Fürstenfeldbruck:Mit Struktur geht alles leichter

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Wichtig für ein gelungenes Online-Seminar sind klare Spielregeln, mit denen alle einverstanden sind. (Foto: Privat (Screenshot))

Zwei Sozialpädagoginnen helfen Eltern mit einem Online-Seminar, die stressige Corona-Zeit besser zu überstehen

Von Maximilian Neumair, Fürstenfeldbruck

Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Maßnahmen stellen zahlreiche Familien vor neue Herausforderungen. Viele fühlen sich überfordert und allein gelassen. Arbeit, Kinder, Haushalt und der Partner müssen miteinander in Einklang gebracht werden. Die Sozialpädagoginnen Olivia Hornsmann und Kathrin Schmidt vom Projekt "Glücksheldin", einem Online-Ratgeber für gestresste Mütter, wollen Eltern helfen, mit dieser Ausnahmesituation umzugehen und haben dafür einen einundeinhalbstündigen Kurs angeboten - an dem man bequem von zuhause aus teilnehmen konnte.

Das Seminar "Mit der Familie stark durch die Krise. In fünf Schritten zum strukturierten Familienalltag" wurde vom Brucker Forum organisiert und von "Glücksheldin" konzipiert. Hornsmann erklärt das übergeordnete Ziel: "Werdet ein Team als Paar - ohne dass ihr euch zerfleischt!" Um diesen zentralen Ratschlag zu vermitteln, haben die beiden Pädagoginnen nicht einfach live einen Vortrag im Internet gehalten, sondern per Videochat-Konferenz einen direkten Austausch unter den Betroffenen hergestellt. Das klappte über das Programm "Zoom", dessen Zugangsdaten die teilnehmenden Mütter nach der Anmeldung für acht Euro per E-Mail vom Brucker Forum erhielten. "Wir haben es so gemacht, dass alle Teilnehmerinnen drei Fragen beantworten sollten", beschreibt Hornsmann die Vorstellungsrunde. Die Teilnehmer sollten die größte Herausforderung während der Krise nennen, ebenso, was ihnen jetzt schon gut gelinge und auch, in welchen Lebensumständen sie sich befinden, also, wie viele Kinder sie haben und wie ihr Familienstand ist. Besonders die Frage nach dem, was bereits gut laufe, findet Hornsmann sehr wichtig. "Wir wollten nicht auf einer 'Negativ-Autobahn' anfangen, sondern dabei helfen, Chancen zu erkennen und Probleme im positiven Licht zu sehen", erklärt sie. "Das war sehr ermutigend", sagt die Teilnehmerin Franziska Wanger, Mutter von drei Kindern.

Dadurch, dass Hornsmann und Schmidt gleich zu Beginn einige Spielregeln aufgestellt hatten, wie zum Beispiel das Stummstellen des Mikros, solange man selber nicht sagen wollte, habe der Austausch auch in technischer Hinsicht gut funktioniert.

In einem einundeinhalb Stunden langen Kurs habe man natürlich nicht die Zeit, einen individuellen Plan für jeden Einzelnen zu erstellen. Stattdessen habe man anhand von fünf Schritten immer gezielt die einzelnen Teilnehmerinnen gefragt, um gemeinsam nachzudenken und die Umsetzbarkeit zu diskutieren. Teilnehmerin Wanger erzählt, sie habe Schwierigkeiten mit dem Ton gehabt und habe deshalb ihre Antworten und Fragen über die Chatfunktion schriftlich eingegeben. Trotz der technischen Probleme sei die Teilnahme also kein Problem gewesen. "Als wir fragten 'Was wollt ihr machen? Was macht euch Spaß?' haben wir gemerkt, dass sich der Knoten gelöst hat", sagt Hornsmann. In der Krise vergesse man leicht, einfach mal aufrichtig "wie geht's dir?" zu fragen.

"Me-Time nicht vergessen", erinnert sich Teilnehmerin Wanger an einen Tipp - sich Zeit nehmen für die eigenen Bedürfnisse, nicht immer nur die eigenen Pflichtenerledigen, sondern auch die eigenen Wünsche erfüllen - und auch beim anderen erfragen, was er braucht. "Es braucht auch Zeit, einfach mal auf der Couch zu kuscheln", sagt Wanger.

"Empathieaufbau ist ganz wichtig", betont Hornsmann und verweist auf die angestiegene häusliche Gewalt und Scheidungsrate in China während der coronabedingten Isolationszeit. Man müsse Wertschätzung gegenüber Familienmitgliedern zum Ausdruck bringen. "Es ist sehr hilfreich, Dinge aufzuschreiben, die einem auf dem Herzen liegen", sagt Wanger. Den Tipp, gemeinsam einen Tagesplan aufzustellen, habe sie mit ihrem Mann bereits umgesetzt.

"Wir haben wirklich miteinander gesprochen", sagt Hornsmann über die Interaktion unter den Teilnehmenden. Sie selbst sei schon bei mehreren Online-Trainings dabei gewesen und habe diese stellenweise als sehr chaotisch empfunden. "Das hängt von den Moderatoren ab", sagt sie. Gute Moderation sei eine wichtige Bedingung für eine gut funktionierende Kommunikation online. Entscheidend sei, Struktur nicht nur im Alltagsstress, sondern auch während des Kurses zu schaffen. "Es wurden immer Folien eingeblendet, auf denen etwas hingeschrieben wurde, wie zum Beispiel die aktuelle Frage, über die gerade gesprochen wurde", sagt Wanger. Das habe ihr sehr geholfen, den Faden nicht zu verlieren. "Mir hat der grundsätzliche Austausch untereinander gefallen", sagt sie weiter. "Diese Herausforderungen zu teilen ist Gold wert." Für die Qualität des Austauschs sei es außerdem schön gewesen, dass fast alle Teilnehmerinnen ihre Webcam angemacht hätten, sagt Hornsmann. Es sei jedoch auch kein Problem für die Teilnahme gewesen, keine zu besitzen. "Es ist nichts anderes als Skypen, nur mit mehr als einer Person", sagt Wanger. Sie könne sich gut vorstellen, auch nach der Corona-Krise solche Kurse online zu besuchen. "Für uns Eltern ist es praktisch, nicht immer aus dem Haus zu müssen."

© SZ vom 08.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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