Fürstenfeldbruck:Hoffen auf den Hartmann-Effekt

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Da geht's lang: Philipp Heimerl (Mitte) im Restaurant Venezia, flankiert von Bundestagskandidat Michael Schrodi und Ortsvereinschefin Svenja Bille. (Foto: Günther Reger)

Einstimmig wird Philipp Heimerl vom SPD-Ortsverein nominiert. Der 27-Jährige soll dem erfolgreichen Dachauer Genossen den Rang ablaufen und jüngster Oberbürgermeister Deutschlands werden

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die Brucker SPD hat Philipp Heimerl zum Oberbürgermeisterkandidaten nominiert. Alle 29 wahlberechtigten Parteimitglieder votierten am Mittwochabend für den 27-Jährigen. Dieser zeigte sich selbstbewusst und freut sich nach eigenem Bekunden auf den bevorstehenden Wahlkampf, Akzente setzten will er vor allem beim Wohnungsbau und in der Verkehrspolitik. Erhalten werden soll zudem die Natur, die Lebensqualität in Bruck sowie kulturelle Einrichtungen wie Alter Schlachthof oder Lichtspielhaus.

Fast alles, was in der SPD im Landkreis Rang und Namen hat, ist gekommen: Peter Falk, Chef der Kreistagsfraktion, Puchheims Bürgermeister Norbert Seidl, der Landtagsabgeordnete Herbert Kränzlein und die Brucker SPD-Stadträte. Sie alle setzen auf den Hartmann-Effekt: Bei den Kommunalwahlen 2014 hatte sich im benachbarten Dachau völlig überraschend der damals 27 Jahre alte Florian Hartmann gegen den CSU-Platzhirsch durchgesetzt und wurde damit der jüngste Oberbürgermeister Deutschlands. Warum, so fragen sich die erfahrenen SPD-Politiker, sollte dieser Titel nicht vom einen auf den nächsten Sozialdemokraten übergehen? Heimerl sei "jung, aber nicht zu jung", bescheinigt ihm Unterbezirkschef und Bundestagskandidat Michael Schrodi.

Der Start erscheint vielversprechend. Im makellosen schwarzen Anzug, mit weißem Hemd, erklärt Heimerl, was er so alles vorhat. Das rotblonde Haar und der Bart sind sorgsam gestutzt. Um ihn herum dominiert die Farbe seines Einstecktuchs: rot. Rote SPD-Aufsteller, rote SPD-Fähnchen, rote SPD-Würfel, ein roter Karton für die Stimmzettel. Nur am Ende seiner rhetorisch ziemlich makellosen Rede wird Heimerl sich ausnahmsweise mit einer blauen Serviette den Schweiß von der Stirn wischen. Sollte Heimerl bei seinem ersten großen Auftritt nervös sein, dann lässt er es sich nicht anmerken. Er referiert ohne Manuskript und ohne Brüche und Stotterer, gestikuliert pointiert mit den Händen.

Das 23 Seiten dicke, grafisch aufwendig gestaltete Wahlprogramm unter dem Titel "Gemeinsam für Fürstenfeldbruck" hat Heimerl zuvor an die Pressevertreter verteilt, ergänzt um eine Kurzbiografie, die auch eine eigene Homepage sowie Dependancen in Facebook und Twitter ankündigt. Trotz seines jugendlichen Alters wirkt er wie ein echter Politprofi. Ein Politprofi mit zentralen Botschaft: Hier stehe ich, ich kann nicht anderes - und ich will auch gar nicht anders. Vor allem aber: Man muss in Bruck Neues wagen und gegen die Politikverdrossenheit angehen - und ich habe das drauf! Das deckt sich mit dem Eindruck aus dem Stadtrat: Startete Heimerl 2014 eher zurückhaltend und mit leisen Tönen, so ist der Referent für Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing nach seiner Beförderung zum Fraktionsvorsitzenden Ende 2015 immer selbstbewusster geworden und geht keinem Scharmützel mit dem CSU-Partei- und Fraktionschef Andreas Lohde mehr aus dem Weg.

Herbert Kränzlein spricht von zwei Herzen, die in seiner Brust schlagen. Werde Heimerl an die Spitze der Stadt gewählt, dann stünde der Landtagsabgeordnete ohne den "vielseitigen" Büroleiter da, dessen Arbeit er in gut drei Jahren schätzen gelernt hat und dem es trefflich gelinge, auch die Jugend anzusprechen. Der Job des wissenschaftlichen Assistenten ist der bislang letzte Meilenstein Heimerls. Noch vor dem 2008 absolvierten Abitur am Graf-Rasso-Gymnasium und dem Zivildienst beim Kreisjugendring begann seine politische Karriere: Vier Jahre lang, bis 2010, war er Vorsitzender des Stadtjugendrats. 2009 trat Heimerl in die SPD ein, studierte Geschichte, Soziologie, Politik und Wirtschaftswissenschaften. 2010 bis 2016 war er Vorsitzender des Kreisjugendrings und knüpfte hier ebenso Kontakte wie als Kreisvorsitzender der Jusos, SPD-Vorstandsmitglied und im Pfarrverbandsrat.

Stadtrat Axel Lämmle räumt ein, froh zu sein, diesmal einem anderen den kräftezehrenden Wahlkampf überlassen zu können. 2008 und 2014 war Lämmle selbst OB-Kandidat. "Wir helfen dir, wir werden es gemeinsam rocken, wir schaffen das", sagt er - im Bewusstsein, dass das eine rechte Ochsentour werden kann, Grabenkämpfe inklusive. Da passt Schrodis Bergmannsgruß. "Glückauf", sagt er.

Einer der Konkurrenten, mit denen es der SPD-Kandidat nun zu tun bekommt, macht von dem historischen Augenblick, als sich Heimerl übers Ergebnis freut, ein Selfie: Der parteifreie Stadtrat Florian Weber, der als nicht stimmberechtigter Gast gekommen ist und für die satirisch angehauchte Partei Die Partei antreten will. Er hat mit dem SPD-Fraktionschef im Stadtrat das eine oder andere Mal recht reibungslos zusammengearbeitet. Von seiner Seite jedenfalls sind keine unterirdischen Wahlkampfattacken zu erwarten.

© SZ vom 24.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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