Fürstenfeldbruck:Krankheiten und Liebesleid

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"Ich habe die Schnauze vom Leben wirklich voll", sagt Yasmin Kurz. Doch ihre Kinder geben der Alleinerziehenden die Energie für den Alltag. (Foto: Lukas Barth)

Yasmin Kurz erzieht zwei Kinder, aber es plagen sie viele Sorgen

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Yasmin Kurz liebt Kinder. Schon früh stand für die 33-Jährige fest, dass sie Kinderpflegerin werden will. Und dass sie, die Älteste von vier Geschwistern, auch einmal selbst Kinder haben möchte. Inzwischen hat die junge Frau mit den langen schwarzen Haaren beides in die Tat umgesetzt. Allerdings hatte sich Yasmin Kurz das Familienleben wohl anders vorgestellt, mit Mann nämlich. Und auch im Beruf läuft es nicht wirklich gut. Denn wegen den beiden Kindern und massiven gesundheitlichen Problemen kann sie derzeit nicht arbeiten. Dabei könnte ihr Jüngster so dringend ein neues Kinderzimmer gebrauchen, gerne auch ein bereits benutztes. Und ihre Tochter wünscht sich mit ihren zehn Jahren ein zeitgemäßes Smartphone, nicht das alte ausrangierte Handy ihrer Mutter.

Yasmin Kurz, die eigentlich anders heißt, hat zwei Kinder von zwei Vätern. Beide zahlen keinen Unterhalt, beide waren am Ende der Beziehung gewalttätig. Nach der zweiten Trennung 2017 hatte sie eine posttraumatische Belastungsstörung, resultierend aus der Gewalt und den Aggressionen während des Noch-Zusammenlebens. Die psychische Erkrankung mutiert zu einem Burnout und einer Depression, zeitweise ist Kurz nicht arbeitsfähig. Und dann, in diesem Sommer, kommt der nächste Schlag. Nachdem sie zwei Wochen Bauchschmerzen erträgt, geht sie zum Arzt. Der liefert sie umgehend ins Krankenhaus ein, Lebensgefahr. "Ich hatte eine lebensgefährliche Thrombose erlitten." Ursache für das Platzen einer Ader im Bauchraum seit laut Arzt die Pille gewesen. Seither weiß sie nicht, ob sie jemals wieder arbeiten kann. Derzeit nimmt sie Blutverdünner ein, eine Impfung gegen das Coronavirus ist in ihrem Zustand nicht möglich. Aber die Impfung wäre in ihrem Beruf und der jetzigen Situation wohl die Voraussetzung für einen Arbeitsvertrag, vermutet die 33-Jährige.

"Ich habe noch einmal versucht, mein Glück zu wagen." Yasmin Kurz meint damit, mit einem Mann zusammenzuziehen. Das ist vier, fünf Jahre her. Kurz bezieht mit ihm und ihrer Tochter eine größere Wohnung, die kostet statt knapp 700 Euro im Monat 1350 Euro.

Aber das junge Glück ist nur von kurzer Dauer. Rasch habe sie festgestellt, dass er extrem ichbezogen sei. Und dann kommt der Klassiker: "Er ist mir fremdgegangen mit der Sekretärin aus seiner Firma", während sie ungewollt schwanger zu Hause gesessen sei, erzählt Kurz bei einem Spaziergang im ersten Schnee entlang der Amper. Sie trennt sich, wirft ihn aus der Wohnung. Und stellt erst nachträglich fest, dass er die Miete der letzten drei Monate nicht überwiesen hat. Obwohl sie ihm die Hälfte auf sein Konto überwiesen hatte. "Dann kam es zur Kündigung", erzählt die junge Mutter, die nicht so schnell aufgeben will. Sie geht zur Sozialberatung, zur Fachstelle Wohnen der Caritas. Und schafft es schließlich mit deren Hilfe, ein Sozialdarlehen zu bekommen, damit die Mietschulden zu begleichen und das Verhältnis zu ihrem Vermieter wieder zu verbessern.

In dieser Situation scheint es das Schicksal gut zu meinen mit der 33-Jährigen. Denn bei den Bemühungen um ihre Wohnung stößt sie auf das Stellengesuch einer kommunalen Kindertagesstätte, ein Traumjob für die Kinderpflegerin. "Da wollte ich schon immer arbeiten", erklärt sie und ihre blauen, sorgfältig geschminkten Augen leuchten kurz auf. Allerdings ist der Vertrag befristet, bis August 2018. Etwa um die Zeit kommt ihr Sohn zur Welt, arbeiten ist mit dem Baby und ohne Partner ohnehin kaum möglich. Außerdem wurden bei dem Buben Entwicklungsverzögerungen diagnostiziert. Und ihrer Tochter fehlen aufgrund einer Fehlentwicklung während der Schwangerschaft etliche Zähne. Für eine korrigierende Behandlung müsste sie bald eine Zahnspange bekommen. Aber ob sie sich das leisten kann, weiß Yasmin Kurz noch nicht.

© SZ vom 27.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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