Fürstenfeldbruck:Radltour durch die Jahrtausende

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Der erweiterte archäologisch-historische Rundweg in den Osten Germerings bietet den Teilnehmern einer Informationsfahrt viel Wissenswertes und so manches Rätsel

Von Andreas Ostermeier, Germering

Germering nördlich der Landsberger Straße ist eine archäologische Fundgrube. In diesem Gebiet finden sich im Boden die Spuren früher Besiedelung, so aus der Steinzeit, von Kelten, Römern und Siedlern des frühen Mittelalters. Je dichter Germering bebaut wird, desto mehr Gräber, Brunnen, Werkzeuge oder Schmuck tauchen als Hinterlassenschaften früherer Siedler auf. Zwei historisch-archäologische Rundwege führen an die Fundorte. Eine rote Route erschließt das Stadtgebiet westlich des Rathauses, eine blaue das Gebiet östlich. Die blaue Route ist nun erweitert worden. Am Wochenende konnten die Teilnehmer einer Radltour vier neu aufgestellte Hinweistafeln kennen lernen.

Gut zwei Dutzend Radler schlossen sich der Führung von Günter Zeidler, ehemals Vorsitzender des Fördervereins Stadtmuseum, sowie dem Archivar und Stadtarchäologen Marcus Guckenbiehl an. Erstes Ziel auf der sieben Kilometer langen Strecke war die alte Schmiede an der Ecke Dorf-/Schmiedstraße. Früher führte über diese Straßen der Weg nach Augsburg. Wer neue Hufeisen oder einen Eisenring für ein Rad benötigte, ließ das dort anfertigen. Die alte Schmiede ist jedoch die jüngste in Germeringer, erst in den Siebzigerjahren schloss sie. Vor ihr gab es andere Schmieden, allesamt in der Nähe, so wie das Trosthammerhäusl, eine Einraumschmiede, die 1985 dem Straßenausbau weichen musste und abgerissen wurde. Dies erfährt, wer die neue Informationstafel beachtet, die am Zaun der alten Schmiede steht.

Neu ist auch die Hinweistafel auf ein Grab aus der Zeit der Glockenbecherkultur am Ende des Birnbaumsteigwegs. Beim Ausbau des Weges in Richtung München hat Guckenbiehl vor einigen Jahren ein besonderes Grab entdeckt, in dem vor mehr als 4000 Jahren, zum Ausgang der Steinzeit, eine Frau und ein Bub die letzte Ruhestätte gefunden haben. Für die Frau sei eine Grabkammer gebaut worden, erzählte der Archäologe, was sehr selten zu finden ist. Ebenfalls besonders ist, dass in das Grab eine zweite Person gelegt wurde. Zudem fand Guckenbiehl in der Begräbnisstätte Lockenringe aus Silber. Auch dies ein höchst seltener Fund.

Zeitlich viel weniger weit zurück liegt die römische Besiedelung Germerings. Sie beginnt mit dem Alpenfeldzug im Jahr 15 vor Christus. Informationen über diese Zeit enthält eine Tafel, die der Förderverein an der Bushaltestelle vor dem Einkaufszentrum an der Münchener Straße aufstellen durfte. Die beschriebenen Fundstücke stammen aus den Grabungen, die Guckenbiehl im Jahr 2012 unternommen hat, bevor die Bauarbeiten für das neue Gep begonnen worden sind. Unter den alten Gebäuden kam ein Grab mit Beigaben aus der Römerzeit zum Vorschein. Allerdings gibt dieser Fund bis heute Rätsel auf, denn in dem Grab befand sich ein Skelett. Zu römischer Zeit aber wurden die Verstorbenen verbrannt. Möglicherweise gehörten die Überreste, die deutliche Zeichen von Mangelernährung aufweisen, zu einem Angehörigen der keltischen Restbevölkerung, auf die die Römer nördlich der Alpen trafen.

Wissenswertes zur alten Schmiede: Günter Zeidler (mit Kappe) stellt Teilnehmern der Rundfahrt eine der neuen Hinweistafeln vor. (Foto: Günther Reger)

Eine Überraschung für den Betrachter bringt auch die Informationstafel, die an der Augsburger Straße gegenüber der Mc-Donald's-Filiale aufgestellt wurde. Aus ihr ist zu erfahren, dass das Areal zwischen dem Gewerbegebiet Nord und dem alten Dorfkern Germerings im frühen Mittelalter viel größer war als später. Zu erkennen ist das einerseits aus den Funden, die dort gemacht worden sind, und andererseits aus dem Katasterplan von 1809. Auch das große Gräberfeld an der Krippfeldstraße und die Reihe von Brunnen in einer Linie, die der heutigen Dresdner Straße entspricht, bezeugen eine rege Besiedelung Germerings vom sechsten Jahrhundert an. Weshalb die Bevölkerung in späterer Zeit zurückging, das konnte Guckenbiehl auf die Fragen der Teilnehmer der Radltour nicht sagen. Es lag wohl an mehreren Gründen, eine bestimmte Ursache hat sich bis heute nicht finden lassen.

Und wer Rätsel aus der Vergangenheit sucht, wenn auch aus nicht so ferner, der sollte gleich noch die Marquartkapelle aufsuchen, die direkt neben der alten Martinskirche steht. Die Überreste des Namensgebers wurden im 18. Jahrhundert auf Veranlassung eines Lehrers in die Kirche gebracht, damit Marquart von den Gläubigen verehrt werden konnte. Doch wer dieser Dorfheilige war, blieb im Dunkeln. Nachdem die Kirchenoberen die Entfernung der Gebeine aus der Kirche angeordnet hatten, sollen sie in die Kapelle gekommen sein, die lange Zeit als Beinhaus, also als Aufbewahrungsstätte von Knochen diente, die aus wieder genutzten Gräbern stammten. In der Kapelle allerdings finden sich zwar viele Knochen, aber nur Reste eines mehr oder weniger vollständigen Skeletts. Das aber stammt von einer Frau.

© SZ vom 27.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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