Fürstenfeldbruck:Klangvielfalt

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Das Ensemble "L'Accademia Giocosa" führt dem Publikum die Facetten des Barock vor. (Foto: Günter Reger)

Saisoneröffnung im Churfürstensaal

Von Klaus Mohr, Fürstenfeldbruck

Im Barock schien alles festgelegt zu sein, so dass diese Epoche oft als starr empfunden wird. Das gilt auch für die Musik, die durch zahlreiche Regeln klar strukturiert und damit auch für den Hörer kalkulierbar war. Dass Freiheit auf dem Boden von festen Abläufen viel stärker wirkt als ohne sie, stellten die Musiker des Ensembles "L'Accademia Giocosa" bei ihrem Konzert zur Eröffnung der neuen Saison der Reihe "Alte Musik im Churfürstensaal" eindrucksvoll unter Beweis. Eine reiche Instrumentalbesetzung führte dem Publikum zahlreiche Facetten der Barockmusik mit historischen Instrumenten vor: Das Ensemble bestand an diesem Abend aus Stefan Schilli und Tobias Vogelmann (Barockoboe), David van Dijk und Nimrod Guez (Barockvioline), Katerina Yiannitsioti (Barockcello), Peter Kofler (Cembalo) sowie Vittorio Ghielmi (Viola da gamba).

Eine Sonate für Violine, Viola da gamba und Cembalo in A-Dur von Dietrich Buxtehude eröffnete das Programm. Im raschen Eingangssatz entwickelte sich vornehmlich durch den ganz flexibel geführten Bogen des Geigers ein federleichter Klang, der von der Viola da gamba übernommen wurde. Auf diese Weise entstand schwungvolle und zugleich schwingende Musik. Im folgenden Adagio-Satz mutete das Spiel der Geige wie ein in Noten gefasstes Nachdenken an, oder wie eine Vorlage, die von einem geübten Redner rhetorisch geschliffen in Töne übersetzt wurde. Korrespondenzen zwischen den Melodieinstrumenten entstanden in einem weiteren Satz, wobei das Cembalo einen sozusagen ordnenden, durchgehenden Puls unterlegte.

Eine Art Gegenstück erklang danach: In einer Triosonate in a-Moll von Georg Philipp Telemann waren neben den zwei Oboen ein Basso continuo, bestehend aus Violoncello und Cembalo zu hören. Das Spiel der zwei Oboen kam im langsamen Kopfsatz einer Art Tauziehen gleich: Immer, wenn ein Instrument den nächsten Ton anspielte, kam eine klangliche Spannung auf, die sich beim Weiterschreiten des anderen wieder löste. Konzertierend in dem Sinn, dass beide Oboen miteinander wetteiferten, gingen die beiden Instrumente im Allegro miteinander um. Vitale Spielfiguren rundeten das Stück im Finale ab.

Die Komposition "Le Parnass ou L'Apotheose de Corelli" von François Couperin für zwei Violinen, Viola da gamba und Cembalo gab dem Konzert seinen Titel "Im Parnass . . .". Die sieben Sätze zeichneten im Sinne von abbildender Programmmusik nach, was als verbale Handlungsbeschreibung vorgegeben war. Der Hörer konnte hier die Musik einfach genießen, oder sich auf die verschiedenen Affekte, die die Musik kennzeichneten, einlassen. Beide Hörweisen führten zum Ziel, Musik in ihren Grundfesten überzeugend zu erleben.

Nach der Pause stand ein Quartett in B-Dur für Oboe, Violine, Viola da gamba und Basso continuo von Johann Christian Bach auf dem Programm. Das Werk wirkte beglückend schön und anachronistisch zugleich: Viele motivische Wendungen und Begleitfiguren ließen wunderbar erkennen, dass Mozart sich tatsächlich an diesem Bach-Sohn orientiert hat, so empfindsam und einfühlsam waren sie. Andererseits assoziierte man die Gambe und auch das Cembalo eher mit Epochen davor. Virtuose Spielfiguren bei den zwei hohen Melodieinstrumenten standen immer wieder im Dialog mit denen der Gambe, wobei der Basso continuo eine stets verlässliche klangliche Basis bildete.

Am Ende gab es großen Beifall für einen überaus gelungenen Saisonauftakt sowie eine kurze Zugabe von Couperin, bei der erstmals alle Musiker gemeinsam auf der Bühne standen.

© SZ vom 20.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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