Fürstenfeldbruck:Kritik am Radschnellweg

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ADFC und Bund Naturschutz halten einen Verlauf südlich der Bahn bei Emmering für falsch. Es wäre ein Umweg, die Strecke ist nicht einsehbar, und mitten im Landschaftsschutzgebiet müssten Bäume gefällt werden

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Der geplante Radschnellweg zwischen Bruck und München sorgt weiter für Kritik. Der ADFC und der Bund Naturschutz (BN) bemängeln, dass die Trasse bei Emmering südlich der Bahngleise abseits der Wohngebiete im Landschaftsschutzgebiet verlaufen soll. Sie kritisieren außerdem, dass das Landratsamt politischen Gremien wie dem Kreistag keine Auswahl lässt. Die Kreisbehörde wollte sich zu den Vorwürfen vor der Sitzung des Energie-, Planungs- und Umweltausschusses an diesem Donnerstag nicht äußern.

In einem offenen Brief berichten Adi Stumper vom Kreisverband des ADFC und Thomas Brückner von der BN-Kreisgruppe, die Projektgruppe sei in ihrer jüngsten Sitzung mit der Festlegung einer Trasse "überrascht" worden, die das Landratsamt mit der Gemeinde Emmering und dem Planungsbüro ausgehandelt habe. Demnach würde der Radschnellweg in Emmering nicht entlang der Roggensteiner Straße oder über einen Feldweg zur Josef-Hebel-Straße geführt, wie die Verbände favorisieren, sondern nach Süden abknicken und unter den Gleisen durch auf die Südseite der Bahn führen. Dort würde die Trasse bis zum Industriegebiet Reginawerk verlaufen und dann durch einen zweiten Tunnel wieder auf die Nordseite geführt.

Einen solchen Verlauf lehnen der ADFC und der BN ab, weil er wichtigen Aspekten zuwiderläuft. Die Route liegt abseits der Wohngebiete, ist also von der Bevölkerung nicht einsehbar und daher für Frauen und Schüler unter Sicherheitsaspekten "absolut ungeeignet", vor allem in der dunklen Jahreszeit, am frühen Morgen und am späten Abend. Daran würde auch eine Extra-Beleuchtung nichts ändern, die schon aus ökologischen Gründen fragwürdig sei. Für Anwohner der Unteren Au in Emmering wäre die Trasse ein Umweg und damit unbrauchbar.

ADFC und BN gehen davon aus, dass die Bahn AG sich auf der Südseite einen mindestens sechs Meter breiten Streifen für ein zusätzliches Gleis reserviert, weitere fünf bis sechs Meter müssten für den Radschnellweg freigemacht werden. Das würde bedeuten, dass man einen breiten Streifen Wald abholzen müsste, naturnahe Flächen versiegeln und den Hang mit Böschungswänden abfangen. "Ein Unding im Landschaftsschutzgebiet", rügen Stumper und Brückner.

Obendrein würde die Nähe zur Bahn eine zeitliche Abhängigkeit bedeuten, die man vermeiden solle. Mit Verweis auf die Schaukelpolitik der Staatsregierung in Bezug auf einen drei- oder viergleisigen Ausbau der S 4 sowie eine Machbarkeitsstudie für einen Haltepunkt Emmering sprechen ADFC und BN von "totalem Planungschaos" im Verkehrsministerium "mit ungewissem Ausgang". Es bestehe das Risiko, dass der Bau eines Radschnellweges in den nächsten zwölf Jahren blockiert wäre.

Im Gegensatz zu den beiden anderen Varianten enthalte die Route Steigungen und mit zwei weiteren Unterführungen zusätzliche Kurven mit engen Radien sowie Rampen, die eine schnelle Fahrt, wie sie auf Radschnellwegen möglich sein soll, bremsen. Im Schatten des Waldes sei im Herbst mit Laub und im Winter mit Eis zu rechnen. Dann müsse mitten im Schutzgebiet Streusalz ausgebracht werden.

Stattdessen verweisen die Autoren des offenen Briefes auf die Vorzüge der anderen Varianten. Die Idealroute verlaufe entlang eines Wirtschaftsweges neben den Wohnhäusern und ab Schwabenberg, anfangs einem Feldweg folgend, schnurgerade durch die Wiesen und Äcker in die Untere Au zur Hebelstraße, die zur Fahrradstraße umgewidmet wird. Von dort könnte sie über das Grundstück eines Autohändlers, dem man eventuell eine Fläche abkaufen müsste, verschwenkt oder über eine dann verkehrsberuhigte Rankstraße zum Radweg an der Roggensteiner Straße führen. Damit würden zugleich Defizite des Radwegenetzes in Emmering behoben. Als Sparvariante hat der BN außerdem vorgeschlagen, den Radschnellwege auf bestehenden Straßen und Wegen entlang der Roggensteiner Straße zu führen, mit dem Nachteil, dass man von den Standards von Schnellwegen abweichen müsste.

Ein weiterer Kritikpunkte der beiden Verbände am Landratsamt lautet, dass dem Münchner Stadtrat von den Planungsbehörden mehrere Varianten zur Abstimmung vorgelegt würden, während die hiesigen kommunalpolitischen Gremien keine Auswahl haben. Sie könnten die Trasse mit dem Abschnitt südlich der Gleise bei Emmering bloß ablehnen, woraufhin die Planung wieder von vorne beginnen würde.

Auf Anfrage der SZ wollte sich das Landratsamt nicht zu der Kritik äußern. Man wolle der Diskussion am Donnerstag nicht vorgreifen, sei aber hinterher zu einer Stellungnahme bereit.

© SZ vom 24.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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