Fürstenfeldbruck:Schier endlose Hängepartie

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Der neue BBV-Vorstand: Julia Schilling (v. li.), Herbert Reindl, Matthias Schmidt, Karl Danke, Klaus Quinten, Erhard Jakat und Brigitte Hinz. (Foto: Günther Reger)

Die Erkrankung von Fürstenfeldbrucks Oberbürgermeister Klaus Pleil zeigt deutliche Auswirkungen auf die BBV. Der neue Vorsitzende, Klaus Quinten, beklagt zudem erschwerte Bedingungen in Stadtrat und Rathaus

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Nicht nur dem Rathaus in Fürstenfeldbruck fehlt seit dem schweren Herzinfarkt des Oberbürgermeisters Klaus Pleil Ende August 2015 die starke Persönlichkeit, die die Verwaltung führt und dem Stadtrat die Richtung und neue Ideen vorgibt. Vor allem die Brucker Bürgervereinigung (BBV), der Pleil angehört, vermisst ihren OB noch mehr als andere - und sie leidet mit ihm mit. Deshalb ist es nicht erstaunlich, dass am Donnerstagabend die BBV-Jahresversammlung im Hotel Post in Fürstenfeldbruck im Schatten des Ereignisses steht, das, wie Vorsitzender Fred Härtl sagt, "uns alle wie ein Blitz aus heiterem Himmel" getroffen habe. Gerührt bekennt Klaus Quinten, der Vorsitzende der BBV-Stadtratsfraktion, dem etwas später eintreffenden OB, "wenn es Dir nicht so gut geht und Du bist in der Öffentlichkeit, leide ich mit". Quinten wird später zum neuen Vorsitzenden gewählt. Die Doppelfunktion mit dem Fraktionsvorsitz macht ihn zum neuen starken Mann der BBV.

Die BBV hofft und bangt mit ihrem seit dem Zusammenbruch am Neusiedler See krankgeschriebenen prominenten Patienten mit. "Wir hoffen nach wie vor, dass er ins Amt zurückkehren kann", stellt Fred Härtl schon in der Begrüßung der 41 von 161 Mitgliedern klar. Quinten rückt dagegen ausdrücklich den Menschen Pleil und nicht den Amtsinhaber in den Vordergrund, als er sagt, er denke an den Menschen und hoffe, dass er gesund werde. Später, als Pleil eintrifft und mit starkem Applaus nicht nur begrüßt, sondern geradezu ermutigt wird, heißt es: "Wir geben ihm jede Zeit, dass er gesund wird, uns drängt es nicht." Man werde keinen Druck auf ihn ausüben.

Der Begriff "Hängepartie" fällt wiederholt. Er zieht sich wie ein roter Faden durch den Abend. Und er umschreibt nicht nur den Zustand der BBV. Die Mitglieder erfahren nämlich auch, wie die Stimmung im Rathaus und bei anderen Stadtratsfraktionen ist. "Wir sind in einer ganz schwierigen Situation", beschreibt Quinten, ohne etwas zu beschönigen, die Lage der BBV. Um zu ergänzen: "Durch die Hängepartie und den Gesundheitszustand von Klaus ist es selbst für den politischen Gegner nicht einfach." Und er erinnert daran, dass in der Anfangszeit der Krankheit des OB alles noch leicht gewesen sei. Die anderen seien anständig gewesen. Man habe nicht versucht, sich wegen des Fehlens von Pleil Vorteile zu verschaffen. Die Situation habe sich sogar entspannt, weil die zuvor gegen Pleil gerichteten Aggressionen im Stadtrat ganz unterblieben.

Im Lauf von acht Monaten hat sich das Blatt jedoch gewendet. Festmachen lässt sich diese Wende an der Ablehnung des Haushalts durch den amtierenden Zweiten Bürgermeister Erich Raff (CSU) und die CSU-Stadtratsfraktion. Laut Quinten werden die Hauptscharmützel im Stadtrat zwischen der SPD und Raff ausgetragen. Inzwischen versagte das Landratsamt den von SPD, Grünen und BBV mehrheitlich gebilligten Haushalt wegen der hohen Verschuldung die Genehmigung. Notwendig seien Nachbesserungen. Aus solchen Auseinandersetzungen schlussfolgert Quinten: "Die Situation wird schwieriger, das spürt man." Deshalb rechnet er mit einem sehr schweren Jahr.

Der Begriff vom Machtvakuum im Rathaus, den andere in vertraulichen Gesprächen benutzen, fällt bei der BBV-Versammlung nicht. Man redet auch nicht darüber, dass es in der CSU drei Interessenten geben soll, die sich eine Bürgermeisterkandidatur vorstellen können, sollte die OB-Wahl vorgezogen werden. Genannt werden Raff, Andreas Lohde, der 2014 in der Stichwahl gegen Pleil den Kürzeren zog, und Markus Droth, der CSU-intern gegen Lohde antrat und bei der Nominierung unterlag. Noch sind das Spekulationen, die vertraulich behandelt werden. Niemand will auch nur den Anschein erwecken, vom Schicksalsschlag des beliebten OB zu profitieren.

Während die BBV dem OB die Zeit zugesteht, die er braucht, um gesund zu werden, meinen andere Kommunalpolitiker, bis zu den Sommerferien solle klar sein, wie es weitergehe. Neue Projekt würden nicht angestoßen, bemängeln Kritiker, dafür sollen, wie es heißt, einige in der Verwaltung versuchen, das Zepter in ihrem Sinn in die Hand zu nehmen.

Die BBV hat am Mittwoch ein anderes Problem zu lösen. Sie muss einen neuen Vorstand installieren und, da die BBV überaltert ist, Jüngere einbinden, um den Generationswechsel vorzubereiten. Der 68-jährige Quinten übernimmt als Übergangschef die Aufgabe auch, um Jüngere "auszubilden".

© SZ vom 29.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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