Fürstenfeldbruck:Landkreis rechnet mit starkem Wachstum

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Der Bevölkerungsanstieg im Brucker Land ist doppelt so hoch wie im Landesdurchschnitt. Der Trend soll bis 2030 anhalten, besagt eine Studie. Eine Struktur- und Potenzialanalyse soll Chancen und Risiken darstellen

Von Sebastian Mayr, Fürstenfeldbruck

Der Landkreis wird voller. Seit Jahren wachsen die Gemeinden, vor allem durch den Zuzug. Diese Entwicklung dürfte weitergehen. 2011 war der relative Zuwachs an Einwohnern doppelt so hoch wie in ganz Bayern, wo er 1,3 Prozent betrug. Bis 2030 soll sich dieser Trend weiter verstärken. Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung sagt voraus, dass die Bevölkerungszahl im Landkreis bis dahin um 11,3 Prozent steigen wird. Statt rund 211 000 Menschen würden dann etwa 228 000 Menschen leben. Die natürliche Bevölkerungsentwicklung ist wegen der niedrigen Geburtenrate leicht rückläufig.

Für Landrat Thomas Karmasin liegen die Gründe für die vielen Neuankömmlinge in der Attraktivität des Landkreises. "Hier ist es jobmäßig unschlagbar, außerdem haben wir das Kapital der schönen Landschaft", so der CSU-Politiker. Arbeitsplätze, öffentlicher Nahverkehr und Schulen locken vor allem Familien an. Gerade diese hält Karmasin für wichtig. "Wir brauchen einen gewissen Zuzug und wir brauchen vor allem Erneuerung." Der Altersdurchschnitt liegt heuer bei 44,1 Jahren, bis 2030 soll er auf 45,9 Jahre steigen. Der bayernweite Durchschnitt ist dann voraussichtlich sogar leicht höher (46,3 Jahre). Ein Großteil der Bürger hat sich in den Sechziger- und Siebzigerjahren im Landkreis niedergelassen und ist entsprechend älter geworden. Die Zahl der Geburten ist nicht groß genug, um diese Entwicklung auszugleichen. Der Anteil der über 65-Jährigen steigt: Sind es in diesem Jahr noch 21,7 Prozent der Bevölkerung, werden es 2030 voraussichtlich 25,1 Prozent sein. Der Zuzug von Senioren ist niedriger, auch wenn Ältere immer wieder in die Nähe ihrer Kinder ziehen, die im Landkreis leben. Wer seinen Ruhestand auf dem Land verbringen will, zieht eher in Regionen, die weniger städtisch geprägt und näher an den Alpen gelegen sind, glaubt Karmasin.

Ob der Zuzug für den Landkreis gesund ist oder eher Probleme birgt, ist für Karmasin Ansichtssache. Unabhängig von der Altersstruktur der Bewohner sieht er aber eine objektive Grenze für das Bevölkerungswachstum. Die sei sind dann erreicht, wenn man den Landkreis nicht mehr von der Stadt trennen könne: "Wir brauchen eine eigenständige Identität, eigene Erholungsgebiete und landwirtschaftliche Flächen." Wie viel Zuzug noch möglich ist, will das Landratsamt nun herausfinden. Im Juli haben Karmasin und Emmerings Bürgermeister Michael Schanderl (FW) eine Struktur- und Potenzialanalyse in Auftrag gegeben. Sie soll prüfen, wo nachverdichtet werden kann, wo neue Wohngebiete und wo Gewerbeflächen ausgewiesen werden können. Erste Ergebnisse könnten 2016 vorliegen. Dann können die Gemeinden entscheiden, wo sie Wohnungen und Platz für Betriebe schaffen wollen. "Die Politik sollte ordnen und nicht nur den Bedarf decken", findet Karmasin, der die Analyse und ihre Ergebnisse deswegen für wichtig hält.

Die Studie der Bertelsmann-Stiftung namens "Wegweiser Kommune" ist nicht die erste, die Prognosen zur Entwicklung des Landkreises abgibt. Eine Stärken-Schwächen-Analyse und Untersuchungen des regionalen Planungsverbands sind zu ähnlichen Ergebnissen gekommen. Neu ist für den Landkreis nur ein Ergebnis: Die Höhe der Zuwanderung könnte langsamer wachsen. Waren es 2013 noch 73 Zu- und 62,4 Fortziehende pro Tausend Einwohner, werden 2030 nur noch 45,9 Menschen pro Tausend Einwohner in den Landkreis ziehen und 40,4 von dort fortziehen. Sprich: Die Bevölkerungszahl wächst weiter, aber nicht mehr so schnell.

"Wir gehen eigentlich von einer gleichmäßigen Entwicklung aus", sagt Karmasin. Er kann sich nicht vorstellen, warum in 15 Jahren weniger Leute in die Region ziehen wollen. Ebenso erwartet das Landratsamt für alle Gemeinden in etwa den gleichen Siedlungsdruck. Ein Hemmnis könnte nur der immer knapper werdende Wohnraum sein. Ausnahmen wären neue Wohngebiete wie im Olchinger Schwaigfeld oder künftig auf dem Fliegerhorstareal. Der "Wegweiser Kommune" kommt aber zu einem anderen Ergebnis. Er sagt den meisten Kommunen sechs bis zwölf Prozent voraus, der Stadt Olching knapp 16 Prozent und Gemeinde Emmering mit Abstand am meisten. Dort könnte die Bevölkerungszahl um fast 25 Prozent steigen. "Da bin ich auch auf den ersten Blick überrascht gewesen", gesteht Bürgermeister Schanderl. Inzwischen glaubt der Emmeringer aber, die Prognose erklären zu können: Seine Gemeinde war durch ein Neubaugebiet in den letzten Jahren stark gewachsen. Die Statistik gehe vermutlich davon aus, dass das Wachstum konstant bleibe. Die Pläne der Gemeinde sehen aber anders aus: "Wir wollen uns erst einmal konsolidieren, derzeit ist kein Wachstumsschritt geplant."

© SZ vom 07.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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