Fürstenfeldbruck:Hofcafé auf Sponsoren angewiesen

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Das Jobcenter kürzt die Zuschüsse für das kleine Lokal, in dem psychisch Kranke auf den Arbeitsmarkt vorbereitet werden.

Stefan Salger

Das von der Caritas betreute Hofcafé im Uhlhaus an der Schöngeisinger Straße geht einer ungewissen Zukunft entgegen. Nachdem das Jobcenter angekündigt hat, rund ein Drittel der Zuschüsse zu streichen, müssen die Verantwortlichen nach anderen Geldgebern suchen und sparen.

Das Hofcafé ist ein im Landkreis einzigartiges Projekt. Sechs chronisch psychisch kranke Menschen kochen und bedienen in dem kleinen Gastraum und bieten einen günstigen Mittagstisch an, von dem auch Gäste mit niedrigem Einkommen profitieren. Ihnen stehen eine Gastronomiefachkraft und halbtags eine Sozialpädagogin zur Seite. In der Regel ein Jahr lang sollen die Langzeitarbeitslosen fit gemacht werden für den Arbeitsmarkt. Sie organisieren, kaufen ein und bedienen. Ein wichtiges Ziel ist es, wieder Struktur ins Leben zu bringen sowie Selbstvertrauen zu gewinnen. Der Löwenanteil des Projekts wird vom Jobcenter finanziert.

Nachdem dieses im laufenden Jahr die Zuschüsse deutlich kürzen und die Arbeitsplätze im Hofcafé auch nicht mehr für chronisch Erkrankte reservieren will, warnt der Vorsitzende der psychosozialen Arbeitsgemeinschaft Fürstenfeldbruck, der Mediziner Gerhard Liebs, vor dem möglichen Aus. "Sollte die Förderung wie geplant gekürzt werden, ist die seit dreieinhalb Jahren bestehende Möglichkeit der Belastungserprobung und Wiedereingliederung chronisch psychisch Kranker ins Arbeitsleben in Frage gestellt", schreibt er.

In dem von Arbeitsagentur und Landkreis getragenen Jobcenter war am Donnerstag niemand erreichbar, der die Mittelkürzungen hätte begründen können. Axel Hirschmann, Leiter des sozialpsychiatrischen Dienstes der Caritas, bestätigte eine entsprechende Nachricht des Jobcenters. Er hält die Kürzungen für gravierend, zumindest im laufenden Jahr den Bestand der Einrichtung aber nicht für akut gefährdet-"auch wenn alles noch auf tönernen Füßen steht". Die Caritas will nun nach Sponsoren sowie Einsparmöglichkeiten suchen.

Die Essens- und Getränkepreise wurden bereits angehoben. Hirschmann zufolge gab es deshalb bereits negative Rückmeldungen von Gästen mit geringem Einkommen. Bislang lag der Preis für ein Mittagessen meist zwischen 3,30 und 3,80 Euro, künftig sind es zwischen 3,80 und 4,50 Euro. Rund 92000 Euro wird der Betrieb des Hofcafés dieses Jahr kosten, das Jobcenter aber wird wohl weniger als 65000 Euro beisteuern. 25000 Euro werden voraussichtlich durch den Verkauf von Mittagessen, Getränken sowie Kaffee und Kuchen in dem werktags von 9 bis 16 Uhr geöffneten Café erlöst.

Hirschmann will unbedingt an dem Angebot festhalten. Schließlich haben chronisch psychisch kranke Menschen ansonsten kaum Möglichkeiten, an den Arbeitsmarkt herangeführt zu werden. Das Hofcafé ist ohnehin das einzige Projekt im Landkreis, in dem dies versucht wird-angesichts von rund 300 bis 500 Erkrankten nicht viel. Hirschmann würde sich mindestens 30 bis 50 solcher Plätze wünschen. Fürstenfeldbruck ist bislang einer der ganz wenigen Landkreise in Bayern, in denen der Bezirk keine Zuverdienstarbeitsplätze bezuschusst. Das Jobcenter will diese Aufgabe offenbar nur noch bedingt übernehmen, weil es ihm zu lange dauert, bis die Hartz-IV-Empfänger sich um reguläre Jobs bewerben können.

Nach Ansicht der Caritas sollte eine zu schnelle Vermittlung aber nicht überbewertet werden: Klienten müssten zunächst "stabil werden" und eine Perspektive finden. "Wenn sie zwölf Monate durchhalten, ist das bei Menschen, die zuvor fünf oder sogar zehn Jahre arbeitslos waren, schon ein großer Erfolg", sagt Sozialpädagogin Susanne Thaler. Und die Basis für den Berufseinstieg. Thaler führt als Beispiel den Familienvater Mitte 20 an, der von der damaligen Arge, dem heutigen Jobcenter, geschickt worden war. Dieser war psychisch angeschlagen und kaum belastbar. Beim Kochen sei er aber buchstäblich auf den Geschmack gekommen und habe Bestätigung durch die Gäste erhalten. Nach zehn Monaten fand der Mann dann eine Anstellung in der Gastronomie.

© SZ vom 04.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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