Fürstenfeldbruck:Fünf Lebensretter

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Die Bayerische Rettungs- und Christophorus-Medaille erhalten an diesem Freitag fünf Menschen aus dem Landkreis. (Foto: dpa)

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer zeichnet an diesem Freitag fünf Menschen aus dem Landkreis aus, die ohne zu zögern anderen geholfen haben

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Spätsommerwetter an einem Sonntagmorgen im Olchinger Neubaugebiet: Auf der Wiese kicken ein paar Freizeitfußballer, und auf dem Steg des Schwaigfeldsee schiebt eine 89 Jahre alte Frau ihren Rollator. Vermutlich ist ihr schlecht geworden, niemand weiß das heute so genau, jedenfalls kippt sie mit ihrer Gehhilfe von der hölzernen Plattform in den an dieser Stelle gut einen Meter tiefen See gegenüber dem Altenheim. Hätte nicht zu dieser Zeit Guntram Arnold aus seiner Wohnung im zweiten Stock hinüber zum See gesehen, die alte Frau wäre möglicherweise sofort ertrunken. So aber konnte Arnold das Leben der Altenheimbewohnerin retten und wird deshalb vom bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer am Freitag mit der Christophorus-Medaille ausgezeichnet. Die bekommen Menschen, die einen anderen Menschen aus Lebensgefahr gerettet haben.

"Das war wie ein Reflex, ganz automatisch", sagt der heute 58 Jahre alte Arnold, wenn er sich an den 8. September vor zwei Jahren erinnert. Damals wohnte er noch in Olching - in Sichtweite des Sees, in dem die 89 Jahre Altenheimbewohnerin stürzte. Arnold ist von Beruf Versicherungsmakler, lebt inzwischen wieder in seiner fränkischen Heimat, er war aber als Jugendlicher beim Roten Kreuz und der Wasserwacht. Und dort hat man dem jungen Mann seinerzeit beigebracht, was er sein Leben lang beherzigen sollte und in diesem einen Fall auch zum Erfolg führte: "Hilfe ist besser als keine Hilfe." Im Gespräch mit der SZ erinnert er sich genau, was er damals tat, als er aus dem Haus zum Schwaigfeldsee rannte: "Ich habe meiner Partnerin gesagt, sie solle den Rettungsdienst rufen, dann habe ich den auf der Wiese spielenden Fußballer zugerufen, dass ich Hilfe brauche." Als erster sei er bis zum Bauch im Wasser gewesen, habe den Kopf der Frau angehoben. Die Seniorin schien nur bewusstlos zu sein, "sie war nicht ertrunken", berichtet der Lebensretter. Es sei ihm gelungen, die Verunglückte, die kopfunter im Wasser lag, umzudrehen und mit Hilfe des Gröbenzellers aus dem Wasser an Land zu bringen. Dann folgte das, was Arnold in seiner Erste-Hilfe-Ausbildung einmal gelernt hatte und nun wieder abrufen konnte: Lebenszeichen überprüfen und die Bewusstlose in eine stabile Seitenlage bringen. "Als das passiert war, kam auch schon bald der Rettungswagen." Auch Manfred Bötsch bekommt für seine Tat die Christophorus-Medaille.

Guntram Arnold, das ist aus seinen Schilderungen herauszuhören, will seine eigene Leistung gar nicht so hoch hängen. Für ihn scheint die Rettung der Frau, die vor einem halben Jahr im Alter von 91 Jahren gestorben ist, eine Art Bestätigung für die frühere Ausbildung als Ersthelfer gewesen zu sein. "Ich wusste, ich habe alles im Griff." Er sei sich sicher gewesen, nichts falsch gemacht zu haben. Einen Fehler hätte nur machen können, wenn er nicht geholfen hätte. Die im Nachhinein kritisierten Pflegekräfte im Altenheim, haben nach Arnolds Darstellung den Unfall der Bewohnerin gar nicht erkennen und deshalb auch nicht reagieren können. Selbst eine junge Mutter, die mit ihrem Kind auf einer Bank vielleicht nur 20 Meter vom Ufer entfernt gesessen habe, habe vermutlich von dem Sturz ins Wasser gar nichts bemerkt.

Ganz so lautlos wie der Unfall der 89-Jährigen ging der Angriff eines damals 29-Jährigen auf einen 72 Jahre alten Rentner nicht vonstatten. Der 29-Jährige war am 31. August 2013 plötzlich und ohne Vorwarnung an der Bahnhaltestelle Donnersbergerbrücke regelrecht ausgerastet, hatte wartende Fahrgäste belästigt und beleidigt, Passanten als "Schweine" beschimpft und ohne erkennbaren Grund den am Bahnsteig stehenden Rentner so geschubst, dass dieser auf die Gleise fiel. Robert Goltze aus dem Landkreis Aichach-Friedberg und Martin Lehner, dem Leiter des Ordnungsamtes Puchheim, die ebenfalls unter den Wartenden waren, fiel auf, dass sich der 72-Jährige nicht mehr bewegter, er war bewusstlos geworden. Geistesgegenwärtig hätten sie den Mann von dem Bahngleis gezogen, heißt es in der Laudatio des Ministerpräsidenten. Lehner und Goltze trugen das Opfer des 29-Jährigen in den angrenzenden Grünstreifen, wo er und seine Retter einen sicheren Abstand zum Gleis hatten. Die beiden Lebensretter bekommen von Horst Seehofer, weil sie dabei ihr eigenes Leben aufs Spiel gesetzt haben, die bayerische Rettungsmedaille.

Diese Auszeichnung wird auch Besfort Berisha zuerkannt, der ebenfalls einen Menschen von den Gleisen gerettet hat. Es war am 26. Januar 2013, als ein damals 22-Jähriger, den Berichten nach stark alkoholisiert, um 6.40 Uhr am Bahnhof Fürstenfeldbruck mit einem Bein zwischen den Bahnsteig und die S-Bahn geriet, von der Bahn überfahren wurde und im Gleis zunächst offenbar unbemerkt liegen blieb. Besfort Berisha erkannte die Gefahr, dass bald die nächste S-Bahn eintreffen würde und rettete den Schwerverletzten aus dem Gleisbett.

Zur Ehrung eingeladen wurde auch Tamara Oberender, die im November 2013 in Emmering einen Mann davon abhielt, sich von einer Brücke zu stürzen. Sie konnte ihn beruhigen und dadurch schließlich auch sein Leben retten. Tamara Oberender bekommt dafür die Christophorus-Medaille.

© SZ vom 17.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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