Kreishandwerksmeister und Sprecher des Fürstenfeldbrucker Gewerbeverbandes, die Regelung, nach der bei einer Inzidenz höher als 50 die Kunden im Handel Termine zum Einkaufen vereinbaren müssen. Jeder Einzelhändler werde "das durchrechnen müssen", ob die Personalkosten den Aufwand lohnten, einzelne Kunden im Laden zu bedienen.

In Germering etwa wartet die Vorsitzende des Gewerbeverbandes, Katrin Schmidt, auf die Aussagen der bayerischen Staatsregierung. Am Samstag werde man wissen, wer wirklich wann und wie öffnen dürfe. Für sie als Inhaberin der Buchhandlung "Lesezeichen" gilt wohl das Privileg wie bei den Baumärkten, nur auf eine bestimmte Anzahl von Kunden im Geschäft zu achten. "Wir gelten jetzt als systemrelevant", sagt Schmidt. Sie wird nach ihrem Umzug von der Stadthalle in die Bahnhofstraße Anfang des Jahres ihre Buchhandlung zum allerersten Mal komplett für Kunden öffnen dürfen. Geschlossen hatte sie nie ganz, weil sie zusätzlich einen Paketdienstshop betreibt und Tageszeitungen verkauft. Aber Kunden, die Bücher haben wollten, konnten noch nie in ihrem neuen Laden selbst aussuchen und schmökern. Je nach neuer Verordnung dürfe sie dann neun oder 18 Kunden gleichzeitig im Laden haben, rechnet Schmidt vor, als sie die Regel für den Einzelhandel erwähnt. Danach soll abhängig von der Verkaufsfläche entweder ein Kunde pro zehn oder 20 Quadratmeter zugelassen werden.

Während Buchhandlungen also eher unabhängig von den Inzidenzwerten bleiben, sieht für andere Geschäfte komplizierter aus. Das bisher gepflegte "Click and Collect", also die Bestellung von Waren im Einzelhandel mit Abholung kann von "Click and Meet" abgelöst werden. Das gilt dann, wenn die Inzidenz höher als 50 ist. Kunden buchen sich einen Termin in einem Geschäft, bevor sie shoppen gehen. Für Franz Höfelsauer stellt sich da die praktische Frage, wie viel Zeit sich dann ein Kunde nehmen darf, um einzukaufen. Katrin Schmidt kritisiert diese Bedingungen: "Das ist unternehmerisch nicht sinnvoll." Während in der Industrie oder der Lebensmittelproduktion weiter gearbeitet werden dürfe, sei der Handel abhängig von Inzidenzen. Damit sei der Mittelstand stärker beeinträchtigt, seien es doch die inhabergeführten Fachhandelsgeschäfte, die vor allem betroffen seien.

Gerade der Fachhandel sei es, der sich bislang als krisenfest erwiesen habe, sagt Nadine Klinder, die für die Olchinger Gewerbetreibenden spricht. Die Leiterin des Stadtmarketing äußert ihre Freude darüber, dass die Geschäfte von kommender Woche an wieder öffnen dürften: "Jede Lockerung ist zu begrüßen." Denn bei dem einen oder anderen Inhaber dränge die Zeit, wieder Umsatz zu machen. Zwar spreche noch niemand aus, wie lange man noch Schulden machen könne, aber "der Großteil hat schon überlegt, aufzuhören". In Olching gebe es ein spezielles Verhältnis zwischen den Kunden und den Geschäftsleuten: Die Kunden seien treu und schätzten die persönliche Beratung. Als nur Bestellen möglich war, hätten die Chefs die bestellten Waren selbst ausgeliefert. Das binde die Kunden stärker an die Verkäufer, glaubt Klinder. Die Öffnung bedeute auch, "möglichst nah der Normalität und der Realität zu kommen."

© SZ vom 05.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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