Fürstenfeldbruck:Natur in vier Wänden

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Die aktuelle Ausstellung im Haus 10 ist ein komprimierter Spaziergang ins Grüne. Ganz besonders wird sie dadurch, dass die Zuschauer sich selbst einbringen dürfen

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Meist leben die Ausstellungen im Landkreis mehr von den gezeigten Werken als vom Konzept oder dem ausgewählten Motto. Nun aber ist im Haus 10 eine Ausstellung zu sehen, die diese Verhältnisse umkehrt: Die Werke, ihre technische Umsetzung, Qualität, Kreativität, rücken in den Hintergrund, während das dominiert, was sich die Künstler gedacht haben und was sie bewirken wollen. Denn unter dem Titel "Alessia, schön wäre es..." laden Bruno Kuhlmann und Siegfried Wameser zu einem konzentrierten Spaziergang durch die Natur - den die Besucher sogar selbst mitgestalten dürfen.

Die Ausstellung zeigt zahlreiche Fotografien von Spaziergängen durch den Landkreis, die Wameser gemacht hat. Der 59-jährige Münchner ist in den vergangenen Monaten immer wieder hier unterwegs gewesen. Dabei hat er alles festgehalten, was ihm interessant erschien. Dazu kommen die abstrakten Gemälde von Kuhlmann, die vor allem mit ihren Farben an die Natur erinnern - und ein Video von einem Spaziergang durch das Emmeringer Hölzl, unaufwendig, ohne Dramaturgie, einfach aus der Hand geschossen.

Die Gemälde von Bruno Kuhlmann sind eher abstrakt sind und erinnern nur in ihrer Farbgebung an die Natur. (Foto: Günther Reger)

Ziel ist es, dass die Besucher durch die gezeigten Werke eigene Assoziationen entwickeln. Zu Spaziergängen, Urlauben oder was immer ihnen eben in den Kopf kommt. Wenn sich diese Assoziationen dann noch mit einem Objekt verbinden lassen, sind die Besucher von den beiden Künstlern herzlich eingeladen, eben jene vorbei zu bringen - und damit aktiv an der Ausstellung teilnehmen. Denn alle während der nächsten Wochen abgegebenen Objekte werden integriert.

Das angesprochene Video beispielsweise wirkt weniger durch die konkreten Bilder als vielmehr über die Atmosphäre, die die Farben erzeugen und vor allem durch den Ton: Mal hört man ein Blätterrauschen, das an den letzten Herbstspaziergang erinnert, dann das kräftige Rauschen der Amper, das so laut transportiert wird, dass es an einen reißenden Gebirgsbach oder sogar einen Wasserfall erinnert. Plötzlich drängen sich dann aber wieder Stimmen in den Vordergrund und aus der friedlichen Naturidylle geht es gedanklich zum vergangenen Städtetrip. Und so löst alleine das einfache Video im Kopf eine Gedankenreise aus. Und auch wenn nicht jeder Besucher bei jedem der gezeigten Bilder einen ähnlichen Effekt erlebt, so werden doch alle Betrachter der Ausstellung mehr als einmal das erleben, was die Künstler erreichen.

Siegfried Wameser dagegen hat in seinen Fotografien Impressionen aus dem Landkreis festgehalten. (Foto: Günther Reger)

Grundmotiv für den Spaziergang durch die Natur und die eigenen Seele ist Carl Spitzwegs Gemälde "Sonntagsspaziergang". Es zeigt einen beleibten Herren, der mit dem Rest der Familie über einen Weg zwischen zwei Getreidefeldern spaziert. Der Vater geht voran, die beiden Töchter und die Mutter gehen hinterher. Kommunikation findet nicht statt und auch die feine Mode der Familie ist zwar der Zeit angemessen, aber absolut ungeeignet für einen Spaziergang. Das Gemälde ist Spitzwegs Art, sich über das Spießbürgertum seiner Zeit lustig zu machen. Immer wieder taucht das Werk auch in der Ausstellung auf - allerdings in verschiedenen Version aus dem Pinsel des 53-jährigen Kuhlmann. Bei ihm steht wesentlich stärker als bei Spitzweg das Motiv des Spazierens und der Freude daran im Mittelpunkt. In einer Collage stellt er es beispielsweise einem romantisch dahinspazierenden Pärchen gegenüber.

Interessant wird es nun zu sehen, wie stark und mit welchen Objekten sich die Brucker an dieser wirklich einmaligen und klugen Ausstellung beteiligen - und wie diese dann wiederum auf die anderen Besucher wirken.

Ausstellung "Alessia, schön wäre es..." im Haus 10. Vernissage am Freitag, 8. Juli, von 19.30 an. Danach ist die Ausstellung bis 24. Juli jeweils freitags von 16 bis 18 Uhr und samstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr zu sehen.

© SZ vom 07.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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