Fürstenfeldbruck:Sehnsuchtsorte und Düsternis

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Bei der sehenswerten Jahresausstellung der Brucker Künstlervereinigung beantworten 27 Mitglieder die Frage, was für sie Heimat bedeutet und was sie am stärksten mit ihr verbinden

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Es ist eine große Frage, die sich die Mitglieder der Brucker Künstlervereinigung anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Haus 10 stellen: Was ist Heimat? Und wie es so ist, wenn sich 27 Künstler mit einer Frage beschäftigen, fallen die Antworten auch völlig unterschiedlich aus. Nur ein Thema taucht immer wieder auf - das Haus 10 als künstlerische Heimat der Mitglieder. Welche anderen Facetten die Künstler in der Ausstellung "Kunst.Heimat" präsentieren, können die Besucher von diesem Freitag an herausfinden.

Blickfang beim Eintritt in den Raum ist ein großes blaues Gerüst auf dem ein Stuhl steht. Die Skulptur von Waltraud Flickinger ist eine Hommage an den grauen Stuhl, ein Möbelstück, das die Geschichte des Hauses schon lange begleitet. Auf ihm nämlich nehmen die Gäste bei Diskussionsabenden Platz. Flickingers Stuhl ist, im Gegensatz zum Original, das auch in der Ausstellung zu sehen ist, allerdings aus Papier gefertigt - zerbrechlich, fraglich, wie die Kunst selbst, wie aber auch die Heimat, die Geborgenheit. Ist es doch so, dass oft ein Funke ausreicht, eine unangenehme Information, um das Gefühl zur eigenen Heimat ins Gegenteil umzukehren.

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(Foto: Carmen Voxbrunner)

Gespiegelte Worte...

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(Foto: Carmen Voxbrunner)

...und ein grauer Stuhl: Die Dinge, mit denen die Künstler ihre Gedanken zum Thema Heimat ausdrücken, sind höchst verschieden.

Ob der Gedanke an die Heimat für sie nun etwas Schönes oder doch eher Unangenehmes ist, wird im Werk von Petra Bergner nicht ganz klar. So zeigen die kleinen Radierungen, die sie auf einen Paravent gezeichnet hat, zwar meist positive Szenen wie etwa das Porträt einer Katze, das Haus 10 oder die Künstlerin in ihrer Werkstatt und mit einer Leinwand im Wald. Dennoch kommen die Szenen so düster daher, dass sie beim Betrachter ein mulmiges Gefühl auslösen. Sehr deutlich beispielsweise bei einem knorrigen Baum. Ebenfalls schwer zuzuordnen ist ein Familienbild, auf dem die Mutter nackt zu sehen ist, hinter ihr steht der Vater. Vor den beiden sind zwei Kinder zu sehen, die beide kein Gesicht haben.

Düster ist auch das, was Barbara Buchwald mit dem Begriff Heimat verbindet. Sie hat einen Schrein entworfen, den sie ihrem Vater gewidmet hat. Denn es ist hauptsächlich er, der die 79-Jährige an ihre Heimat in Ostpreußen erinnert. Ein schwarzer Schleier, der über vielen der auf dem Boden angeordneten Bilder liegt, symbolisiert dabei den frühen Tod des Vaters. Im Vordergrund sitzt eine kleine Figur auf einem Stuhl, in der Hand eine überproportional große Feder, quer durchs Gesicht eine blutende Wunde.

Einen Schrein für den Vater hat Barbara Buchwald-Stummer gebaut. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Aber es sind nicht nur düstere Szenen und Gedanken, die in dieser Ausstellung zu sehen sind. Ein Großteil der Künstler zeigt vielmehr positive Szenen. So wie Stefan Wehmeier, der als Kind immer bei einem Förster dessen prächtige Geweihsammlung bewundert hat. Diese haben sich so stark in sein Gedächtnis eingebrannt, dass er sie heute noch mit Heimat verbindet. Neben einem echten Geweih zeigt er mehrere zufällig entstandene Werke, die einem Geweih allerdings sehr ähnlich sehen. Beim Malen anderer Bilder hat er die Farbreste jeweils an einem Ast abgestrichen. Nach und nach ist so aus dem Holz nebenbei ein eigenes Kunstwerk geworden, das er im Nachhinein noch mit schwarzer Farbe bearbeitet hat.

Auch wenn der Betrachter bei einigen der gezeigten Werke den Heimatbezug nur bedingt nachvollziehen kann und begrüßenswerterweise auch nicht mit einer bestimmten Botschaft nach Hause geschickt wird, regt die Kombination aus Gezeigtem und Ausstellungsthema absolut zum Nachdenken an.

Jahresausstellung der Künstlervereinigung "Kunst.Heimat" im Haus 10, Vernissage am Freitag, 17. Juni, von 19.30 Uhr an. Danach zu sehen bis zum 3. Juli, jeweils freitags von 16 bis 18 Uhr und samstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr.

© SZ vom 16.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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