Fürstenfeldbruck:Rechtsrisiko Aufmerksamkeit

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Gericht spricht 35-Jährigen frei, der wegen Verleumdung angeklagt war

Von Julia Kiemer, Fürstenfeldbruck

Wie schnell eine Frage mit brisantem Inhalt zu einer Anklage führen kann, musste jüngst ein 35-jähriger Landkreisbewohner feststellen. Weil er einen Bekannten "Bist du ein Kiffer?" oder "Kiffst du?" gefragt hatte, musste er sich wegen übler Nachrede vor Gericht verantworten. Ihm wurde vorgeworfen, er habe den anderen als aktiven Drogenkonsument bezeichnet. Im Verlauf der Verhandlung stellte sich jedoch heraus, dass es einen begründeten Anlass zur Frage gegeben hatte und sie daher berechtigt war. Der Angeklagte wurde somit freigesprochen.

Der Landkreisbewohner hatte den Bekannten, zugleich Hausmeister der Wohnanlage des Angeklagten, mit einer Frau in dessen Büro gesehen und einen verdächtigen Geruch bemerkt. Kurz darauf verließ die Frau mit einem Joint in der Hand das Büro des Hausmeisters. Die Frage, ob sie gekifft hätte, bejahte sie. Also fragte der 35-Jährige den Hausmeister, ob er denn mitgekifft habe. Nach dem Angeklagten beantwortete der Hausmeister diese Frage nicht, es kam es zu einem lauten Streit. Nach der Aufforderung "sich zu verpissen" ging der Angeklagte, der Hausmeister zeigte ihn bei der Polizei an.

Vor Gericht bestritt der Hausmeister alles: Er habe kein Marihuana geraucht, also habe es auch nicht danach gerochen. Auch habe die Frau nicht in seiner Anwesenheit gekifft. Ob der Angeklagte ihm die Frage "Kiffst du ?" gestellte hatte oder es als Aussage "Du bist ein Kiffer" formuliert hatte, konnte er aber nicht beantworten. Stattdessen relativierte er viele seiner Aussagen. Er habe die Anzeige im Nachhinein zurückziehen wollen, da sei es aber schon zu spät gewesen. Zudem habe sich der Angeklagte bei ihm entschuldigt. Die Frau bestätigte indes, im Büro einen Joint geraucht und später die Diskussion mitbekommen zu haben. Dabei habe der Angeklagte eindeutig eine Frage gestellt, keine Aussage.

Aufgrund seiner Vorbestrafungen, unter anderem wegen Trunkenheit am Steuer, Beleidigung und Sachbeschädigung, argumentierte der Staatsanwalt, dass dem Angeklagten die vorgeworfene Tat nicht wesensfremd sei und die Frage mehr als eine Suggestivfrage fungiert und somit eine Tatsachenbehauptung stattgefunden habe. Daher befand er 90 Tagessätze zu je 30 Euro als angemessene Sanktion. Diesem Antrag stimmte Richter Johann Steigmayer nicht zu. Er könne die Frage nach einem Wortgefecht und angesichts der Umstände, dass tatsächlich ein Konsum von Marihuana stattgefunden habe, nachvollziehen. Der Angeklagte habe aus gutem Grund nachgefragt, daher sei die Frage nicht straffällig. Vielmehr habe der Geschädigte die Situation vermutlich falsch interpretiert und aus Vorbeugung möglicher Gerüchte gehandelt.

© SZ vom 07.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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