Fürstenfeldbruck:Leibliche Genüsse

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Zum Kirchweihtanz treffen sich Brauchtumsliebhaber am Samstag in der Tenne des Veranstaltungsforums Fürstenfeld oder auch zum Kirta-Markt am Sonntag. (Foto: Günther Reger)

Kirchweih war früher eine ersehnte Abwechslung zum harten Arbeitsalltag. Gefeiert wird der Tag noch immer - mit Tanz und Markttreiben

Von Manfred Amann, Fürstenfeldbruck

Am dritten Sonntag im Oktober wird landauf, landab Kirchweih gefeiert, ein Fest, bei dem seit jeher eher das Weltliche im Vordergrund steht - im Gegensatz zum Erntedankfest zwei Sonntage vorher. In den Kirchen wird zwar im Gottesdienst an die Weihe der Kirche erinnert, doch eine Feier wie früher gibt es nur noch vereinzelt dort, wo bewusst darauf geachtet wird, dass Traditionen erhalten bleiben. Nach altem Brauch flattert an Kirchweih eine rot-weiße Fahne von den Kirchtürmen herab im Wind, die im Volksmund "Zachäus" oder "Zacherl" genannt wird. Die Fahnenbezeichnung leitet sich vom Evangelium des Kirchweihsonntags ab. Darin wird vom jüdischen Zöllner Zachäus erzählt, der auf einen Baum stieg, um Christus in der Menge zu sehen.

Ansonsten ist der Kirchweihtag mittlerweile ein Sonntag wie jeder andere, auch wenn Gastronomen an Kirchweih vieles von dem kochen, backen und braten, was in ärmeren Zeiten vor allem bei Bauern an den Kirchweihtagen nur ausnahmsweise auf den Tisch kam. Für die Landbevölkerung war Kirchweih (Kirta, Kirwa) früher eine ersehnte Abwechslung von der harten Bauernarbeit den Sommer über. Nach der entbehrungsreichen Ernte sehnte man sich nach einer Zeit zum Ausschnaufen und gönnte sich Tage der Unbeschwertheit und der Völlerei. Gefeiert wurde meist mehrere Tage, Töchter und Söhne, die anderswo in Diensten standen, kamen nach Hause und Freunde wurden eingeladen, um gemeinsam mit der Großfamilie sowie mit den Knechten und Mägden das eigentlich kirchliche Fest ausgiebig zu feiern.

Vor allem die leiblichen Genüsse standen im Vordergrund. Die Bäuerinnen trugen auf, was Küche und Keller hergaben, denn man wollte sich ja nichts nachsagen lassen: In Schmalz gebackene Kiacherl, Kirtanudeln, Ochsengurgeln, Knödel und sattsam Fleisch vom Schwein oder vom Ganserl, das es sonst ja "nur alle heilig Zeiten" gab. Und auch das Bier floss meist reichlich, so dass es manchem Knecht auch mal zu viel wurde. Auf den Tanzböden sorgte die Blechmusik für Stimmung und es kam zu mancher Rauferei. Eine Attraktion war - seit wann, weiß man nicht - die Kirta-Hutschn, eine große, an Stricken hängende Holzbohlen-Schaukel, auf der Jung und Alt ausgelassen in der Scheune oder unterm Vordach schaukelten. "Wenn die Dirndlröcke im Luftzug hochflogen, dann gefiel dies den Burschen, so dass sie die Schaukel noch kräftiger anschubsten", heißt es in einem alten Buch über das frühere Bauernleben. Schon in vorchristlicher Zeit war es üblich, Gebets- und Opferplätze zu weihen. Das Christentum übernahm diese Tradition und übertrug sie auf ihre Kirchen. So hatte ursprünglich jedes Gotteshaus seinen eigenen Weihetag, der jedes Jahr gefeiert wurde. Im Laufe der Zeit wurde der Weihetag aber zugunsten des Patroziniums (Todestag des Kirchenpatrons) zurückgedrängt, daher wurde 1868 der dritte Oktobersonntag als einheitlicher Kirchweihtag festgeschrieben. Im Volksmund spricht man daher von der "Allerwelts-Kirchweih".

Überliefert ist aber auch, dass die Bauern und auch die Obrigkeit die tagelangen Feiern leid waren, weil ja an vielen Wochenenden in einem anderen Dorf Kirchweih gefeiert wurde und "das gemeine Volk nicht nur daheim, sondern auch in den Nachbardörfern der Völlerei huldigte, der Trinkerei frönte, liederlich das Tanzbein schwang, wild durcheinander raufte, unbeherrscht hutschte und dabei die Arbeit vergaß", wie nachzulesen ist. Also wurde Kirchweih einheitlich auf die Zeit nach der Ernte verlegt.

Ein großes Kirchweihfest findet im Landkreis am Wochenende zum neunten Mal im Veranstaltungsforum Fürstenfeld statt. Am Samstag ist von 20 Uhr an in der Tenne Kirchweihtanz mit der "Ampertaler Kirta-Musi" und mit Vortänzer Thomas Höhenleitner. Am Sonntag findet von 11 bis 17 Uhr ein Kirta-Markt statt. Dazu gibt es viel Musik, Tanzvorführungen von Trachtengruppen und ein buntes Kinderprogramm. Auf dem Bauernhofmuseum Jexhof wird am Sonntag, ebenso von 11 Uhr an, eine "kleine Kirchweih" gefeiert, bei der man etwas über das Schreiben mit Gänsefedern, Federschleißen und Gänsewein erfahren und lebende Gänse sehen kann. Die musikalische Umrahmung übernimmt die Erlbach-Musi.

Seit langem schon sorgt in der Gemeinde Mammendorf jedes Jahr die Kirta-Blosn dafür, dass die Tradition bewahrt wird. Das Kirchweihfest findet am Samstag von 19 Uhr an auf dem Färberhof in der Bahnhofstraße 17 statt.

Kirchweihfeiern am Samstag (20 Uhr) und Sonntag (11 Uhr) im Veranstaltungsforum Fürstenfeld, am Sonntag auf dem Jexhof (11 Uhr) und am Samstag in Mammendorf (17 Uhr).

© SZ vom 14.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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