Fürstenfeldbruck:Mord auf Zuruf

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Das Ermittler-Duo Michael Stadler und Tina Schmiedel ist dem Verbrechen in Bruck auf der Spur. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Neue Bühne Bruck zeigt mit "Tatort Fürstenfeld" erstmals Improtheater in Langform

Von Julia Bergmann, Fürstenfeldbruck

Kommissarin Tina Schmiedel stippt ihren Finger in die Blutlache, die sich in der imaginären Klosterkirche ausgebreitet hat und kostet. Es dauert einige Augenblicke, dann liefert sie eine messerscharfe Analyse: Todeszeitpunkt, Körpertemperatur, Alter, sogar Geburtsdatum des Opfers. Und als Sahnehäubchen, schiebt sie hinterher: "Blutgruppe AB, Rhesus-positiv." Schmiedel und ihr Kripo-Kollege Michael Stadler schauen in bester Helden-Manier mit entschlossenem Blick ins Publikum, bevor sie sich aufmachen, ihren neuesten Fall zu lösen.

Schmiedel und Stadler, die auch abseits der Bühne so heißen, proben für das Stück "Tatort Fürstenfeld", das am Samstag seine Premiere in der Neuen Bühne Bruck feiert: Wobei die Proben ziemlich ungewöhnlich ablaufen. Immerhin gibt es kein festes Skript und keine seitenlangen Dialoge, die auswendig gelernt werden können. Nicht einmal das Mordopfer, die Tatwaffe oder der Tatort sind festgelegt. "Tatort Fürstenfeld" ist Improvisationstheater in Langform. Das heißt, improvisiert werden nicht nur kurze Episoden, sondern das ganze Stück über. Was während einer Aufführung auf der Bühne passiert, wissen Schmiedel und Stadler vorher selbst nicht. Und so löst das Ermittler-Duo an jedem der acht Aufführungstage einen neuen Fall. Die Idee zu dem Projekt hatte Michael Stadler. Er und seine Bühnenpartnerin haben beide bereits Erfahrung im Impro-Bereich gesammelt.

Über Opfer, Mordwaffe und Tatort darf während der Aufführungen das Publikum bestimmen. An diesem Abend kommt Otto Huber in der Klosterkirche zu Tode. Ermordet wird er mit einem Geigenbogen. Um Otto, die Klosterkirche und den Geigenbogen entspannt sich während der Probe eine irrwitzige Geschichte um Geldnot, unerwiderte Liebe, Floristik-Fachliteratur, einen catalanischen Callboy und einen Geigenarm. Im Mittelpunkt steht das Ermittler-Duo Schmiedel und Huber, die offensichtlich nicht voneinander abgeneigt sind, sich bei ihren Annäherungsversuchen aber so grotesk umständlich anstellen, dass man als Zuschauer die Hände über dem Kopf zusammenschlagen möchte.

Die beiden Schauspieler spielen nicht nur die Kommissare, sondern wechseln blitzschnell in andere Rollen: etwa die der illegalen Putzfrau aus Osteuropa oder des Pfarrers mit Vorliebe für Actionthriller. Und mitunter wird aus dem Zwei- spontan ein Dreipersonenstück. Während des Verhörs im Präsidium, springt schon mal der Theatermusiker Carles Camós ein, wenn es die Situation verlangt. Camós baut für gewöhnlich am Klavier den musikalischen Spannungsbogen auf und spielt unter anderem die beiden tongewordenen Herzstücke von "Tatort Fürstenfeld": die poppig-eingängige Titelmelodie und einen auf absurde Weise vor Schmalz triefenden Schmiedel-und-Stadler-Schmachtsong, den die beiden Protagonisten mit so heiligem Ernst vortragen, dass es schwierig ist, dabei nicht zu kichern.

Die beiden Songs, die für sich genommen schon kleine komödiantische Schmuckstücke sind, gehören mit den Hauptfiguren zu den wenigen festen Bestandteilen des Stücks. Sie bilden sozusagen eine Art Gerüst, ein solides Fundament, auf dessen Basis Schmiedel und Stadler ihre Geschichte und ihre Charaktere entwickeln können. "Die Songs und gewisse Dialogzeilen geben uns Sicherheit", erklärt Stadler. Für alles, was sich dazwischen entwickelt, müssen die beiden den ganzen Abend über hoch konzentriert bleiben. Etwa, wenn das Publikum befragt wird und die Zuschauer in ihren Aussagen winzige Hinweise geben, anhand derer Schmiedel und Stadler den Fall entwickeln und schließlich lösen können. "Es darf uns nicht passieren, dass uns die Figuren entgleiten", erklärt Tina Schmiedel. Während der Probe gelingt den beiden das bereits sehr gut.

Intendant Harald Molocher gibt den beiden ein positives Feedback und erklärt: "Der Anfang wird pro Abend sehr ähnlich sein. Den müssen sie sich erspielen." Er lächelt. "Und dann werden die Hunde losgelassen."

Die Premiere von "Tatort Fürstenfeld" findet am Samstag, 15. Oktober, von 20 Uhr an in der Neuen Bühne Bruck statt. Weitere Termine können dem Spielplan im Internet unter www.buehne-bruck.de entnommen werden.

© SZ vom 13.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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