Fürstenfeldbruck:Schwierige Kooperation

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Seit eineinhalb Jahren diskutieren Bürgermeister über eine interkommunale Wohnungsbaugesellschaft, die günstigere Mieten anbieten soll. Bruck und Eichenau sind nicht dabei, Maisach setzt auf ein Einheimischenmodell

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Normalverdiener können sich die Mieten kaum noch leisten, deshalb wollen einige Bürgermeister günstigere Wohnungen bauen. Das Projekt landkreisweite Baugesellschaft kommt allerdings nicht voran. Maisach macht einen Alleingang, in Bruck hängt es vom Ausgang der OB-Wahl ab und der Landrat hält sich für nicht zuständig. Gröbenzell, Olching und Puchheim prüfen eine Dreier-Kooperation. Der Gröbenzeller Gemeinderat hat Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) beauftragt, mit Amtskollegen über eine interkommunale Gesellschaft zu verhandeln.

Seit etwa eineinhalb Jahren trifft sich eine Runde von Bürgermeistern im Landratsamt, um Modelle auszuloten. Zehn Kommunen sind vertreten. Jetzt geht es darum, Farbe zu bekennen, man muss klären, wer mitmacht, sagt der Puchheimer Bürgermeister Norbert Seidl (SPD). Befürworter sehen zwei Vorteile: Man könnte Bau, Unterhalt, Vermietung und Verwaltung von Wohnungen gebündelt von Profis abwickeln lassen, einzelne Rathausverwaltungen sind überfordert. In der ländlichen Gemeinde Egenhofen im Norden erhofft man sich wie im verstädterten Osten des Landkreises Synergieeffekte und Professionalisierung von einer interkommunalen Kooperation. Bürgermeister Josef Nefele (parteifrei) nennt die Kreise Dachau und Ebersberg als Vorbilder. Zum anderen könnte sich der Skaleneffekt einstellen: Je größer die Zahl, desto rentabler wird es. Der Emmeringer Bürgermeister Michael Schanderl (FW) schätzt, dass 300 bis 400 Wohnungen das Minimum wären. Die Stadt Olching, die über einen großen Bestand verfügt, bringt es allein momentan nur auf mehr als 200 Wohnungen.

Die Interessenten verhandeln über zwei Modelle. Entweder bringen alle Kommunen ihre Liegenschaften in die neue gemeinsame Gesellschaft ein, was für viele Gemeinderäte eine "hohe Hürde" wäre, sagt Schanderl. Die kleinen Kommunen fürchten, ihre Immobilien herzugeben, aber dafür nur wenige Stimmen in den Gremien des Betriebes einzutauschen. Alternativ könnte jede Kommune ihre Wohnungen behalten, aber von dem gemeinsamen Unternehmen verwalten lassen, das obendrein Eigentümer aller Neubauten wäre. Puchheim hat erst unlängst eine eigene Wohnungsgesellschaft gegründet, um Vorkaufsrechte im Planie-Viertel wahrzunehmen. "Das ist aber kein Hindernis für eine Kooperation, wir tanzen auf vielen Hochzeiten mit", sagte Bürgermeister Seidl.

Erschwinglichen Wohnraum im Landkreis zu schaffen, ist eine der schwierigsten Aufgaben für die Kommunalpolitik derzeit. Eine interkommunale Baugesellschaft soll Abhilfe schaffen. (Foto: Johannes Simon)

Schanderl hält es für wichtig, dass das interkommunale Unternehmen den Landkreis repräsentiert. Als Vorsitzender des Kreisverbandes des Gemeindetages soll er den Landrat dafür gewinnen. Der winkt ab. "Wir könnten pro forma mitmachen, aber nicht operativ", erklärte Thomas Karmasin (CSU). Es sei Landkreisen geradezu verboten, sich an solchen Geschäften zu beteiligen. Anders etwa als Ebersberg verfüge die Kreisbehörde auch nicht über nennenswerte Wohnungen. Gemeinden wie Maisach tanzen sowieso aus der Reihe.

"Wir wollen eigenständig bleiben", sagt Bürgermeister Hans Seidl (CSU). Er glaubt, ein gemeinsamer Betrieb wäre ineffizient und setzt auf ein Einheimischenmodell im Geschosswohnungsbau. Ein Investor soll in Gernlinden 44 Wohnungen errichten, die Gemeinde bekommt 19 Wohnungen zu günstigeren Preisen und verkauft an Ortsansässige weiter, subventioniert mit dem Gesamtbetrag von 900 000 Euro. Im Frühjahr 2018 soll der Spatenstich stattfinden. Auch beim Mietwohnungsbau wolle man "in naher Zukunft" aktiv werden, versicherte Seidl. Momentan erwerbe die Gemeinde dafür gerade ein Grundstück.

Wenig begeistert ist auch Erich Raff (CSU), amtierender Zweiter Bürgermeister von Bruck. "Die Türe ist nicht zu, aber ich weiß nicht so richtig, wo der Vorteil für Bruck ist", sagte Raff der SZ. Die Stadt habe eine gemeinsame Wohnungsbaugesellschaft mit der Sparkasse 2006 aufgelöst. Nur wenn man auf dem Fliegerhorstareal eine größere Fläche günstig vom Staat erwerben könnte, sieht Raff eine Chance, aber das wäre frühestens in sechs Jahren.

Während Egenhofen über Grundstücke verfügt, fehlen diese in Germering. Die Stadt sei aber als "interessierter Zuhörer" in der Bürgermeister-Runde dabei, sagt OB Andreas Haas (CSU). Öffentliche Neubauten wie ein Kinderhaus werden in Germering um Wohnungen ergänzt, das Mehr an Baurecht, das privaten Bauherren bekommen, werde abgeschöpft. Bei einem Neubau an der Landsberger Straße kaufe die Kommunen 15 Wohnungen und werde diese günstiger vermieten, sagt Haas.

Bei Befürwortern der interkommunalen Kooperation gehen die Ansichten darüber, was gebaut werden soll, auseinander. In Egenhofen sollen Wohneigentum und Mietwohnungen vorrangig für Einheimische geschaffen werden, sagt der Bürgermeister. Er denkt an Häuser mit vier bis sechs barrierefreien Wohnungen für ältere Bürger, die dafür ihre Häuser freimachen. Die großen Ostgemeinden hingegen favorisieren Geschosswohnungsbau für Mieter. "Zielgruppe sind Normalverdiener, die um die 1600 Euro verdienen, etwa Verkäufer, Kindergärtnerinnen oder Polizisten", sagt Jürgen Koller, geschäftsleitender Beamter der Stadt Olching. Schanderl schätzt die Miete für Neubauwohnungen in Emmering auf zwölf Euro pro Quadratmeter, eine interkommunale Wohnbaugesellschaft könnte acht bis 8,50 Euro bieten.

Unabhängig von der Resonanz auf den Gröbenzeller Vorstoß, treibt die Gemeinde die Kooperation mit Olching und Puchheim voran. Die Triple-Allianz hat ein Gutachten in Auftrag gegeben, in dem dazu verschiedene rechtliche Szenarien untersucht werden. Die Ergebnisse wurden den Kommunalparlamenten in nichtöffentlichen Sitzungen bereits vorgestellt.

© SZ vom 12.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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