Fürstenfeldbruck:Patenschaften für eine bessere Integration

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Asylhelfer Christian Kube (links) erklärt den Gästen, welche Regeln es bei einer Patenschaft zu beachten gibt. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Der Asylhelferkreis Germering vermittelt Flüchtlingen Helfer, die sie bei Alltagsfragen unterstützen

Von Lena von Holt

GermeringAcht Steckbriefe breitet Christian Kube vor sich auf dem Tisch aus. Darin enthalten sind Angaben zu Person, Herkunft, Beruf und Flucht. Jeder von ihnen erzählt eine eigene Geschichte. Unter ihnen ist auch die von Familie Nimrusi, die aus Afghanistan geflohen ist. Vater, Mutter und die fünf Kinder wohnen jetzt in der Gemeinschaftsunterkunft Don Bosco, einem ehemaligen Altenheim in der Parkstraße in Germering, das mit 200 Personen mittlerweile voll besetzt ist. Wie viele Geflüchtete wünscht sich auch Familie Nimrusi einen Paten, der sie im Alltag unterstützt.

Der Begriff "Pate" habe keinen rechtlichen Hintergrund, erklärt Kube den 24 Interessierten, die sich an diesem Abend über die Aufgaben einer Patenschaft für Flüchtlinge informieren wollen. Jeder könne selbst entscheiden, wie viel Zeit er aufbringen und was er mit den Bewohnern der Unterkunft unternehmen will. Als "Begleiter im Alltag" könnten die Paten den Flüchtlingen erklären, wie das Tarifsystem des MVV funktioniert, was selbst für "Alt-Brucker" oft schwer zu durchschauen sei. Arzttermine koordinieren, Freizeitangebote vorstellen oder darauf verweisen, dass billige Produkte im Supermarkt meist ganz untern stehen - es gibt viele Möglichkeiten, um den "neuen Nachbarn" die ersten Schritte in die Selbstständigkeit zu erleichtern. Wichtig sei aber, keine neuen Abhängigkeiten zu schaffen, betont Kube. "Sie sind weder Mutter noch Freundin", mahnt er. Das setze voraus, die richtige Balance zwischen Empathie und Abgrenzung zu finden. Zu dieser Balance gehöre auch, sich erst einmal an einen neutralen Ort, zum Beispiel in einem Park, zu treffen. Gleich zu sich nach Hause einzuladen, könnte falsche Erwartungen wecken. "Bitte versuchen Sie auch nicht, die Leute zu erziehen", ergänzt ihn Fereschteh Erschadi-Zimmermann. Sie sitzt als Referentin für Integration im Germeringer Stadtrat und ist selbst oft in der Unterkunft, deren Bewohner sie mittlerweile gut kennt.

Wer Pate werden will, braucht zuerst ein erweitertes Führungszeugnis, das Ehrenamtliche kostenlos bei der Stadt beantragen können. Beim ersten Treffen sind die Ehrenamtlichen aus dem Helferkreis noch mit dabei. Bei einer Tasse Tee können sich Pate und Bewohner gegenseitig "beschnuppern", bevor sie besprechen, bei welchen Aufgaben die Bewohner Hilfe brauchen und wann ein Treffen statt finden könnte. Die Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft Don Bosco kommen aus Ländern wie Afghanistan, Sierra Leone, Syrien, Irak, Eritrea, Somalia oder Nigeria. Dort waren sie Profifußballer, Finanzverwalter oder Maschinenbauer. Die meisten von ihnen können Englisch sprechen. Wenn nicht, kann der Helferkreis auch Dolmetscher vermitteln.

Als es später um die Verteilung der Patenschaften geht, meldet sich direkt ein Mann zu Wort. Er sei selbst Maschinenbauer und glaubt, dass er sich gut mit dem 38-jährigen Maschinenbauer aus Sierra Leone verstehen würde. Bei der Zuteilung wird auch darauf geachtet, dass die Paten und Bewohner zusammen passen, erklärt Kube vom Helferkreis. Auch der Mann aus Sierra Leone, den die Helfer zuvor befragt haben, wünscht sich den Kontakt vor allem, um die Sprache zu lernen. Das Interesse daran sei in den vergangenen Jahren gestiegen, erklärt Kube. "Ihnen scheint klar geworden zu sein, dass sie ohne die Sprache nicht weit kommen." So wie der 17-jährige Sohn der Familie Nimrusi, der Biologie studieren will, nachdem er hier in Deutschland die Schule beendet hat. Er spricht zwar gut Englisch, seine Deutschkenntnisse seien aber noch ausbaufähig. Das will er mit Hilfe seines Paten nun unbedingt ändern.

© SZ vom 08.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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