Fürstenfeldbruck:Katerstimmung hinterm Glühweinglas

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Auf dem Brucker Volksfest ist es so kalt wie seit 20 Jahren nicht mehr. Deshalb fällt die Zwischenbilanz ernüchternd aus. Im Festzelt läuft die Heizung auf Hochtouren und heiße Getränke machen dem Bier die Vorherrschaft streitig

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Alles schon mal dagewesen. Rudi "Schaschlik" Hechtl steht im weißen Kittel hinter dem Tresen. Er friert. Er zieht die Augenbrauen hoch. Er überlegt. So vor 20 Jahren muss es gewesen sein. Damals hieß es natürlich noch Frühlingsfest. Aber ja, damals habe es auch Schnee gegeben und es sei sakrisch kalt gewesen. Hinter Hechtl köchelt am Mittwoch das, was für den Spitznamen des 51-jährigen Olchingers verantwortlich ist: aufgespießtes Fleisch und Gemüse. Angesichts von vier Grad Außentemperatur, die sich wegen des scharfen Winds anfühlen wie der Gefrierpunkt, würde man jetzt am liebsten eine der endlos langen Feuerwürste bestellen. Die sollen so scharf sein, dass man für ein paar Augenblicke die Kühlschranktemperaturen vergisst. Hechtl zuckt mit den Schultern. "Das muss man halt so hinnehmen, kannst eh nix machen."

Bevor es wieder zum Schneien beginnt, lässt sich immerhin wieder mal kurz die Sonne blicken. Eine Volksfestzwischenbilanz? Hechtl schaut vielsagend auf den leeren Asphaltstreifen. Das Kettenkarussell gegenüber steht um kurz nach zwei Uhr nachmittags still. In der Wurfbude ist tote Hose. Im Autoscooter sind zwei der Elektromobile unterwegs - gesteuert vom Personal. Aus den Lautsprechern tönt es: "Ohne dich komm' ich heut' nicht zur Ruh', das was ich will, bist duuuu." Eine Schnulze von der Münchner Freiheit. Aber keine Spur von "du". Auch nicht vor dem Schaschlikstand. Darin fühlt sich Hechtl so wie auf dem Christkindlmarkt auf dem Viehmarktplatz. Nur dass er da immer viel wärmer eingepackt ist. Naja, die Wetterstation daheim in Olching gebe immerhin Anlass zur Hoffnung, auch wenn die Regenwahrscheinlichkeit für den Sonntag bereits wieder bei 75 Prozent liegt.

Durchwachsen, das alles. So sieht das auch der Brucker SPD-Stadtrat Axel Lämmle, der mit seiner dreijährigen Tochter Finja Autoscooter und Spiderman schon hinter sich gebracht hat und am Holzhäuschen vorbeigekommen ist, an dem die Stadtmitarbeiterinnen Tina Rodermund-Vogl und Sabine Wildmann Karten für die Donikkl-Mitmachshow im kleinen Zelt verkaufen - und heilfroh sind, dass ihnen BBV-Stadtrat Florian Weber einen Heizstrahler reingestellt hat. Jetzt jedenfalls strebt Lämmle Richtung großes Festzelt. Auch das nämlich ist geheizt, wenngleich die Stimmung dort nicht so recht hochkochen mag. Vorne stehen die Lechfeld Buam, singen und malträtieren ihre Gitarren. Vorne ist alles leer, hinten füllt es sich langsam.

An einem der Tische sitzen Festwirt Jochen Mörz und Achim Huber, der für die Stadt viele Jahre fürs Volksfest verantwortlich war. Ihr Thema? Na klar, das Wetter. Mörz trägt's mit Fassung. Vier Heizungen hat er anwerfen lassen, 800 Watt treiben die Temperatur auf angenehme 20 Grad. Als er an diesem Tag von Traunstein losgefahren ist, hat ihn fast der Schlag getroffen. Dort beginnt in gut einer Woche das Volksfest. Das Zelt steht schon. Darauf aber hatte sich am Morgen eine wohl an die 30 Zentimeter hohe Schneeschicht gesammelt. "Die ist gottlob dann aber abgerutscht", sagt Mörz.

In Fürstenfeldbruck reagierte er bereits auf den Wintereinbruch und schenkte am Montag und Dienstag kurzerhand Glühwein aus. Aber wer kommt bei der Kälte überhaupt aufs Volksfest, wer schafft es überhaupt rein bis ins Zelt? Am Sonntag und Montag jedenfalls "70 Prozent weniger als an den Tagen im Vorjahr", stellt Mörz lapidar fest. Freitag und Samstag zuvor waren immerhin ganz gut, das ja. Huber wirkt etwas geknickt. Da hat sich die Stadt so viel Mühe gegeben mit dem neuen Volksfestkonzept und dann das. Kann man halt nichts machen. Huber bleibt dabei, dass der frühe Termin dennoch richtig ist. Im Sommer wird's dann ja auch wieder heiß und dann ist auch noch die Fußball-Europameisterschaft.

© SZ vom 28.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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