Fürstenfeldbruck:Nazirelikt ist verschwunden

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Die frühere Kommandeursvilla, die inzwischen die Kinderhilfe nutzt, zierte einst ein massiver Pfahl mit drei geschnitzten Wappen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Beim Umzug der militärhistorischen Sammlung geht ein geschnitzter Eichenpfahl aus der früheren Kommandeursvilla verloren

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Beim Umzug der privaten militärhistorischen Sammlung auf dem Fliegerhorst von Fürstenfeldbruck ist ein markantes historisches Objekt verschwunden. Es handelt sich um einen etwa vier Meter langen hölzernen Pfahl, mit Schnitzereien verziert, der ursprünglich in der Villa des Kommandeurs stand. Der Pfosten ist aus massivem Eichenholz und war deshalb zu schwer, als dass er von den Betreibern der Sammlung hätte mitgenommen werden können.

Die Sammlung musste im September 2015 weichen, als die Räume neben dem Torturm für die Erstaufnahme von Flüchtlingen gebraucht wurden. "Wir mussten Hals über Kopf umziehen, das war nicht schön", erzählt Henning Remmers, der die Einrichtung zusammen mit anderen ehemaligen Luftwaffenpiloten betreibt. Der Pfahl war in der Ausstellung zu sehen, ist aber leider nicht fotografisch dokumentiert worden.

Das Objekt stand seit den Dreißigerjahren im großzügigen Domizil des Befehlshabers an der Ecke Lützow- und Grafenreuthstraße im Eingangsbereich neben der Treppe, erzählt Kulturreferent Klaus Wollenberg (FDP). Dort diente er als Stützpfeiler. In etwa 2,50 Meter Höhe zeigt der Balken auf drei Seiten Wappen mit Hinweisen auf das erste, zweite und Dritte Reich. Gemeint waren das mittelalterliche sogenannte Heilige Römische Reich Deutscher Nation von Anno 900 bis 1806, das wilhelminische Kaiserreich von 1871 bis 1918 sowie das Nazireich von 1933. Nach Angaben von Remmers war jeweils ein Adler zu erkennen, der in seinen Fängen die Jahreszahlen zeigte.

Die Villa wurde in den Neunzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts von der Kinderhilfe übernommen und umgebaut. Der Pfahl landete in einem Container für Altholz, wo er von aufmerksamen Menschen geborgen wurde, die seinen historischen Wert erkannten. Danach wanderte der Vollpfosten aus der Nazizeit in die Sammlung, wo er ein Fremdkörper blieb, weil diese sich auf die Zeit der Bundeswehr ab 1957 konzentriert und die Gründung des Fliegerhorstes als Luftkampfschule der Wehrmacht ausklammert.

Diese Sammlung ist nun in Räumen untergebracht, die einst von den Amerikanern als Schule für Soldatenkinder verwendet wurde und später der Bundesluftwaffe zur Ausbildung von Flugzeugführern diente. Um den Pfahl dorthin zu transportieren, hätte man fünf bis sechs Mann gebraucht, sagt Remmers. Deshalb hätten sie das Objekt liegen gelassen.

Zuständig für die Räume am Torturm ist seitdem die Regierung von Oberbayern. Die ließ bereits 2014 in Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalschutz, allerlei Gegenstände, darunter Lampen, Gemälde und Möbel, katalogisieren und später an einem anderen Ort einlagern. Der Pfosten war anscheinend nicht dabei. Er sei zwar im selben Raum wie die restlichen Stücke gewesen, bestätigte eine Pressesprecherin, war aber nicht Gegenstand der militärischen Sammlung. Wo der Pfahl abgeblieben ist, könne man derzeit nicht sagen.

© SZ vom 13.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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