Fürstenfeldbruck:Kritik an Maskenbeschluss

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Einkaufen ohne Geld geht nicht, ohne FFP 2-Maske bald auch nicht mehr. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Sozialverbände warnen, dass FFP 2-Masken für ärmere Menschen nicht bezahlbar sind. SPD und Grüne rügen Missmanagement, CSU und Freie Wähler wünschen sich eine bessere Vorbereitung

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Die Pflicht zum Tragen von FFP 2-Masken halten Politiker aus dem Landkreis zwar für sinnvoll. Selbst Vertreter der bayerischen Regierungskoalition monieren aber einen Schnellschuss von Markus Söder (CSU). "Geltungssucht statt durchdachter Konzepte", wirft der Bundestagsabgeordnete Michael Schrodi (SPD) dem Ministerpräsidenten vor. Sozialverbände warnen, die Masken seien viel zu teuer und es könnte zu Engpässen kommen. Geringverdiener, Hartz-IV-Empfänger oder Flüchtlinge sollten umsonst oder zu geringen Preisen ausgestattet werden.

Bei bis zu sechs Euro pro Stück sei der regelmäßige Kauf von FFP 2-Masken für Erwerbslose oder Senioren mit Grundsicherung finanziell nicht zu stemmen, sagt Holger Hoffmann, Kreisgeschäftsführer des VdK. Er rechnet vor, dass diesen Personen nach dem Arbeitslosengeld II pro Monat nur 17,02 Euro für Hygieneartikel zur Verfügung stehen. Hoffmann forderte deshalb eine sofortige Erhöhung dieses Betrages auf 100 Euro.

"Das trifft wieder die Menschen, die wenig Geld haben", rügt Sonja Schlünder, die für die Sozialberatung der Diakonie im Landkreis zuständig ist. Sie fürchtet, dass die Preise für die FFP 2-Masken durch die Decke gehen. Heinrich Baumann, Fachdienstleiter für soziale Dienste der Caritas, warnt, der Kauf von FFP 2-Masken werde die ärmere Bevölkerung vor große Probleme stellen werde. Für Flüchtlinge seien die FFP 2-Masken schlicht zu teuer, selbst für diejenigen, die eine Arbeit haben, weil sie im Niedriglohnsektor tätig sind, berichtet Hans Sautmann von der Asylhelferkoordination im Landkreis.

Expertinnen und Experten wie Schlünder fürchten, dass manche sich eine Maske kaufen und diese wochenlang tragen, so dass diese kaum noch gegen das Coronavirus schützt. Sautmann fordert deshalb als erste Maßnahme eine "Blitzaktion" wie für Senioren, die vor einiger Zeit jeweils drei Exemplare kostenlos in den Apotheken bekamen. Die Brucker Caritas könne Menschen aus ihrem Spendentopf unterstützen, berichtet Baumann. Hartz-IV-Empfänger sollten die Masken umsonst bekommen, fordert Schlünder. Für alle anderen Menschen mit wenig Geld schlägt die Sozialpädagogin eine Kombination aus Gutschein plus geringer Eigenbeteiligung vor.

Politiker aus dem Landkreis teilen die Bedenken, dabei fällt die Kritik der Oppositionsparteien naturgemäß schärfer aus. Der SPD-Kreisvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Schrodi fürchtet, dass der bayerische Ministerpräsident an "oraler Diarrhö" leidet und wirft Söder ein "Missmanagement" in der Corona-Krise vor. Söder verordne einfach das Tragen von FFP 2-Masken, ohne sich vorher Gedanken über die Kapazitäten und die Preise zu machen. Damit verursache er "soziale Verwerfungen" und gefährde mit seinem Geltungsdrang, etwa auch der Forderung nach einer Impfpflicht, die Unterstützung der Bevölkerung. Der Landtagsabgeordnete Martin Runge (Grüne) verwies darauf, dass der Preis pro Stück von 20 Cent vor der Pandemie auf mitunter bis zu zwölf Euro gestiegen sei. Statt ständig neue Ankündigungen zu machen, sollte Söder solche Maßnahmen besser vorbereiten und gut kommunizieren.

Selbst Vertreter der bayerischen Regierungskoalition äußerten sich kritisch. So sprach der CSU-Landtagsabgeordnete Benjamin Miskowitsch zwar von einem richtigen Schritt und fürchtet keine Engpässe. "Man hätte den Fahrplan anders gestalten und das Tragen erst ab 1. Februar zur Pflicht machen sollen", findet Miskowitsch. Die Kosten für Ärmere oder für Familien sollten Krankenkassen oder Sozialversicherungsträger übernehmen. Miskowitsch sagte am Mittwochvormittag, er habe angeregt, FFP 2-Masken aus dem Zentrallager des Freistaates an Bedürftige zu verteilen. Am Nachmittag erklärte Söder, dass zweieinhalb Millionen Masken über die Landratsämter ausgegeben würden.

Der FW-Landtagsabgeordnete Hans Friedl aus Alling moniert einen "Schnellschuss", von dem der Koalitionspartner überrascht worden sei. Hartz-IV-Empfänger müssten die FFP 2-Masken umsonst kriegen, was in der Kürze der Zeit kaum machbar sein dürfte. Er mahnte, dass Maßnahmen gegen Corona durchdacht und vorbereitet sein müssen. Stattdessen hätten die Regierungen "den Sommer verschlafen und gehofft, dass die zweite Welle nicht so stark wird".

© SZ vom 14.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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