Fürstenfeldbruck:Kein Krieg in ihrem Namen

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Am Vorabend der Entscheidung im Bundestag ruft Linken-Politikerin Renate Schiefer zum Protest gegen den Kampfeinsatz der Bundeswehr auf. (Foto: Günther Reger)

Zu einer Kundgebung gegen den neuen Bundeswehr-Kampfeinsatz kommen 20 Menschen

Von Julia Bergmann, Fürstenfeldbruck

Eines Tages, Joan Baez war sich 1962 ganz sicher, werden wir es überwinden, eines Tages, werden wir alle in Frieden leben, sang sie in der heute wohl bekanntesten Version des Songs "We shall overcome". Die Melodie des Protestsongs, bekannt geworden während der Zeit der Bürgerrechtsbewegung in den Vereinigten Staaten, erklingt am Donnerstagabend auch in Fürstenfeldbruck. An diesem Abend geht es nicht um Gleichberechtigung und die Überwindung des Rassismus, es geht um den Einsatz der deutschen Bundeswehr in Syrien.

"Vor der Abstimmung im Bundestag haben wir noch schnell etwas aus dem Boden gestampft", sagt die Initiatorin der Anti-Kriegs-Kundgebung und Linken Politikerin Renate Schiefer. Etwa 20 Menschen haben sich vor der Fürstenfeldbrucker Sparkasse versammelt um gegen einen Kriegseinsatz der Bundeswehr in Syrien zu protestieren. Als offizieller Veranstalter wird die "Anti-Kriegs-Initiative Fürstenfeldbruck" angegeben. Ein informelles Bündnis, entstanden aus der Dringlichkeit der momentanen Sachlage, erklärt Schiefer.

Der Bundeswehr-Einsatz in Syrien, sei keine adäquate Lösung im Kampf gegen den Terror des Islamischen Staats, so steht es auf dem Flyer zur Kundgebung, so betont es auch Schiefer mehrfach. Deutschland würde Kriegspartei, das verbiete schon die Geschichte des Landes. Der Einsatz wäre völkerrechtswidrig und Kriege schaffen den Terror täglich neu, so die Auffassung der Protestierenden. "Ja zur politischen Lösung", fordern sie. Wie die aussehen soll? "Wie wär's mit Verhandeln mit Assad oder Putin. Man möge sich doch gemeinsam an einen Tisch setzen", sagt Schiefer. Dass der IS ohne Militäreinsatz besiegt werden könne, davon ist sie überzeugt.

In ihrer Rede kritisiert sie deutsche Waffenexporte. Fassungslos habe sie mit angesehen, wie die Regierung nach den Terroranschlägen in Paris das Entsetzen instrumentalisiere. Staat und Medien würden beginnen, Bürgerrechte zu beschneiden und ein Klima der Hysterie verbreiten. Für einige Aussagen erntet Schiefer Applaus.

Aber die Demonstranten bleiben kritisch. Eine Frau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, betont, sie sei gegen jegliche Form des Kriegs, bezweifle aber, dass er sich wirklich vermeiden lasse. Einer der Männer sieht das anders. Seine schlimmste Befürchtung: Der IS könnte sich in andere Regionen zurückziehen. Man träfe mit Angriffen dann ausschließlich die syrische Zivilbevölkerung. Dann würde die Situation völlig eskalieren, meint er. Der Mann, er hat vier Kinder und drei Enkel, sagt, er habe Angst. "Nicht um mich, sondern um die nächste Generation. Die nächste Generation wartet zehn Meter weiter. Eine Gruppe Jugendlicher ist zufällig an der Kundgebung vorbeigekommen und aus Interesse stehen geblieben. Der 18 Jahre alte Progon Leci sagt, er habe die Plakate der Linken gesehen. "Das Problem ist, die Linken wollen immer alles Gute, sie haben aber auch keine Lösungen", meint er. Und Krieg sei zwar nicht gut, aber: "Den IS kannst du nicht diplomatisch besiegen."

© SZ vom 05.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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