Fürstenfeldbruck:Hilfe in seelischer Not

Lesezeit: 2 min

Von links: Josef Mederer, Petra Bachmaier, Nicolay Marstrander, Monika Fußeder und Alexandra Gorges. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Menschen in akuten Krisen können sich über eine Telefon-Hotline Hilfe holen - seit Kurzem Tag und Nacht, auch am Wochenende. Wenn nötig, kommt die Unterstützung sogar nach Hause

Von Ingrid Hügenell, Fürstenfeldbruck

Zuweilen geraten Menschen plötzlich in eine seelische Krise - zum Beispiel wegen des Todes eines Angehörigen, einer Trennung oder einer anderen belastenden Situation. Wer dann Hilfe sucht, kann sie in den Landkreisen Fürstenfeldbruck und Dachau wie in ganz Oberbayern über den Krisendienst Psychiatrie bekommen. Die Soforthilfe besteht aus einer mit Fachkräften besetzten Telefon-Hotline und mobilen Diensten in den Landkreisen, die im Notfall die Menschen auch zuhause aufsuchen und ihnen helfen. Seit einigen Wochen geht das an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr. Die mobilen Dienste werden vom Sozialpsychiatrischen Dienst Fürstenfeldbruck der Caritas organisiert, der gesamte Krisendienst ist ein Projekt des Bezirks Oberbayern und wird von diesem weitgehend finanziert.

7,4 Millionen Euro investiert der Bezirk jährlich in das Programm, das der Prävention dient. So sollen unnötige Aufenthalte in psychiatrischen Kliniken und vor allem Zwangseinweisungen vermieden werden, die für die Betroffenen sehr belastend seien, wie Bezirkstagspräsident Josef Mederer am Donnerstag bei einem Pressegespräch erklärte.

"Hinter jedem Anruf steckt ein Mensch, der ein Problem hat. Jeder Fall ist ein Schicksal." In Oberbayern hätten 2017 20 000 Menschen unter 01806/6553000 beim Krisendienst angerufen, 230 aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck, 178 aus Dachau. Mederer zufolge seien die Anrufer in akuten Krisen, litten unter Angst- und Panikstörungen oder an schweren Depressionen. Besonders erschütterten ihn die Anrufer, die Suizidgedanken hätten, sagte Mederer. Vielen könne schon am Telefon geholfen werden, durch das Verständnis, das ihnen entgegengebracht werde, aber auch durch Hilfestellungen wie die Vermittlung eines ersten Termins bei einem Arzt oder Therapeuten.

Anrufen können nicht nur Betroffene, sondern auch Angehörige, Freunde oder Kollegen. Seit Anfang des Jahres arbeitet der Krisendienst mit der Heckscher-Klinik zusammen und kann so auch Kindern und Jugendlichen helfen. Schon das Wissen um das Angebot sei für viele hilfreich, sagte Mederer.

Die Telefone sind mit Psychologen, Sozialpädagogen, Fachkrankenschwestern oder -pflegern besetzt, die eine entsprechende Zusatzausbildung haben. Alle sind angestellt. "Wir haben ausreichend Zeit, hören und alles an und schätzen dann ein, welche Hilfe der Anrufen braucht", erklärte Dr. Petra Bachmaier, die stellvertretende Leiterin des Krisendienstes im Münchner Atriumhaus. Sie vermitteln Beratungstermine, etwa beim Sozialpsychiatrischen Dienst oder bei der Ambulanz einer Klinik. Im Notfall könnten innerhalb einer Stunde Krisenhelfer vor Ort sein. Von Montag bis Freitag kommen tagsüber Mitarbeiter des Sozialpsychiatrischen Diensts (SPDi). Es handle sich ebenfalls um Psychologen, Sozialpädagogen oder Fachkrankenpfleger, die immer zu zweit unterwegs seien, erklärte Monika Fußeder, die Leiterin des SPDi. "Die Einsätze dauern zwei bis sechs Stunden", berichtete sie. Betroffene könnten auch zum SPDi im Haus der Caritas in Fürstenfeldbruck kommen und sich dort beraten lassen. "Eine Versorgungslücke wurde geschlossen", sagte Fußeder. "Davon profitieren unsere Klienten."

An den Abenden, Wochenenden und an Feiertagen (AWF) werden in zwölf Landkreisen, darunter Fürstenfeldbruck und Dachau, AWF-Teams eingesetzt, deren 275 Mitarbeiter bei einer eigenen, gemeinnützigen GmbH angestellt sind. Sie können oft schwierige Situationen vor Ort besser einschätzen als am Telefon und die jeweils passende Hilfe anbieten. So sollen Behandlungen in einer psychiatrischen Klinik vermieden werden, "wenn die ambulanten Angebote nachhaltiger und schonender für den Betroffenen sind", erklärte Alexandra Gorges, die Leiterin der AWF-Teams. Der Krisendienst kooperiert aber natürlich auch mit der Psychiatrischen Klinik in Fürstenfeldbruck. Deren Chefarzt Dr. Nicolay Marstrander versprach: "Wenn medizinisch-psychiatrische Hilfe gebraucht wird, stehen wir zur Verfügung."

Krisendienst Psychiatrie, Telefonnummer 01806/553000, täglich 0 bis 24 Uhr. Es entstehen außer den Gebühren für den Anruf keine Kosten. Der Anruf kostet 20 Cent aus dem Festnetz und maximal 60 Cent per Mobilfunk.

© SZ vom 12.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: