Fürstenfeldbruck:Kapitalanlage im ehemaligen Kloster

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Das Seniorenheim Oberschweinbach hat einen neuen Eigentümer. Der will die Appartements an Kleinanleger verkaufen. Er wirbt mit vier Prozent Rendite

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Vier Prozent Mietrendite klingt in Zeiten von Niedrigzinsen nach einem fantastischen, fast schon unglaublichen Angebot. Kein Wunder also, dass sich viele privater Anleger dafür interessieren, in ein Seniorenheim zu investieren. Denn genau für diese Form der Kapitalanlage wirbt die niedersächsische Wirtschaftshaus-Aktiengruppe, genauer: für eine Investition in das Seniorenpflegeheim "Am Klostergarten" in Oberschweinbach. Das Unternehmen hat die Einrichtung unlängst gekauft und will sie nun in kleinen Stücken weiterverkaufen. Dafür hat die Aktiengruppe in den Säulensaal des Veranstaltungsforums Fürstenfeld geladen, etwa 60 Interessenten sind zu der Infoveranstaltung gekommen.

Wirtschaftshaus ist ein Unternehmen mit sechs Tochtergesellschaften und Sitz in Garbsen bei Hannover. Es plant, projektiert, finanziert, verwaltet und vermarktet Seniorenpflegeheime. Mit der Wirtschaftshaus Care Holding GmbH beispielsweise bewertet und überprüft es potenzielle Betreiber für die jeweiligen Einrichtungen. Denn den Betrieb überlässt die Aktiengesellschaft nach ihrem Geschäftsmodell externen Betreibern.

Wie Wirtschaftshaus-Vertriebsvorstand Sandro Pawils erläutert, kaufte die AG die von der Casa Reha betriebene Einrichtung in Oberschweinbach nach zweijähriger Verhandlungsphase vor einem Monat von einem niederbayerischen Investor, der sie vor circa zehn Jahren hatte bauen lassen. Die Immobilie verfügt über 119 Appartements mit 22 Quadratmeter Größe, bis zu 137 vollstationäre Pflegeplätze sowie Gemeinschaftsräume. Nun soll die Anlage an bis zu 119 Kleinanleger weiterveräußert werden; eine Wohneinheit kostet rund 160 000 Euro. Pawils zufolge verdienen die Anleger an der Miete, die Casa Reha Wirtschaftshaus bezahlt: 65 000 Euro monatlich. Die reicht der neue Eigentümer anteilsmäßig an die Besitzer der Appartements weiter. Da der aktuelle Mietvertrag noch zwölf Jahre laufe, mit der Option ihn zwei Mal um je fünf Jahre zu verlängern, sei die Miete, sprich: die Rendite der Kleinanleger, auf Jahre gesichert. Verändern kann sie sich laut dem Vertriebsvorstand nur, wenn die Lebenshaltungskosten stark ansteigen. Denn sie ist an den Verbraucherindex gebunden. Bei Leerstand liege das Risiko also bei Casa Reha, nicht bei den Eigentümern, unterstreicht Pawils. Und dieses Risiko könnte steigen, wenn man die Entwicklung im Landkreis im Auge hat, wo regelmäßig weitere Seniorenpflegeheime gebaut werden. Aus der Ortschaft Oberschweinbach selbst leben in der Einrichtung nicht einmal zehn frühere Dorfbewohner.

Flucht ins Betongold: Wegen historisch niedriger Zinsen sind Immobilien attraktiv. Auch Seniorenheime wie das in Oberschweinbach werden vermarktet. (Foto: Günther Reger)

Was der Eigentümerwechsel und die jetzige Vermarktung für die Bewohner des Pflegeheims bedeutet, verdeutlicht Raik Lubitz, der bei der Wirtschaftshaus-AG für das Marketing verantwortlich zeichnet: "Für die Mieter und den Betreiber des Seniorenpflegeheims am Klostergarten läuft alles wie gewohnt weiter." Kein Bewohner müsse befürchten, dass ihm nun gekündigt werde oder die Miete steige. "Im Kaufvertrag gibt es kein Eigennutzungsrecht. Den Bewohnern kann damit nicht gekündigt werden." Ansonsten können die Kleinanleger laut Pawils mit ihrer neu erworbenen Immobilie verfahren wie mit jeder anderen Eigentumswohnung. "Sie können sie verkaufen, verschenken, vererben oder beleihen."

Einer, der am Dienstagabend nicht als potenzieller Investor gekommen ist, sondern sich vor allen Dingen darum sorgt, wie es in seinem Ort weitergeht, ist Bürgermeister Norbert Riepl. Für Kapitalanlagen fehle es seiner Kommune leider an Geld, erklärte er. Doch da das Seniorenheim "Am Klostergarten" in den letzten Jahren sehr an Bedeutung gewonnen habe, als Arbeitgeber sowie als Kooperationspartner für diverse Vereine, wolle er sich erkundigen, wie es mit dem neuen "Gemeindezentrum" weitergehe.

Sandro Pawils von Wirtschaftshaus wirbt für diese Anlageform. (Foto: Johannes Simon)

Besonders interessiert den Rathauschef auch, was mit der zu dem Gebäudekomplex gehörenden Kirche passieren wird. Wie er betont, ist der neue Eigentümer auch verpflichtet, das Gotteshaus, für das die Gemeinde ein Nutzungsrecht hat, instand zu halten und zu sanieren. Momentan sei es zwar in einem guten Zustand. Zu diesem Punkt hat die Wirtschaftshaus AG noch keinen Vertrag gemacht. Doch Pawils zufolge will man derartige künftige Kosten zu gleichen Teilen auf alle Eigentümer umlegen.

© SZ vom 28.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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