Fürstenfeldbruck:Mitbewohner mit Messer attackiert

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52-jähriger Brucker muss sich vor Gericht verantworten

Viktor W. ist sich sicher: "Wenn ich die Schritte nicht gehört hätte, wäre ich nicht mehr am Leben." Die Schritte, die der Fliesenleger in der Nacht des 20. März dieses Jahres hörte, waren die von Michael K., mit dem er in einer Wohnung im Breitenbichl lebte. Der 52-Jährige hielt ein Klappmesser in der Hand, als er auf W. zulief, der an der Türe zum Bad stand. Viktor W. drehte sich um. Das Messer konnte er nicht sehen, da die Beleuchtung im Bad defekt war. Nur aus einer offenstehenden Zimmertür schien etwas Licht. Viktor W. und Michael K. standen sich gegenüber. Plötzlich hob K. seine rechte Hand und führte die Klinge mit einer blitzschnellen Bewegung über die linke Halsseite seines Mitbewohners, so dass er diesem fast die Kehle durchschnitt. Viktor W. erlitt eine 14 Zentimeter lange und bis zu einen Zentimeter tiefe Schnittwunde. Er überlebte die Attacke. Michael K. war nach der Tat in sein Zimmer gegangen und hatte sich nicht um W. gekümmert, da er sah, dass dieser noch "munter" war. Dem 37-Jährigen war es gelungen, sich in sein Zimmer zu begeben und einen Notruf abzusetzen. Michael K. muss sich seit diesem Freitag vor der 1. Strafkammer am Landgericht München II verantworten. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung erhoben.

Kaum hatte Staatsanwalt Florian Schweyer die Anklage verlesen, brach es aus Michael K. heraus: "Es tut mir furchtbar leid." K.s Verteidiger, Rechtsanwalt Leonhard Graßmann, beruhigte seinen Mandanten und erinnerte ihn daran, dass er eine Erklärung vorbereitet habe. Michael K. saß zuletzt zehn Jahre in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik. Er ist 16-fach vorbestraft und leidet an einer Form von Schizophrenie. Im vorigen Jahr wurde er auf Bewährung entlassen und zog mit Viktor W. in eine Wohngemeinschaft in Fürstenfeldbruck. Solange sich Michael K. in Freiheit befand, kam er immer wieder in Kontakt mit Drogen. Außerdem trank er Bier. Mitunter soll es ein ganzer Träger an einem Tag gewesen sein. Von den Drogen sei er losgekommen, behauptete der 52-Jährige. Ebenso bestritt er, an Schizophrenie erkrankt zu sein. In der Erklärung seines Verteidigers bekannte er sich zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft.

Als sein Anwalt die Erklärung verlesen hatte, meldete sich K. noch einmal zu Wort, da er selbst einiges erläutern wolle. Die Erläuterungen waren vor allem Vorwürfe gegen die Behörden. Keiner habe sich um ihn gekümmert, nachdem er aus der Psychiatrie entlassen worden sei, ärgerte sich der 52-Jährige. Auch habe niemand reagiert, als er angekündigt habe, es werde etwas passieren, da er mit Viktor W. und anderen Mitbewohnern nicht zurechtkomme. Diese Versäumnisse hätten zu dem Delikt geführt. Außerdem warf K. seinen Ärzten vor, sie hätten ihn "zeitweise so hoch medikamentiert", dass es zu Vergiftungserscheinungen gekommen sei.

An dem Tag, an dem er seinen Mitbewohner angegriffen habe, habe er sich nicht mehr zu helfen gewusst, so K. An der Amper habe er sich mit einem Schnitt in den Unterarm das Leben nehmen wollen. Dann sei er jedoch in eine Klinik gefahren, habe sich die Wunde verbinden lassen und behauptete, er sei verunglückt. Schließlich fuhr K. zurück in seine Unterkunft. Dort schrie er Viktor W. an, wo "die 200 Euro" seien, die er seiner Freundin gestohlen habe. Viktor W. antwortete K., er wisse nicht was er wolle. Daraufhin kam es zu der Messerattacke. Viktor W. sagte zu Richter Feneberg, er solle den Angeklagten freilassen, "weil Eingesperrtsein ist nicht so schön". Der Prozess dauert an.

© SZ vom 17.10.2015 / sal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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