Sammlen für den SZ-Adventskalender:Nehmen und geben

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Weil der Adventskalender ihm bei der Unterstützung Durchreisender half, sammelt der evangelische Pfarrer Willam-Singer am Sonntag für das SZ-Hilfswerk. Er ist überzeugt, dass das Geld dort sehr gut angelegt ist

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Seit einigen Jahren steigt die Zahl der Durchreisenden und Obdachlosen rapide an, die beim Pfarramt der evangelischen Erlöserkirche am Stockmeierweg in Fürstenfeldbruck anklopfen. Früher konnten sie sich sicher sein, immer zumindest einen Essensgutschein zu erhalten. Inzwischen ist das nicht mehr selbstverständlich. Obwohl Pfarrer Niclas Willam-Singer den monatlich für diese Form der Diakonie zur Verfügung gestellten Topf seit Jahren erhöht und er für diesen Zweck inzwischen sogar über drei Mal so viel Geld verfügt wie noch 2006, kommt es immer häufiger vor, dass Bittsteller abgewiesen werden müssen.

"Wir haben kein Geld mehr", lautet die Begründung, mit der Willam-Singer oft schon von der Monatsmitte an Durchreisende abspeisen muss. Der Grund: Der Monatsetat ist immer früher aufgebraucht. Diese Situation ist für beide Seiten unbefriedigend. Und dem evangelischen Pfarrer ist schon lange klar, dass es sich bei der Zunahme der Bittsteller in seiner Pfarrei um kein spezielles Fürstenfeldbrucker Phänomen handelt. "Wir haben eine europäische Armutsmigration", stellt der Pfarrer nüchtern fest. Um darauf zu verweisen, dass sich vor einiger Zeit plötzlich auffällig viele Italiener unter denjenigen befanden, die bei seinem Pfarramt vorsprachen.

Das war die Zeit, in der in Genua auf einen Schlag mehrere große Firmen rund 15 000 Beschäftigte entlassen hatten. Ein Teil von ihnen setzte sich nach Deutschland oder Frankreich ab, um dort ihr Glück zu machen, weiß der Seelsorger aus seinen Gesprächen mit einigen der Betroffenen. Solchen Menschen sei vom Äußeren her ihre Not nicht anzusehen, sagt Willam-Singer. Das äußere Erscheinungsbild ist für den Seelsorger jedoch noch kein Grund, jemandem die persönliche Notlage abzusprechen und eine kleine diakonische Unterstützung zu verwehren. Der evangelische Pfarrer kennt nicht nur die Not der Menschen, sondern er weiß von Reisen in den Libanon aus eigener Anschauung, wie gut es den meisten in Oberbayern geht.

"Wir leben hier im Paradies", beteuert er und spielt damit auf die im Vergleich dazu erbärmlichen Zuständen im Nahen Osten an. Es gut zu haben und aus dem Vollen schöpfen zu können, ist für den Pfarrer ein Grund zur Freude, die gerade in einer Kirche, die häufig von sich ein Bild des Jammers vermittle und in ihren Gottesdiensten häufig problematisiere, nicht zu kurz kommen dürfe. Deshalb möchte Willam-Singer, dass die Fürstenfeldbrucker beim ökumenischen Gottesdienst an diesem Sonntag beim Altstadtfest diese ihre Freude, in einem friedlichen Land zu leben, mit anderen teilen und von dieser Freude auch etwas zurückgeben. Deshalb lautet das Motto des Gottesdienstes auf dem Markt- und Festplatz des Altstadfestes unter freiem Himmel "sich gemeinsam freuen"; laut Willam Singer ist das eine Anspielung auf Psalm 100: "Kommt vor sein Antlitz mit Jubel". "Es soll ein fröhlicher Gottesdienst werden", kündigt der Pfarrer an. Zur Freude gehört für ihn auch, anderen etwas zurückzugeben. Schließlich zeichne gerade ein solches Geben und Nehmen eine Solidargemeinschaft aus, in der die Menschen füreinander einstehen. Bei diesem Nehmen und Geben kommt für Willam-Singer der Adventskalender der SZ ins Spiel. Dessen Geschäftsführerin hatte dem Fürstenfeldbrucker Seelsorger 2014 in einer Notlage geholfen und den vorzeitig geleeren Topf für die Durchreisenden und die "diakonische Unterstützung" von Mitmenschen aufgefüllt. Nun will der Pfarrer, dem die Dauerspender für ein solches soziales Engagement wegbrechen, von dieser Hilfe etwas zurückgeben und das gesamte Sammelergebnis der Kollekte bei dem ökumenischen Gottesdienst dem SZ-Hilfswerk spenden. "Dieses Geld ist dort ganz gut angelegt", beteuert Willam-Singer unter Berufung auf die Spendenaufrufe der SZ-Lokalredaktionen in der Adventszeit. Um zu ergänzen, das Geld fließe ja dorthin, wo es gebraucht werde. Damit der Adventskalender möglichst vielen helfen kann, hofft der Geistliche diesmal auf eine besonders große Zahl von Besuchern des Gottesdienstes, der um 10.30 Uhr beginnt und der bei schlechtem Wetter in die katholische Pfarrkirche Sankt Magdalena verlegt wird.

© SZ vom 25.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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