Fürstenfeldbruck:Musik als Klangsprache

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Ensemble "NeoBarock" im Kurfürstensaal

Von Klaus Mohr, Fürstenfeldbruck

Der Begriff Neobarock deutet auf die Baukunst hin, denn in der Musik wird für diesen Stil in der Regel die Bezeichnung Neoklassizismus verwendet. Wenn sich eine Gruppe von vier Musikern also "NeoBarock" nennt, dann muss man neugierig sein, was sich dahinter verbirgt. Nach eigenem Bekunden versuchen die Künstler, "zwischen der Musik vergangener Epochen und dem gegenwärtigen Hören zu vermitteln", und zwar durch ein "historisch authentisches und gleichzeitig emotional unmittelbares Musikerlebnis". Besonderes Anliegen von NeoBarock ist also die Frage der Musikvermittlung. Auf diesem Feld ist das Ensemble, das am Sonntag zum Abschluss der diesjährigen Alte-Musik-Reihe im Kurfürstensaal gastierte, ganz ausgezeichnet. Ihm gehören Maren Ries und Volker Möller (Violinen), Ariane Spiegel (Violoncello) und Arend Grosfeld (Cembalo) an. Auf dem Programm stand Kammermusik von süddeutschen und österreichischen Komponisten des 17. Jahrhunderts, also einer Zeit, die in vielfacher Weise kompositorisches Experimentierfeld auf diversen Gebieten war.

Die Partia III aus "Harmonia artificiosa-ariosa" für zwei skordierte Violinen und Basso continuo von Heinrich Ignaz Franz Biber eröffnete das Programm. Das Präludium begann mit einem über lange Zeit durchgehaltenen Dreiklang, mit dessen Tönen die beiden Geigen in vielfältiger Weise und scheinbar ganz frei jonglierten. Der beständige Basston blieb auch erhalten, als sich die beiden Violinen in einer Melodie im Terzabstand zusammentaten und ein Spiel mit Fragen und Antworten initiierten. In der Allamanda, einem Tanzsatz, entwickelte sich ein sehr einfühlsamer Verlauf, wobei das Cembalo mit seinem sonst oft spitzen Ton nicht aus dem Gesamtklang hervortrat, sondern als eine Art Klangfarbe in diesen eingebracht wurde. Im Anschluss erläuterten und demonstrierten die Musiker, dass man unter "skordierten Violinen" solche Instrumente versteht, bei denen einzelne Saiten anders als im Regelfall gestimmt sind.

Eine Triosonate in d-Moll für zwei Violinen und Basso continuo von Rupert Ignaz Mayr folgte. In schreitendem Tempo begegnete der Hörer zwei Violinen, die sich offensichtlich unterhielten. Dabei wirkte ihr Gespräch bei aller harmonischen Ordnung wie ein spontanes Agieren und Reagieren, das den Eindruck nahelegte, dass die Musik hier eine Klangsprache der besonderen Art ist. Im weiteren Verlauf verdichtete sich der Klang durch Doppelgriffe, so dass der zunächst horizontalen Führung der Musik eine vertikale Ebene gegenübergestellt wurde. Zu einem Feuerwerk der Variationskunst wurden die Variationen über eine Aria in der Partia VI von Biber am Ende des Programms: Virtuosität bei den Geigenstimmen fächerte sich hier wie ein Kosmos der barocken Welt auf, immer wieder entstanden neue und noch nicht gehörte Spielfiguren in berstender Vitalität.

Als Antwort auf die Begeisterung des Publikum erklang noch der Largo-Mittelsatz aus dem Doppelkonzert in d-Moll von Johann Sebastian Bach in einer Triosonatenfassung als Zugabe.

© SZ vom 21.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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