Fürstenfeldbruck:Reise zum Ich

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Die Kursleiterin Yolanda Tabanera (links) und Organisatorin Christine Helmerich von der Künstlervereinigung sind seit vielen Jahren befreundet. (Foto: Johannes Simon)

Workshop mit der spanischen Künstlerin Yolanda Tabanera

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Fünf Tage haben die Künstler in der Werkstatt hinter dem Kloster gemalt, gestaltet, gewerkelt. Nun haben sie die Ergebnisse ihres Workshops mit der spanischen Künstlerin Yolanda Tabanera im Dachgeschoss der alten Schmiede präsentiert. Die entstanden Werke sind so unterschiedlich, dass man erst durch den Motto des Workshops ihren Zusammenhang erkennt. Den Ziel war es, eine Reise zum Ich zu unternehmen. "Damit wollte ich einen Gegensatz zur herrschenden Selfie-Kultur schaffen. Zeigen, dass Kunst einen ganz anderen Zugang schaffen kann als diese Oberflächlichkeiten", sagt Tabanera. Und durch diesen Weg zum eigenen Ich sollte auch eine tiefere Wahrnehmung der Umwelt geschaffen werden, ein offeneres Auge für das Umgebende.

"Yolanda hat uns einfach machen lassen und ihre Gedanken dazu einfließen lassen", erzählt Anette Olbrich, eine der Teilnehmerinnen. Die Grafikerin und Künstlerin ist extra jeden Tag aus Oberhaching angereist. "Wir haben auch regelmäßig den Fortschritt jedes einzelnen gemeinsam besprochen und so den Prozess begleitet." Interessant sei auch gewesen, wie Tabanera den Teilnehmern Bilder gezeigt habe, zu denen jeder dann spontan seine Assoziationen äußern konnte. Man habe auch Bilder bekannter Künstler angeschaut und dann über deren kreative Prozesse gesprochen, erklärt die Kursleiterin. Ansonsten sei es aber nicht um Theorie gegangen, sondern um die Praxis.

Olbrich hat die Installation "Winterschlaf Präparation" geschaffen, einen Stoffkokon, in dessen Inneren eine angedeutete menschliche Gestalt zu sehen ist. Unter dem Tuch liegt auch das Stundenrad einer Parkscheibe. Es zeigt, dass die Ruhezeit, vielleicht sogar die Lebenszeit, begrenzt, vergänglich ist. Neben der Skulptur sind Fotos des Entstehungsprozesses zu sehen - und ein Video. Darin rollt sich Olbrich eingehüllt über den Waldboden, schafft sich ihren eigenen, realen Kokon. Dazu gibt es eine "Registratur", in der alle Ideen und Zeichnungen aufbewahrt werden, die die 60-Jährige während des Workshops gefertigt hat.

Der Kurs war bereits der dritte, den Tabanera, die in Madrid lebt und an der Münchner Akademie studiert hat, in Fürstenfeldbruck gegeben hat. Einige der acht Teilnehmer haben an allen Kursen teilgenommen, andere waren erstmals dabei. Auch zwei Mitglieder der Brucker Künstlervereinigung haben sich kreativen Input geholt.

Regelmäßig an solchen Workshops nimmt Hermine Schmid teil. Sie hat dieses Mal zwei sehr verschiedene Arbeiten geschaffen. Einmal eine Skulptur aus lockerem Drahtgeflecht, die einem Kopf ähnelt. Im Inneren findet sich eine zerknüllte Papierkugel. "Das ist quasi das Hirn auf den Kopf gestellt", sagt die Künstlerin. Denn das "Papierhirn" ist nicht oben im Kopf befestigt, sondern liegt lose auf dem Hals auf. Neben der Skulptur hängen noch zwei "Leichentücher" aus selbstgeschöpftem Papier und Draht. Sie wirken allerdings nicht traurig, sondern durchaus fröhlich und leicht. "Der ganze Arbeitsweg war sehr intuitiv. Ich habe mich einfach von dem leiten lassen, was ich in der jeweiligen Situation gespürt habe", so die Künstlerin.

© SZ vom 04.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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