Fürstenfeldbruck:Himmelsfreuden

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Der Philharmonische Chor Fürstenfeld kann seine Stärken im Opernrepertoire bei der Aufführung gut ausspielen. (Foto: Lukas Barth)

Dankbare Zuhörer bei Rossini-Messe

Von KLAUS MOHR, Fürstenfeldbruck

Der Glaube an Gott ist eine sehr individuelle Angelegenheit. Das gilt auch für Komponisten, die geistliche Werke schreiben. Dabei stehen sie in einer jahrhundertelangen Tradition, die sie mit ihren eigenen Glaubenserfahrungen kombinieren müssen. Auch Gioacchino Rossini, dessen "Petite Messe Solennelle" als Werk seiner letzten Lebensjahre entstand, ist immer wieder in die Kritik geraten ist, weil die musikalische Umsetzung nicht den gängigen Erwartungen an Kirchenmusik entsprach.

Man muss Rossini jedoch zubilligen, dass er all seine Kunstfertigkeit in diese Messe eingebracht hat, so wie auch Bach oder Mozart ihre geistliche Musik an ihrem musikalischen Horizont ausgerichtet haben. Kuriosum der "Petite Messe Solennelle" ist ihre Instrumentalbesetzung, die in der Urfassung aus zwei Klavieren und Harmonium besteht. Das hat mit dem Platz in der Kapelle bei der Uraufführung zu tun, weshalb auch der Chor nur sehr klein besetzt war. Eine Orchesterfassung entstand im Anschluss und wurde erst nach Rossinis Tod uraufgeführt.

Am Sonntag brachte der Philharmonische Chor Fürstenfeld nach coronabedingter Zwangspause die "Petite Messe Solennelle" unter seinem Dirigenten Andreas Obermayer im Stadtsaal zur Aufführung. Als Solisten waren Judith Spießer (Sopran), Theresa Holzhauser (Alt), Byoung Nam Stefano Hwang (Tenor) und Matthias Winckhler (Bass) zu hören, an den Klavieren musizierten Barbara Scherbel und I-Chen Lo, am Harmonium Anne Horsch.

Vielleicht kann man sich die Freuden des Himmels plastischer vorstellen, wenn man die Fuge "Cum Sancto Spiritu" als Schlussabschnitt des "Gloria" in Rossinis Vertonung mit allen Sinnen wahrnimmt. Die knapp siebzig Sängerinnen und Sänger des Chores vermittelten mit Kraft und Schwung ein veritables Bild des himmlischen Jerusalem. Sie fanden in angemessenem Tempo und stimmlicher Leichtigkeit den Ausgleich zwischen zielgerichteten Legatobögen und federnder Artikulation. Nicht zufällig hat der Philharmonische Chor Fürstenfeld seine großen Stärken im Opernrepertoire, er konnte diese hier ausgezeichnet ausspielen. Die Instrumentation unterstützte den Gestus insofern ideal, als der leicht perkussive Klavierton die Vitalität des Klangs beflügelte, während das Harmonium als klangliches Kontinuum einen verlässlichen Boden bereitete.

Dem heiteren Überschwang des "Cum Sancto Spiritu" setzte Rossini eine Reihe an eher intimen und kammermusikalischen Nummern entgegen. Besonders innig gelang das "Crucifixus", in dem Judith Spießer ganz weich und in zarter Dynamik eindrucksvoll den Blick auf den Gekreuzigten richtete. Geborgen fühlte sich der Zuhörer im "Quoniam"-Abschnitt, den Matthias Winckhler mit machtvollem, aber auch sehr flexiblem Bass gestaltete. Dadurch arbeitete er den liedhaften Gestus gut heraus. Das "Domine Deus", von Rossini als Bravourarie für Tenor komponiert, gelang Byoung Nam Stefano Hwang nicht auf gleichem Niveau. Seinem metallenen Stimmideal fehlte etwas die präsente Anbindung an den Körperklang. Theresa Holzhauser überhöhte den Schlussabschnitt "Agnus Dei" mit ihrer warmen und im Legato besonders schön leuchtenden Altstimme.

Sensibel gelang dem Chor das Eingangs-"Kyrie", zielstrebig im Spannungsverlauf und den darauf beruhenden dynamischen Schattierungen. Im "Sanctus" alternierten Chor und Vokalsolisten und ergänzten sich im dialogischen Frage- und Antwortspiel. Leider waren zu den zwei Konzerten bei weitem nicht so viele Zuhörer gekommen wie auf einmal im Saal Platz gefunden hätten. Dadurch aber hatte der Chor die Möglichkeit, das Klangerlebnis Chor gleich doppelt zu erfahren, quasi als Ausgleich für die lange Abstinenz. Am Schluss gab es sehr dankbaren Applaus.

© SZ vom 06.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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