Fürstenfeldbruck:Mobil mit 91

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Am Steuer: Antonie Ochmann benutzt regelmäßig das Auto. Ein höhenverstellbarer Sitz und eine Rückfahrkamera erleichtern die Handhabung. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Antonie Ochmann fährt noch immer Auto. Sie sagt: Man darf keine Angst dabei haben

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Antonie Ochmann kommt gerade aus dem Brucker Gewerbegebiet Hasenheide zurück. Dorthin war sie gefahren, um ein paar Gladiolen zu besorgen, die jetzt auf dem Esstisch in ihrem Wohnzimmer stehen. Natürlich hat sie die Fahrt mit ihrem Auto gemacht. Für Ochmann ist das selbstverständlich, obwohl sie bereits 91 Jahre alt ist. Die sieht man der rüstigen Seniorin nun wirklich nicht an. Ochmann versorgt sich selbständig im eigenen Haushalt. Seit 1953 hat sie den Führerschein der Klasse 4, der ihr erlaubt, kleine Motorräder oder Roller zu fahren - was sie freilich nicht mehr tut. Seit 1956 fährt sie Auto. "Man muss gerne fahren und nicht nur aus der Garage raus", sagt sie. Sie fährt gerne. Und sie traut sich. Angst dürfe man beim Autofahren nicht haben, betont Antonie Ochmann. Sie kenne ältere Menschen, die schon am Abend vorher nicht mehr einschlafen könnten, wenn sie am nächsten Tag bloß zum Baumarkt fahren müssten.

Ochmann saß immer selbst am Steuer, seit sie ihren Führerschein gemacht hat. "Ich bin immer gefahren", betont sie. Oft war auch sie es, die während ihrer Ehe fuhr, vor allem als ihr Mann krank war. Kurz vor ihrem 90. Geburtstag im vergangenen Jahr unterzog sie sich freiwillig einem Fahr-Fitness-Check. Den bietet der ADAC an. "Dann ist ein Fahrlehrer aus München gekommen und mit mir gefahren", erzählt Ochmann. Am Ende gab es ein Zertifikat. Sie empfiehlt älteren Menschen, so einen Test zu machen. Danach wurde auch der Bayerische Rundfunk auf die alerte Autofahrerin aufmerksam und gewann ihre Zustimmung, sie für einen TV-Beitrag beim Fahren filmen zu dürfen. Dabei sieht man sie, wie sie durch die Hauptstraße von Fürstenfeldbruck fährt.

Ochmann hat einen blauen Kleinwagen mit Schaltgetriebe. "Ich war das so gewöhnt", sagt sie über ihre Entscheidung, sich damals vor neun Jahren nicht ein Automatik-Fahrzeug angeschafft zu haben. Davor hatte sie einen Unfall. Bei 130 Stundenkilometern auf der Überholspur platzte ein Reifen. Ein paar Tage verbrachte sie im Krankenhaus, aber "meine größte Sorge war, dass der Polizist auf meinem Führerschein auf mein Geburtsdatum schaut und vielleicht sagt, jetzt darf ich nicht mehr fahren". Ihre Sorge war unbegründet. Der Polizist, so erzählt sie, habe lediglich gesagt, er sehe doch, dass der Reifen geplatzt sei. Antonie Ochmann war erleichtert. Sie weiß, dass man Älteren am Steuer bisweilen mit Argwohn begegnet.

Sie hat sich dann wieder für ein Schaltgetriebe entschieden und kleinere Annehmlichkeiten, etwa einen höhenverstellbaren Sitz und eine Rückfahrkamera. "Das hat Vorteile", sagt sie. Und so ist sie immer wieder unterwegs. Im Vorjahr ist sie zu Freunden an den Bodensee gefahren, jüngst chauffierte sie kunstinteressierte Frauen ins Buchheim-Museum. Richtig weite Strecken fahre sie jedoch nicht mehr, sagt sie. Aber: "Man muss in Übung bleiben und man muss dem Verkehr gewachsen sein." Über manche Zeitgenossen am Steuer, ob jung oder alt, empört sie sich auch ein wenig: jene zum Beispiel, die das Abbiegen am Kreisverkehr einfach nicht richtig hinbekommen und beim Einfahren blinken, aber beim Ausfahren nicht.

Vor acht Jahren ist die gebürtige Bruckerin, die hier aufgewachsen ist, nach dem Tod ihres Mannes wieder in ihre frühere Heimatstadt zurückgekehrt. Ähnlich wie beim Autofahren hat sie auch da bewiesen, dass sie eigene Entscheidungen fällt. Ja, das autonome Fahren, sagt sie dann noch, da sei sie gespannt, wie sich das entwickeln werde. Würde sie eigentlich ihren Führerschein abgeben, wenn sie merken würde, dass ihr das Fahren Schwierigkeiten bereitet? Abgeben, nein, das glaubt sie nicht. Aber sie würde dann wohl nicht mehr fahren.

© SZ vom 23.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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