Fürstenfeldbruck:Romantische Empfindungen

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Mit einem erweiterten Repertoire macht sich das Bachorchester auf den Weg, lieb gewordene Gewohnheiten seines Publikums behutsam aufzubrechen. (Foto: Günther Reger)

Stimmiges Konzert von Bach-Chor und Bach-Orchester im Stadtsaal

Von KLAUS MOHR, Fürstenfeldbruck

Mit dem Konzert am Samstag im Stadtsaal brachen Dirigent Gerd Guglhör sowie Bach-Chor und Bach-Orchester Fürstenfeldbruck lieb gewordene Gewohnheiten des Publikums durch neue Werke und eine andere Konzeption auf. Für die künstlerisch notwendige Erweiterung des Repertoires ist das ein unausweichlicher Schritt. Seit langer Zeit stand wieder einmal das Orchester mit einer großen Symphonie im Mittelpunkt. Dann folgten drei Vertonungen von Texten Johann Wolfgang von Goethes aus dem 19. Jahrhundert unter dem Titel "Musikalische Grenzerfahrungen". Dabei erhielt der Männerchor des Bach-Chores einen Extra-Auftritt. Als Solisten waren Anna Haase (Alt), Christian Zenker (Tenor), Alban Lenzen (Bariton) und Alexander Kiechle (Bass) zu hören.

Das ganze 19. Jahrhundert ist musikalisch eine Auseinandersetzung mit dem Werk Ludwig van Beethovens. Das trifft auch auf César Franck zu, dessen um das Jahr 1887 entstandene Symphonie in d-Moll auf dem Programm der ersten Konzerthälfte stand. Die Musiker im überaus groß besetzten Orchester erzählten hier nur mit Tönen und ohne Worte eine Geschichte. Die charakteristischen Themen waren in den beiden Ecksätzen plastisch geformt und durchzogen wie Lichtbögen das ganze Werk. Dramaturgisch ging der Dirigent durch den sich oft entwickelnden Klang und die dosierten Steigerungsverläufe so vor, dass der leidenschaftliche Gestus nie abriss. Tremolobegleitung in den Streichern vitalisierte den Gesamteindruck, während der fulminante Bläsersatz oft hymnische Qualitäten annahm. Der Allegretto-Mittelsatz kontrastierte dazu: Bezaubernde Intimität kam durch die Harfe und die zupfenden Streicher sowie durch die wunderbare Melodie des Englischhorns auf. Im filigranen Zusammenspiel wurde dann mitunter auch hörbar, dass das Werk an der Leistungsobergrenze des Orchesters angesiedelt war.

Die Rhapsodie für Alt, Männerchor und Orchester op. 53 aus dem Jahr 1869 von Johannes Brahms ist ein intensives Stimmungsgemälde: Eine Enttäuschung, die Brahms erlitten hatte, suchte er durch die Vertonung von Versen aus der "Harzreise" von Goethe zu verarbeiten. Den Ausdrucksgehalt, der sich bereits im Orchestervorspiel durch die tiefen Klangfarben andeutete, setzte Anna Haase mit ihrem warm timbrierten Alt in idealer Weise fort, ganz einfühlsam vom Orchester begleitet. Die 25 Männerstimmen entwickelten einen homogenen Chorklang, der sowohl ein Fundament unter der mit zartem Vibrato angereicherten Altstimme bildete, als auch ein eigenständig präsenter Klangkörper war.

Den Gegensatz in den Empfindungen der beiden Goethe-Gedichte "Meeres Stille" und "Glückliche Fahrt" setzte Beethovens in seinem 1815 uraufgeführten Opus 112 sehr unmittelbar um. Während die "Stille" durch klangvolles Pianissimo und durchgehendes Legato in Chor und Orchester zum Klingen kam, traten Frauen- und Männerstimmen des Chores in "Glückliche Fahrt" in einen souveränen Dialog. Dieser Klang wurde mit dem aus etwa einhundert Sängern bestehenden Gesamtchor in eine erweiterte Dimension gehoben.

"Die erste Walpurgisnacht" von Felix Mendelssohn Bartholdy, 1833 nach der gleichnamigen Goethe-Ballade komponiert, ist im Kern romantischer Empfindung angesiedelt. Hier wurde alles in großem Schwung, aber dennoch mit Prägnanz in den Details musiziert. Prächtiger Chorklang und präzise Deklamation führten mit der vielfach zu findenden Lautmalerei zu einer effektvollen und beeindruckenden Interpretation. Alle Beteiligten erteten begeisterten Beifall.

© SZ vom 05.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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