Fürstenfeldbruck:Leerer Magen lernt nicht gut

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Gemeinsame Morgenmahlzeit vor dem Unterricht: Ein Schulfrühstück bietet die Realschule Unterpfaffenhofen schon seit 2011 an. (Foto: Günther Reger)

Jeder fünfte Schüler geht morgens ohne Frühstück zur Schule. Das ist schlecht für die Aufnahmefähigkeit und Konzentration. Etliche Schulen bieten deshalb ein gesundes, gemeinsames Essen an

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Immer mehr Kinder kommen ohne Frühstück in den Unterricht. Untersuchungen zufolge ist jeder fünfte Schüler nüchtern. Die Größenordnung bestätigten Pädagogen verschiedener Schulen im Landkreis. Auf 40 Prozent schätzt Konrektorin Antonia Dütsch den Anteil an der Mittelschule West in Bruck. Bei leerem Magen sinkt jedoch die Konzentration. Viele Schulen bieten deshalb ein gemeinsames Frühstück mit Brot und Semmeln, Müsli und Joghurt an. In Bruck gibt es einmal pro Woche sogar Nutella.

Oft müssen Eltern bereits vor den Kindern aus dem Haus, um zur Arbeit zu gehen, und diese bleiben sich selbst überlassen. Stark bemerkbar macht sich Schichtarbeit, sagt Dütsch. Andere Pädagogen, die ihren Namen aber nicht in der Zeitung lesen wollen, machen Väter und Mütter verantwortlich, die morgens nicht aus den Federn kommen. Und manche Schüler wollen einfach nicht frühstücken, wie Thomas Schranner, stellvertretender Leiter des Gymnasiums Olching, berichtet. Das Phänomen tritt eher bei Jugendlichen auf. Manche Mädchen in höheren Klassen fürchten um ihre Figur, berichtet Dütsch.

Hungrige Kinder und Jugendliche sind keine guten Schüler. Aufmerksamkeit und Konzentration lassen nach, sie werden müde und gähnen, einige greifen im Unterricht zum Pausenbrot, was im Regelfall untersagt ist. Der Klassiker des Fehlverhaltens ist, dass manche so tun, als würden sie unter der Bank in der Schultasche wühlen und dabei tatsächlich ihre Butterbrote mampfen, berichtet Dütsch.

"Ein gutes Frühstück fehlt in vielen Familien. Und das nimmt zu", lautet das Fazit von Regina Spitzer, Leiterin der Realschule in Maisach. Viele Schulen versuchen, das Defizit auszugleichen. In Maisach organisieren Elternbeirat und Lehrer am 21. Februar einen Projekttag in den fünften Klassen. In den ersten beiden Unterrichtsstunden werden die Realschüler gemeinsam essen, dann gibt es Aufklärung darüber, wie wichtig ein gutes Frühstück ist und woraus es bestehen sollte.

In Germering bieten die Kleinfeldschule, die Theresenschule sowie das Eugen-Papst-Förderzentrum in Kooperation mit dem Verein Brotzeit jeweils ein Frühstück an. Der Verein, den die Schauspielerin Uschi Glas initiiert hat, unterstützt bundesweit etwa 175 Schulen. An der Theresenschule machen etwa 40 von 400 Kindern mit, berichtet Rektorin Monika Lassak. Es ist inzwischen auch ein sozialer Event für die Schüler. Außerdem gibt es im Rahmen der bundesweiten Aktion Schulobst jeden Dienstag frische Früchte, aber auch Tomaten oder Gurken, die von den Kindern sehr gerne verzehrt werden. Im Speisesaal der Eugen-Papst-Schule sind vier Seniorinnen von Brotzeit sowie der Mitarbeiter vom Bundesfreiwilligendienst im Schichtdienst im Einsatz und teilen von 7.30 Uhr an Müsli, Brot, Milch, Kakao und Saft aus. Ein Viertel der Kinder kommt zum Frühstück, berichtet Fritz Reichel, der stellvertretende Schulleiter. In der Brucker Schule West unterstützt die Ökumenische Nachbarschaftshilfe die Lehrer. Es gibt Semmeln, Joghurt, Müsli und frisch geschnittenes Gemüse, dazu einen Käsetag pro Woche. Wer essen will, muss sich vorher anmelden und zahlt 1,50 Euro pro Mahlzeit.

Auch in der Pause gibt es Nachhilfe in Sachen Ernährung. Dütsch unterscheidet "Bäckerkinder", die sich auf dem Weg zur Schule etwas kaufen, von "Pausenbrotkindern", die etwas von zu Hause mitbringen. Das Butterbrot, eingewickelt oder in der Brotzeitbox, angereichert mit Salatblatt oder Gurkenscheibe, ist nicht ausgestorben, aber oft ist die Qualität mangelhaft. Bei einem Projekttag an der Schule West wurden im vergangenen Schuljahr Pausensnacks fotografiert. Cola, Chips und Gummibärchen waren die Favoriten. Anschließend verglichen die Schüler deren Nährwerte mit denen von Semmeln und Müsli. Die Aufklärung zeigte laut der Konrektorin Wirkung: "Die Qualität des Pausenbrots hat sich wesentlich verbessert."

© SZ vom 14.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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