Fürstenfeldbruck:Schürze statt Anzug

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Backteam für einen Tag sind Oona Moths, Leiterin des Hofcafés, und Bezirkstagspräsident Josef Mederer. (Foto: Günther Reger)

Bezirkstagspräsident beteiligt sich in Bruck an der Aktion Rollentausch

Von Christoph Kaindl, Fürstenfeldbruck

An diesem Tag musste Bezirkstagspräsident Josef Mederer (CSU) ordentlich mit anpacken: Unter anderem Besteck wickeln, abtrocknen, Salate herrichten und Essen servieren. dennoch sagt er anschließend: "Es hat Spaß gemacht."

Anlass für die ungewöhnliche Aufgabenverteilung Mederers war die Aktion Rollentausch. Dabei arbeiten Politiker einmal im Jahr in sozialen Berufen mit. So können die Entscheidungsträger sehen, was ihre Entscheidungen bewirken. "Für das, was man selbst gemacht hat, hat man einen anderen Blick", meint Mederer. In den vergangenen Jahren war er bereits in vielen anderen Landkreisen unterwegs. Dort war er unter anderem in Pflegeheimen und psychiatrischen Einrichtungen aktiv.

Dieses Jahr also hilft er im neuen "Brucker Fenster" der Caritas mit. Er unterstützt im Hofcafé das Team. Zu diesem gehören Menschen, die es auf dem normalen Arbeitsmarkt sehr schwer hätten. Er sei "begeistert" von den Mitarbeitern und der Leitung, erzählt Mederer: "Die Stimmung hinter dem Tresen war einwandfrei, einfach herzlich." Vier oder fünf Teilnehmer des Caritas-Projekts habe er kennenlernen dürfen. Zum Thema Gewissenhaftigkeit bei der Arbeit kann er ein Beispiel nennen: "Messer dürfen hier nicht in die Spülmaschine", erzählt er. Denn sonst könnten sie stumpf werden. Erfahrung im Kochen hat er bereits in einer Feldküche des Roten Kreuzes gesammelt. Die Zubereitung der dortigen großen Gulaschportionen könne er allerdings nicht mit seinem Arbeitstag im Brucker Fenster vergleichen. Auch von der Architektur des Brucker Fensters zeigt sich Mederer angetan: Durch die vielen Fenster könnten die Menschen sowohl hinein- als auch herausschauen. Dadurch sei das Projekt der Caritas nicht an den Rand gedrängt. Die Lage mitten in der Stadt trage ebenfalls dazu bei.

Die Anteilnahme Mederers für soziale Projekte wurzelt unter anderem in seiner Biographie: Mit 14 oder 15 trat er dem Kolpingwerk bei. Außerdem ist er BRK-Mitglied. In seiner politischen Arbeit habe er im Lauf der Jahre als Bürgermeister und im Bezirkstag ebenfalls entsprechende Erfahrung sammeln können. Der Bezirk Oberbayern kümmert sich nämlich hauptsächlich um soziale Aufgaben. Von den 1,5 Milliarden Euro des Gesamthaushaltes fließen 1,2 Milliarden in diesen Bereich. Finanziert wird der Bezirk durch die Landkreise und kreisfreien Städte sowie den Freistaat Bayern. Dieser beteiligt sich allerdings nur mit rund acht Prozent. Täglich bekommen etwa 50 000 Menschen Hilfe durch den Bezirk. Der engagiert sich zum Beispiel bei Eingliederungshilfe und Kostenübernahme von Pflegeheimen. Leistungsschwache sollen im allgemeinen Arbeitsmarkt bleiben können - das ist ein Ziel Mederers.

Am Freitag ist es Josef Mederer jedoch wichtig, von den Gästen nicht als Präsident des Bezirkstages behandelt zu werden. Deswegen ist er auch froh, dass die Aktion Rollentausch nicht in der Zeitung angekündigt wurde. Axel Hannemann von der Caritas merkt augenzwinkernd an, dass es mit der Undercover-Arbeit dann doch nicht ganz geklappt hat: "Nach dem dritten oder vierten Fotografen hier haben dann doch zwei Gäste nachgefragt."

Axel Hannemann ist sehr zufrieden mit der Aktion Rollentausch: Politiker könnten dabei jenseits der Büroarbeit persönliche und zudem ganz praktische Erfahrungen sammeln. Die Brucker Caritas-Geschäftsführerin Claudia Ramminger schließt sich seinem Urteil an und betont, dass sie sich sehr über den Besuch Mederers gefreut habe. Caritas-Mitarbeiterin Oona Moths schätzt an Mederer, dass dieser die Aufregung mancher ihrer Kolleginnen durch seine ruhige Art schnell gedämpft habe. "Der Herr Bezirkstagspräsident Mederer dürfte wirklich gern wiederkommen", sagt denn auch eine der drei Caritas-Mitarbeiter und lacht herzlich.

© SZ vom 01.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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