Fürstenfeldbruck:Live aus dem Stadtrat

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Fachausschuss spricht sich für Übertragungen der Sitzungen aus. Online abrufbare Videos wird es wohl nicht geben

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Künftig soll es Liveübertragungen aus dem Brucker Stadtrat geben. Eine entsprechende Empfehlung hat am Dienstag der Hauptausschuss einstimmig ausgesprochen. Das letzte Wort hat Ende Februar der Stadtrat. Mit Spannung wird dann eine weitere Entscheidung erwartet: Denn im Fachausschuss endete eine zweite Abstimmung unentschieden: darüber, ob Stadtratssitzungen zusätzlich aufgezeichnet werden und zwei Wochen online abrufbar sein sollen.

Bereits vor drei Jahren hatten sich mehrere Stadträte dafür ausgesprochen, mit Livestream oder zumindest einer Aufzeichnung und zeitversetzten Ausstrahlung den Bürgern ein niederschwelliges und transparentes Zusatzangebot zu machen - als Alternative zum persönlichen Besuch der öffentlichen Sitzungen. Damals waren die Vorstöße knapp gescheitert, auch wegen der prognostizierten hohen Kosten und datenschutzrechtlicher Bedenken. Nicht zuletzt Corona hat bei einigen Politikern nun offenbar einen Sinneswandel bewirkt. Während Homeoffice und Abstand propagiert werden, finden es Vertreter mehrerer Fraktionen angebracht "mit der Zeit zu gehen" und die digitalen Möglichkeiten besser auszuschöpfen. In verschiedenen Konstellationen haben sie drei ähnlich lautende Anträge eingebracht: Florian Weber (Die Partei) und Adrian Best (Die Linke) sprachen sich für eine Aufzeichnung von Stadtrats- und Ausschusssitzungen aus und dafür, die Aufzeichnung auch später noch zugänglich zu machen. Damit bestehen große Übereinstimmungen mit einem gemeinsamen Antrag von Freien Wählern, Grünen und SPD sowie einem weiteren von Dieter Kreis (ÖDP) und Andreas Rothenberger (BBV). Konsens unter den Antragstellern ist, dass nur solche Politiker in einem Livestream auftauchen sollen, die zuvor ausdrücklich zugestimmt haben. 28 der 40 Stadträte haben sich an einer ersten Umfrage durch den Oberbürgermeister beteiligt. 20 davon würden ihr Einverständnis geben - ebenso wie etwa die Hälfte der leitenden Mitarbeiter der Stadtverwaltung. Sollten einige Politiker bei ihrer Ablehnung bleiben, dann wäre es denkbar, dass nur Politiker gefilmt werden, die nach vorne an ein Rednerpult getreten sind. Das freilich stünde zumindest einer lebhaften Debatte im Wege.

Die Stadtverwaltung hätte sich die Maximallösung für Übertragungen, die sich auf das Stadtratsgremium beschränken, durchaus vorstellen können. Letztlich fand sich aber keine Mehrheit für eine Aufzeichnung von Videos, die nach Vorbild von Youtube auch noch nachträglich per Mausklick von der städtischen Homepage aus abrufbar sind. Mithin soll die Verwaltung nun einen externen Dienstleiter suchen, der sich um eine qualitativ gute Liveübertragung der Stadtratssitzungen kümmert. Sitzungen der Fachausschüsse werden nicht übertragen. Bis zu 25 000 Euro darf der Testlauf kosten, der zunächst auf zwei Jahre befristet ist. Dies wäre eine ähnliche Regelung wie in Passau. Auch die mit 53 000 Einwohnern vergleichbar große Stadt verzichtet auf eine Speicherung, alle Stadträte haben aber einem Livestream zugestimmt. 50 bis maximal 300 Zuschauer schalten sich pro Stadtratssitzung zu.

Vor allem aus datenschutzrechtlicher Sicht machte Klaus Wollenberg (FDP) Vorbehalte gegen Livestream und Aufzeichnung geltend. Unter Berufung auf eine kritische Stellungnahme des bayerischen Datenschutzbeauftragten stimmte ihm Jan Halbauer (Grüne) zumindest beim Punkt Speicherung zu und lehnte diese ebenso ab wie die CSU-Fraktion. Wollenberg macht generell sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung geltend.

OB Erich Raff bezweifelt zwar, dass mit einem Livestream viel mehr Bürger erreicht werden als bislang. Der sei auch kein Ersatz für den Rathausreport. Gleichwohl plädierte er für eine Testphase. Markus Droth (Freie Wähler) begrüßt dies auch deshalb, weil man nur mit neuen Medien den Zugang zur Jugend finde. Andreas Rothenberger (BBV) betonte ebenso wie Dieter Kreis (ÖDP) den "barrierefreien Zugang" zu Sitzungen im Sinne einer öffentlichen Teilhabe. "Wir sind ein öffentliches Gremium" pflichtete Willi Dräxler (BBV) bei. CSU-Fraktionsvorsitzender Andreas Lohde signalisierte auch mit Blick auf die überschaubaren Kosten seine Zustimmung zum reinen Livestream: "Die Bürgerschaft soll wissen, wie Entscheidungen zustande kommen." Wer live zu sehen ist, so die Hoffnung, der beträgt sich manchmal auch besser.

© SZ vom 04.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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