Fürstenfeldbruck:Naiver Vogel trifft surreale Szenen

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Der Kunst- und der Förderpreis des Landkreises gehen an Herbert Nauderer und Daniel Huss

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Es sind zwei wirklich herausragende Künstler, die von der Jury in diesem Jahr mit dem Kunst- und dem Förderpreis des Landkreises ausgezeichnet werden. Herbert Nauderer und Daniel Huss zeigen mit ihren Arbeiten einen ganz eigenen Stil, durch den sie sich wohltuend aus der Masse der zahlreichen Kunstwerke hervorheben. Nauderer wurde für zwei surreal-existenzielle Fotografien und eine Zeichnung ausgezeichnet, Huss für eine abstrakte Stuckmarmor-Figur. Die beiden haben sich damit gegen 129 Konkurrenten durchgesetzt. Beide sind Mitglieder in der Brucker Künstlervereinigung, Nauderer hat den Preis 2011 schon einmal gewonnen. Gemeinsam mit den Arbeiten von 22 anderen von der Jury ausgewählten Künstlern sind die ausgezeichneten Werke von Samstag an bis zum 25. Oktober im Brucker Kunsthaus zu sehen.

Betrachtet man die inszenierten und montieren Fotos von Nauderer, muss man direkt an eine Momentaufnahme aus einem Film von David Lynch denken. Das liegt vor allem an Nauderers Kunstfigur, dem "Mausmann", dem er ein eigenes Kunstbuch gewidmet hat. Dabei ist der Mausmann nicht ein Mensch, sondern hat in jedem Bild einen anderen Körper, dessen Kopf mit Photoshop durch drei schwarze Punkte, einen für den Kopf, zwei für die Ohren, ersetzt wurde. Der Mausmann ist gesichtslos und steht damit stellvertretend für das isolierte Individuum - Lynchs Hasenkopf-Menschen aus "Inland Empire" lassen grüßen. Der düstere Schwarz-Weiß-Stil besorgt dann den Rest.

"M in Hartmannsberg" heißt das surreal-düstere Bild für das Herbert Nauderer unter anderem ausgezeichnet wird. (Foto: Günther Reger)

Das Bild "M in Hartmannsberg" zeigt den Mausmann in einem alten Schloss. Der Betrachter blickt durch einen Holzvertäfelten Gang auf einen leeren Raum. Im Türrahmen steht der Mausmann, mit nacktem Oberkörper, kurzer Hose, barfuß und mit herunterhängenden Armen. Die Hände sind griffbereit, die ganze Geste des Mannes wirkt irgendwie bedrohlich - als Betrachter fühlt man sich eher wie ein Eindringlich, als Gast. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob das zweieinhalb auf knapp zwei Meter große Foto ein mystischer aber realer Schnappschuss ist. Doch dann kommen die Zweifel. Irgendetwas stimmt nicht, mit diesem Mausmann. Seine Beine sind verkürzt, die Arm stark verlängert. "Ich bearbeite meine Bilder sehr stark. Die Räume sind sonst viel zu harmlos. Ich entwerfe quasi ein Bühnenbild", verrät Nauderer. Selbst die Fenster und die Heizkörper des Raumes hat er nachträglich ausgetauscht. Neben "M in Hartmannsberg" und dem Foto "hotel paradis #2", das eine ähnliche Wirkung hat, wurde Nauderer auch für die Zeichnung "uomo funghi" prämiert. Sie zeigt einen Mann, der auf dem Boden liegt und aus dessen Brust drei überdimensionale Fliegenpilze ragen.

Geradezu naiv und verspielt ist im Gegensatz dazu Daniel Huss' Skulptur "Vogel". Es ist ein abstrakt-komischer Vogel, den Huss da aus Stuckmarmor, Glas und Eisen geformt hat. Der Kopf ist übermäßig groß, ein Fuß steht nach vorne und ist aus ofengeformten Glas gemacht, der andere ist aus Eisen und sorgt für die Verbindung mit dem Boden. Kopf und Körper sind ohne Muster mit bunten Farben bemalt, violett, gelb, rot, türkis. Ein unförmiger, fast hässlicher, Paradiesvogel ohne Flügel und tiefere Botschaft. Kunst um der Kunst willen, ein erfrischendes Werk. Entstanden sei das Werk aus einer auf den Kopf gedrehten Aktzeichnung, sagt Huss. Nachvollziehbar ist das zwar selbst mit diesem Hintergrundwissen nicht, aber es auch vollkommen egal. "Ich finde es gut, wenn Arbeiten offen sind und jeder etwas anderes sieht", erzählt Huss, "Ich finde es immer spannend zu beobachten, wenn die Leute sich auf den Schlips getreten fühlen, weil sie ein Werk nicht zu verstehen glauben, obwohl sie sich ja drauf einlassen und es verstehen wollen. Dabei gibt es überhaupt keinen tieferen Sinn".

"Vogel" ist die prämierte Arbeit von Daniel Huss. Ihm sind die Namen seiner Kunstwerke eigentlich egal, weil er ihnen gar keinen Sinn verleihen will. (Foto: Günther Reger)

Gerade weil die Werke der beiden Preisträger von ihrer Form her so völlig unterschiedlich sind, auf einer tieferen Ebene aber doch Berührungspunkte haben, wird es höchst interessant sein, ein größeres Spektrum ihrer Arbeiten bei der Gemeinschaftsausstellung im kommenden Jahr im Zusammenspiel zu sehen.

© SZ vom 10.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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