Fürstenfeldbruck:Mut zum Unbekannten

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Seit 2000 ist Wolfgang Seifen Professor für Improvisation und Liturgisches Orgelspiel an der Universität der Künste in Berlin. Er kommt zu zwei Konzerten in den Landkreis. (Foto: Stockwerk)

Organist Wolfgang Seifen musiziert im Stockwerk und der Klosterkirche

Von Klaus Mohr, Gröbenzell/Fürstenfeldbruck

Spricht man in der Musik von Improvisation, so hat das für den Außenstehenden etwas Genialisches an sich. Ein Musiker fantasiert aus dem Stegreif am Instrument, und trotz der Komplexität der verschiedenen Parameter erklingt ein sinnvoller musikalischer Verlauf. Improvisation kann aber auch für schlechte Vorbereitung stehen, die durch spontane Aktion irgendwie gerettet werden soll. Die Gratwanderung ist oft schwierig, das Niveau von Improvisationen damit höchst unterschiedlich. War es in früheren Jahrhunderten ganz selbstverständlich, dass Komponisten improvisiert haben, so ist diese Kunst heute rar geworden. Sie findet sich vornehmlich noch im Jazz und bei den Organisten. Im Jazz ist Improvisation ein konstitutiver Bestandteil in den meisten Stilen, häufig in der Form, dass die Musiker einer Band abwechselnd ein Solo spielen und dabei von der Gruppe begleitet werden.

Bei den Organisten ergibt sich die Notwendigkeit für Improvisationen zunächst oft daraus, dass in einem Gottesdienst verschiedene Phasen musikalisch begleitet werden sollen, deren Länge im Vorhinein nicht genau festzulegen ist. Was als "liturgisches Orgelspiel" auch Unterrichtsfach in einschlägigen Kirchenmusikstudiengängen ist, haben manche Organisten perfektioniert und sozusagen aus der dienenden Funktion im Gottesdienst herausgehoben. Daraus ist eine eigene Kunstform geworden, die manchmal ein reguläres Konzertprogramm abrundet, manchmal aber auch ganz ausfüllt.

Der Organist Wolfgang Seifen kommt aus der Tradition der Kirchenmusik: Nach dem Studium in Aachen war er mit einigen Zwischenstationen 17 Jahre Organist an der Päpstlichen Marienbasilika zu Kevelaer im Bistum Münster. Im Jahr 2004 wurde er zum Titularorganisten an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin berufen. Seifen steht damit in der ständigen Praxis der Orgelmusik in der Liturgie. Seit dem Jahr 2000 ist er bereits Professor für Improvisation und Liturgisches Orgelspiel an der Universität der Künste in Berlin. Damit gibt er den kreativen Umgang mit musikalischem Material in der Improvisation an den Nachwuchs weiter.

Am Samstag, 25. August, wird Wolfgang Seifen ab 20 Uhr (Einlass ab 19 Uhr) ein Überraschungskonzert unter dem Motto "organ meets Seifen" auf der Stockwerk-Orgel geben (Industriestraße 31 in Gröbenzell). Seifen verlässt damit als "Meister der Improvisation" für einen Abend den Kirchenraum und die sakrale Orgel und lässt sich auf die Harder-Völkmann-Orgel im Stockwerk ein. Sie ist mit ihren 76 klingenden Registern die weltweit größte Orgel in einem Bürocenter. Neben ihren 69 Pfeifenreihen sowie Akkordeon und Klavier besitzt sie ein umfangreiches Orgelglockenspiel und eine Orgelmarimba. Spannend dürfte es werden, wenn die Zuhörer verfolgen, wie Seifen diese ungewöhnlichen Klangfarben in seine Improvisationen einbindet.

Am Tag darauf, am Sonntag, 26. August, bestreitet Wolfgang Seifen dann die Orgelmatinée um 12.10 Uhr in der Klosterkirche Fürstenfeld. Auch hier lautet das "Programm" auf der Fux-Orgel und der Marienorgel im Chorraum "Improvisationen". Klangliche Vorstellungen können sich die Musikfreunde bereits machen, da zum Beispiel "Praeludium, Adagio und Fuge im Barockstil" auf der Fux-Orgel angekündigt werden.

Konzerte mit Wolfgang Seifen: Samstag, 25. August, 20 Uhr, Stockwerk-Gröbenzell; Sonntag, 26. August, Klosterkirche Fürstenfeld, 12.10 Uhr.

© SZ vom 24.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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