Fürstenfeldbruck:Praktikanten statt Zivis

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Sozialdienste und Nachbarschaftshilfen im Landkreis reagieren mit einem neuen Angebot auf das Ende der Wehrpflicht.

Karl-Wilhelm Götte

Die Aussetzung des Wehrdienstes zum 1. Juli bedeutet auch das Ende des Zivildienstes. Fünf Sozialdienste und Nachbarschaftshilfen aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck und Gilching, die seit vielen Jahren Zivis beschäftigen, wollen nicht länger auf den angekündigten Bundesfreiwilligendienst von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder warten. Sie haben sich deshalb zu einer Kooperation zusammengeschlossen, um der zu erwartenden Personallücke zu begegnen und bieten jungen Menschen ab sofort ein Sozialpraktikum an. Das Sozialpraktikum, das sich an junge Frauen und Männer richtet, soll neun bis zwölf Monate dauern.

Egi D'Ascoli betreut als einer der letzten Zivis bei der Nachbarschaftshilfe Puchheim unter anderem Rollstuhlfahrer. Die Lücke, die entsteht, wenn er aufhört, sollen Praktikanten füllen. (Foto: Johannes Simon)

"Wir werden einen Praktikumsvertrag abschließen", kündigt Sonja Thiele vom Germeringer Sozialdienst an. Dort sind zurzeit zwei der drei Zivildienststellen besetzt. Mitte April wird der letzte Zivi, der beim mobilen sozialen Hilfsdienst und beim "Essen auf Rädern" eingesetzt ist, seinen Dienst quittieren. "Einen Nachfolger haben wir noch nicht", so Thiele. Ähnlich geht es den anderen Einrichtungen.

Bei der Nachbarschaftshilfe in Puchheim scheidet der letzte Zivildienstleistende bereits Ende Februar aus. Und Martina Seeger vom ökumenischen Sozialdienst Gröbenzell berichtet: "Wir haben bis Februar von vier möglichen noch zwei Zivis, die in der ambulanten Pflege und der Tagespflege eingesetzt sind, dann kommt die erste Lücke". Dabei haben die jungen Männer laut Reinhold Neuhofer von der Nachbarschaftshilfe Maisach-Egenhofen in der Tagespflege " etwas fürs Leben mitgenommen".

Das von den kooperierenden Einrichtungen neu geschaffene Sozialpraktikum wird als eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung angelegt und eine Vollzeitarbeit von 39 oder 40 Stunden bedeuten. Die monatliche Vergütung soll zwischen 500 und 600 Euro betragen. Die Einrichtungen wollen mit einer Bestätigung dafür sorgen, dass während des Praktikums das Kindergeld weiter gezahlt wird. "Das ist eine finanzielle Mehrbelastung für uns, aber wir werden das finanzieren können", versprach Thiele. Bisher bekamen die sozialen Einrichtungen einen etwa 40-prozentigen Zuschuss für jeden Zivildienstleistenden.

Geplant ist, jedem Praktikanten einen zuständigen Betreuer zur Seite zu stellen. Am liebsten hätten alle Einrichtungen Praktikanten mit Führerschein, weil vorwiegend auch viele Einkaufs- und Begleitdienste zu erledigen sind, doch Bedingung soll es nicht sein. Gedacht ist die Zeit als Überbrückung bis zur endgültigen Berufswahl oder bis zum Erhalt eines Studienplatzes. Eingebunden in das Praktikum ist ein umfangreiches Schulungsprogramm, darunter Themen wie Erste Hilfe, Lebensmittelhygiene, aber auch Kommunikationstraining und die einschlägigen Paragraphen des Sozialgesetzbuches.

Die Alternative, das bisherige "Freiwillige Soziale Jahr (FSJ)", das grundsätzlich zwölf Monate dauert, betrachten die fünf Einrichtungen eher skeptisch. Mit Gesamtkosten von 900 Euro pro Stelle, die FSL-Leistende bekommen davon 300 Euro, ist es wesentlich teurer als ihr eigenes Konzept. Zudem gibt es rechtliche Schranken. So dürfen die FSJ-ler im Gegensatz zu den Zivildienstleistenden nicht allein zu den Patienten oder Pflegebedürftigen. "Wir haben auch bisher keinen FSJ-ler bekommen", berichtete Reinhold Neuhofer aus Maisach. Konkretes zum geplanten Freiwilligendienst, der an die Stelle des Zivildienstes treten soll, gibt es noch nicht. "Das wird sich bis zum Herbst hinziehen", befürchtete Marianne Schoun von der Nachbarschaftshilfe Puchheim, "so lange können wir nicht warten."

Informationen zu dem Sozialpraktikum geben: Martina Becker (Sozialdienst Germering, 089/84005717), Ernst Schenk (Nachbarschaftshilfe Puchheim, 089/80063113), Reinhold Neuhofer (Nachbarschaftshilfe Maisach-Egenhofen, 08141/404742), Martina Seeger (Sozialdienst Gröbenzell, 08142/5939615) und Marc Engelhardt (Sozialdienst Gilching, 08105/77823).

© SZ vom 26.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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