Fürstenfeldbruck:Nachbars Gartenstühle

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Gericht stellt Verfahren wegen Untreue und Hausfriedensbruch ein

Unterschlagung und Hausfriedensbruch - das klingt nach Straftaten, die nicht harmlos sind. Schlimmer jedenfalls als Schwarzfahren. Wenn man dann erfährt, was sich dahinter verbirgt, ist die Überraschung groß: Ein Mann gelangt mehr oder weniger zufällig an die Wohnungsschlüssel seiner Nachbarn. Während deren Abwesenheit betritt er die fremden vier Wände und stellt zwei Gartenstühle auf die Terrasse, begeht also Hausfriedensbruch. Weil er darüber hinaus zunächst leugnete, die Schlüssel zu haben, und sie nicht herausgab, hat er sich außerdem der Unterschlagung schuldig gemacht. All das stellte jüngst ein Richter am Amtsgericht fest. Da der 48-Jährige aber ein Geständnis ablegte, keine Vorstrafen hat und überdies zum Zeitpunkt des Vorfalls Ende 2015 an einer psychischen Erkrankung litt, wurde das Verfahren gegen 500 Euro Geldauflage als Schadenersatz an den Nachbarn eingestellt.

Wie genau der Angeklagte an die fremden Schlüssel gelangt war, ließ sich in der kurzen Verhandlung nicht klären. Fest steht jedenfalls, dass es Ende vergangenen Jahres in einem Mehrfamilienhaus im östlichen Landkreis gebrannt hat. Die Wohnung des 48-Jährigen war, soweit bekannt, als einzige betroffen. Die Feuerwehr löschte den Brand und wechselte nicht nur in dieser Wohnung das Schloss aus, sondern auch in einer benachbarten, wo sie ebenfalls Feuer vermutet hatte. Die beiden neuen Schlüsselpaare wurden bei der Polizei deponiert.

Wie es dem Angeklagten gelang, die fremden Schlüssel ausgehändigt zu bekommen, wurde in der Verhandlung nicht thematisiert. Vielmehr bat die Verteidigerin den Vorsitzenden Richter Johann Steigmayer und den Staatsanwalt zu einem Rechtsgespräch im Hinterzimmer. Dort einigte man sich vermutlich auf eine Verfahrenseinstellung mit Geldauflage, sollte der 48-Jährige gestehen. Genau das tat er beziehungsweise seine Anwältin dann auch. "Er hat die Schlüssel der Familie eine gewisse Zeit nicht ausgehändigt, aus welchen Gründen auch immer", spielte die Anwältin auf die psychische Erkrankung ihres Mandanten an. Dazu verlas der Richter ein entsprechendes ärztliches Attest. Bei dem Nachbarn und der Hausverwalterin erkundigte er sich nach dem tatsächlichen Schaden für das ausgewechselte Schloss, der bei etwa 500 Euro liegt und von der Gebäudeversicherung übernommen wird. Dennoch verfügte der Vorsitzende, dass der 48-Jährige neben den 500 Euro im nächsten halben Jahr alle weiteren Schäden im Zusammenhang mit dem Schlosswechsel bezahlen muss. Mit diesem Zusatz stellte der Richter "im allseitigen Einverständnis" das Verfahren ein.

© SZ vom 06.06.2016 / alin - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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