Fürstenfeldbruck:Schwere Missbrauchsvorwürfe

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53 Jahre alter Familienvater soll sich an seiner Tochter sowie an seiner Nichte vergangen haben. Die Vorfälle liegen schon Jahre zurück. Die Mädchen waren damals zwischen sechs und 14 Jahre alt

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

War es wirklich der Onkel beziehungsweise der Papa, der seine eigene Tochter und seine Nichte sexuell missbraucht hat? Die Frage versucht ein Schöffengericht in Fürstenfeldbruck seit Montag zu klären. Dem 53 Jahre alten Familienvater aus dem westlichen Landkreis wird zur Last gelegt, die beiden Mädchen wiederholt intim berührt zu haben, als sie zwischen sechs und 14 Jahre alt waren. Die Vorfälle liegen schon viele Jahre zurück, die Tochter des Angeklagten ist inzwischen 28, die Nichte 21 Jahre alt. Der Angeklagte wies die Vorwürfe am ersten Verhandlungstag weit von sich.

Die Vorwürfe gelangten vor ziemlich genau zwei Jahren zur Polizei. Allerdings ging es damals zunächst um den Verdacht, der Angeklagte habe seine Enkelin missbraucht. Wie der Vorsitzende Richter Martin Ramsauer am Montag erläuterte, wurde das Verfahren damals eingestellt. Nach einem Glaubwürdigkeitsgutachten des Kindes und seiner richterlichen Vernehmung, in der es die Vorwürfe gegen den eigenen Großvater wiederholte, kam man zu dem Schluss, dass "eine Tatbegehung möglich, aber nicht hinreichend nachweisbar" sei. Im Zuge dieser Ermittlungen gelangten auch die Beschuldigungen von Tochter und Nichte zu den Ermittlungsbehörden.

Seine Tochter würde niemals so lange ein solches Geheimnis mit sich herumtragen, erklärte der 53-Jährige. Dazu sei sie viel zu geltungssüchtig. Auch für die Anschuldigungen seiner Nichte hatte der Angeklagte eine Entschuldigung parat: Die Couch, auf der er sie unter der Kleidung gestreichelt haben solle, habe es zu der Zeit gar nicht mehr gegeben. Und auf den Po haue er keiner Frau mehr, seit er mit 17 dafür mal eine Watschn kassiert habe.

Die Tochter und Nichte des Angeklagten sowie deren Mutter, also seine Schwägerin, waren im März 2014 per Videovernehmung von einem Ermittlungsrichter vernommen worden. Diese Aufzeichnungen wurden am Montag im Gerichtssaal gezeigt. "Dass das passiert ist, das glaube ich auch den anderen", sagte da die Tochter. Und unter Tränen: "Es tut mir ja auch leid, dass ich ihn hier noch mehr belasten muss." Die eigenen Beschuldigungen gegen ihren Vater erneuerte sie. Demnach hatte er sie bis sie etwa zehn Jahre alt war mindestens vier Mal sexuell bedrängt. Wie sie berichtete, geschah das oft auf der Couch beim gemeinsam Fernsehen, manchmal lag die Mutter daneben und schlief. Die erklärte in ihrer Aussage, sie könne sich nicht vorstellen, dass die Vorwürfe stimmen. Das hätte sie mitbekommen, zumindest bei ihrer Tochter.

Anders war es in der Familie ihrer fünf Jahre jüngeren Schwester abgelaufen, wie die Videovernehmung zeigte. Mutter und Tochter, also Schwägerin und Nichte des Angeklagten, berichteten, wie die Anschuldigungen gegen den Onkel bereits vor etwa sechs Jahren formuliert wurden. Als die Eltern bei ihrer damals 14- oder 15-jährigen Tochter entdeckten, dass die sich die Unterarme ritzt, stellte die Mutter sie zur Rede. Und die Tochter berichtete schon seinerzeit, dass ihr Onkel sie immer wieder mehr anfasse, als sie das wolle. "Es waren immer wieder so kleine Tatschereien", vor allem an den Hintern, sagte die heute 21-Jährige in der Videovernehmung. Und einmal, beim Fernsehschauen auf der Wohnzimmercouch, habe er sie noch viel intimer, auch unter der Kleidung berührt.

Ihrer Mutter hatte das Mädchen als Teenager davon erzählt, wie diese in ihrer Videovernehmung bestätigte. Die Familientreffen waren seither ausgefallen, eine Anzeige wollte die Tochter damals aus Rücksicht auf die gesamte Familie nicht stellen. Durch die Erlebnisse ihrer Tochter kamen auch der heute 43-Jährigen lange verdrängte Erinnerungen wieder hoch: Die Schwägerin des Angeklagten schilderte in ihrer Vernehmung nämlich ebenfalls, dass sie von ihrem Schwager etwa bis zu ihrer Heirat immer wieder sexuell bedrängt worden war. "Ich habe das mein Leben lang verdrängt", aus Angst, dadurch die Ehe ihrer Schwester zu gefährden, erklärte sie. So ähnlich, wie es ihre Tochter in den letzten Jahren getan hat.

© SZ vom 15.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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