Fürstenfeldbruck:Klare Linien, elegante Rundungen

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Das alte Postgebäude wurde grundlegend saniert. Das Monument der klassischen Moderne erstrahlt nun in neuem Glanz

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Das alte Brucker Postgebäude strahlt nach einer Sanierung in neuem Glanz. Der Vorplatz wurde wieder für die Allgemeinheit geöffnet. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz, weil es ein Unikat in der Kreisstadt darstellt. Es wurde 1930 errichtet, nach den Maßgaben der von Robert Vorhoelzer geprägten Postbauschule, die sich durch klare Linien und elegante Rundformen auszeichnete. Solche Gebäude im Stil der klassischen Moderne waren im konservativen Freistaat selten. Der schnörkellose Bau mit den hellen und großen Räumen stieß auch in der Marktgemeinde Bruck seinerzeit auf Kritik.

Das Haus mit der konkav gewölbten Fassade und dem Walmdach direkt auf dem Zwickel zwischen Fürstenfelder- und Bahnhofstraße prägt das Stadtbild. Die Fassade ist horizontal differenziert mit verschiedenen Fenstertypen, zugleich jedoch symmetrisch gestaltet. Offene Theken in der Schalterhalle sollten das Image der Reichspost heben, weg vom Staatsbeamten, der sich hinter einem vergitterten Schalter verschanzte. Heute sind im Erdgeschoss Büros und Lagerräume der Post untergebracht, erzählt Peter Ottmann, der Eigentümer. In den Obergeschossen residieren Ärzte, Pro Familia, Arbeiterwohlfahrt und eine Firma für Reisekartografie.

Der Münchner Architekt hat das gesamte Areal 2006 erworben, als das Postverteilzentrum auszog, und inzwischen saniert. Kulturreferent Klaus Wollenberg (FDP) lobte die Arbeit und die Gestaltung des Vorplatzes bei der Eröffnung als einfühlsam und wunderbar. "Dass ein privater Eigentümer sich so engagiert, ist eine große Freude", sagt er.

Ottmann wollte die Post bewegen, im Erdgeschoss wieder die Schalterhalle zu eröffnen. Dadurch wäre das gesamte Parterre offener geworden und die spiralförmige Treppe im Zentrum käme so zur Geltung wie einst. Damals, im August 1932, widmete die deutsche Architektenzeitschrift "Deutsche Bauhütte" dem Neubau einen Beitrag mit etlichen Bildern. Gelobt wurden Stil und Ausführung, die Leichtigkeit, Helligkeit und Offenheit, alles Maßstäbe, die dem Programm der Postbauschule entsprachen. Dabei betonte der Autor, das helle Weiß des rauen Putzes entspreche der ortsüblichen Art der Kirchen und Bürgerhäuser - vermutlich ein Zugeständnis an die Einheimischen.

Eine konkav gewölbte Fassade und das Walmdach sind die herausstechenden Merkmale des alten Postgebäudes in Fürstenfeldbruck, das 1930 von Robert Vorhoelzer errichtet worden ist. (Foto: Günther Reger)

Denn manche Brucker waren weniger begeistert als die Experten. In der Lokalzeitung wurde der Neubau als "architektonischer Kretin" abgetan, als "Mixtur aus Neuer Sachlichkeit, negativer Ästhetik und zeichnerischer Willkür, dazu eine Prise Kreuzworträtselstil". Bereits im Vorfeld hatten Künstlervereinigung und Verschönerungsverein interveniert und einen heimatverbundeneren Bauweise verlangt.

Auch der Standort behagte den Bürgern nicht. Vorher war die Post in den Räumen der Familie Weiß, die seit Jahrhunderten den Posthalterdienst versah, direkt am Marktplatz untergebracht. Der Platz dort war zu klein geworden für einen Postbetrieb, der sich immer weiter ausdifferenzierte, für Briefe, Pakete, Telegramme und Zustelldienst, weshalb Vertreter der Marktgemeinde und der Oberpostdirektion in Augsburg über einen Neubau verhandelten. Schließlich kaufte die Post im Frühjahr 1925 vom Wittelsbacher Ausgleichsfonds zwei Grundstücke zwischen zwei Wegen, die in den Unterlagen wahlweise als Rupprechtstraße, Philosophenweg und Alleestraße bezeichnet wurden.

Es hagelte Proteste. Aus damaliger Sicht lag der Standort zu weit ab von der Ortsmitte, während die Post die Nähe zum Bahnhof wünschte. Die Marktgemeinde erwog, ein Grundstück neben dem damaligen Rathaus mit der Post zu tauschen, kam aber 1929 davon ab, weil man dort ein neues Rathaus bauen wollte. Heute steht auf diesem Platz im Zentrum der wenig geliebte Sparkassenbau. Schließlich unterzeichneten Kommune und Post einen Erbbau- und Mietrechtsvertrag. Die Post verpflichtete sich, mit einem Darlehen der Gemeinde über rund 220 000 Reichsmark auf dem Zwickel zu bauen und Schulden und Zinsen durch eine jährliche Miete abzustottern. Die Gemeinde wiederum pumpte sich das Geld von der Sparkasse. Durch Sondertilgungen konnte die Post ihren Kredit bis 1944 zurückzahlen.

Für die Ausführung war die Bauabteilung der Münchner Oberpostdirektion zuständig, die Robert Vorhoelzer leitete. Er war der Gründer der bayerischen Postbauschule. Von ihm stammt auch das Gebäude der Oberpostdirektion an der Arnulfstraße sowie die Paketstelle mit ihrem Glasbau. Vorhoelzer wurde von den Nationalsozialisten als "Baubolschewist" angegriffen und verlor seine Stelle als Dozent an der Technischen Hochschule, angeblich auf persönliche Weisung Hitlers. Nach dem Zweiten Weltkrieg versuchte er sich am Wiederaufbau in München mit modernen Projekten zu beteiligen, gegen den Widerstand von CSU und SPD.

Von außen schnörkellos - von innen schneckenförmig. Das Gebäude von 1930 erstrahlt nach seiner Sanierung in neuem Glanz. (Foto: Günther Reger)

Als Architekt beim Postbau in Bruck fungierte Georg Werner, die Bauleitung übernahm Lars Landschreiber, Sohn des Brucker Malers Max Landschreiber. Die Bauarbeiten begannen im Frühjahr 1930, bereits im September wurde Richtfest gefeiert, im April 1931 nahm die Post den Betrieb auf. Das Hauptgebäude bekam drei Stockwerke, im Westen wurden Hallen für Lastwagen angebaut. Dieser Trakt wurde bereits Ende der 1950er-Jahre wieder abgerissen, weil der Platz im Haupthaus nicht reichte, nachdem die Telefonvermittlung eingezogen war. Im neuen Anbau sind seitdem die Kundenschalter untergebracht.

Die letzte Sanierung fand 1986 statt. Inzwischen hatten Pflanzen den Vorplatz allmählich überwuchert und dieser war so abgegrenzt, dass der zentrale Eingang nur umständlich zu erreichen war. Nun haben Landschaftsarchitekten des Büros Terrabiota den Platz neu gestaltet. Der originale Zustand des Vorplatzes mit einer breiten Treppe wurde nicht wiederhergestellt. Der Platz ist leicht erhöht worden und hat einen Kiesbelag bekommen. Darauf stehen vier Sitzbänke, die der Künstler Martin Wöhrl aus der Bronze eines Brunnens gegossen hat, der 1986 aufgestellt worden war. Ottmann versteht die Neugestaltung als Geste der Öffnung zur Stadt hin. Er hat die Hoffnung nicht aufgegeben, die Post irgendwann doch noch zu überreden, die Schalterhalle wieder im Altbau zu öffnen.

© SZ vom 23.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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