Fürstenfeldbruck:Hilfe an der Schwelle zwischen Schule und Beruf

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22 Paten unterstützen im Auftrag des Rotary Clubs etwa 150 Kinder der Fürstenfeldbrucker Mittelschule-West bei der Lehrstellensuche

Von Manfred Amann

Fürstenfeldbruck - Wenn Ende Juli das Schuljahr endet, beginnt für viele Schulabgänger ein neuer Lebensabschnitt: die Lehre. Egal ob Abitur, Mittlere Reife oder Hauptschulabschluss - lange vorher müssen sich die Heranwachsenden darüber klar werden, welchen Beruf sie einmal ausüben wollen. Besonders schwer haben es die Hauptschüler, denn die ständig steigenden Anforderungen, die Konkurrenz durch Schulabgänger mit höherem Bildungsabschluss und auch die hohen Erwartungen der Firmenchefs hinsichtlich sozialer Kompetenzen bilden oft eine Hürde. Der Rotary Club Fürstenfeldbruck beobachtet diese Entwicklung mit Besorgnis und startete deshalb 2008 an der Mittelschule West in Fürstenfeldbruck ein Projekt, das Hauptschüler bei der Lehrstellensuche helfen soll. Parallel zu den staatlich veranlassten schulischen Maßnahmen zur Befähigung junger Menschen, ihr Grundrecht auf freie Wahl von Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte bewusst wahrzunehmen, begleiten mehr als 20 Rotarier, die aus unterschiedlichen Berufen kommen und sich bis auf einige wenige noch Aktive bereits im Ruhestand befinden, Schüler von der siebten Klasse an bis zum Ausscheiden als Paten und bereiten sie auf das Berufsleben vor. "Berufsorientierung und -vorbereitung haben an unserer Schule einen besonders hohen Stellenwert, daher sind wir sehr froh, dass uns die Rotarier so vorbildlich unterstützen", lobte Rektor Anton Hirsch bei einem Pressegespräch, bei dem die Projektleiter Willi Schüler und Hartwig Meyer über das Projekt berichteten. Und auch von den Schülern kommen positive Rückmeldungen. In einer Meinungsumfrage bewerteten zum Beispiel die Achtklässler die Arbeit der Paten mit Einsernoten und haben sich zu 99 Prozent für eine Rückkehr der Rotarier ausgesprochen. "Und Spaß machte es auch allen, denn wir bieten Abwechslung und gehen im Rahmen unserer Möglichkeiten auf alles ein, was die Schüler bedrückt", versicherte ein Rotarier.

Die Jugendlichen würden grundsätzlich mit "Sie" angesprochen, was diese als Wertschätzung empfänden, und man komme stets mit Sakko und Schlips, der Vorbildwirkung wegen. Das Motto laute "Hilfe zur Selbsthilfe", erklärte Meyer, "wir begleiten mit unserer Erfahrung die Jugendlichen auf ihrem Weg zur Berufswahl oder zu einer weiterführende Schulausbildung und in die Berufswelt". Es komme immer wieder vor, dass Schüler sich während der dreijährigen Begleitphase umorientieren, zum Beispiel nach einem Praktikum, weil sie merkten, dass ihr Wunschberuf doch nicht der richtige sei. Bei manchen reife auch die Selbsterkenntnis, durchaus die Anlagen für einen höheren Schulabschluss zu besitzen. Von 38 Schülern einer Abschlussklasse hätten zehn nach den zwei Praktika im April vergangenen Jahres eingeräumt, dass sich ihr Berufswunsch geändert habe. Die Paten erklären in Gesprächen quasi authentisch, wie Wirtschaft funktioniert und was den Azubi im Berufsleben erwartet. Die jeweilige Entwicklung der Person wird gefördert und es wird in Gesprächen herausgearbeitet, wo die individuellen Stärken liegen, um diese bezogen auf mögliche Berufsbilder zu fördern. Ganz wichtig ist den ehrenamtlich aktiven Rotariern, den Schülern Umgangsformen zu vermitteln, wie man zum Beispiel seinem Chef oder Lehrherren gegenübertritt, warum Pünktlichkeit und Teamfähigkeit wichtig sind, oder welche Einstellung zur Arbeit Vorgesetzte voraussetzen. Wichtig sei, das Selbstbewusstsein der Schüler zu Stärken und ihnen klar zu machen, wie bedeutsam gute Noten, erfolgreiche Praktika und ein angemessenes persönliches Auftreten sind. Trainiert werden das freie Reden und das sachliche Diskutieren, es wird über aktuelle Ereignisse in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gesprochen, um das Allgemeinwissen zu verbessern, in Rollenspielen wird das Verhalten beim Bewerbungsgespräch geübt oder wie man sich in einem Betrieb vorstellt und wie man sich in Einzelgesprächen behauptet. Manchmal wird auch ein Ausbildungsplatz vermittelt. Zum Abschluss bekommen die Absolventen eine Urkunde, die ihre Teilnahme an dem Patenschaftsprojekt belegt. Manch potenzieller Lehrherr habe die Teilnahme schon positiv zugunsten eines Bewerbers gewertet, wusste Projektleiter Schüler. Im Gespräch mit den Klassenlehrern wurde deutlich, dass die Hilfestellung der Paten, die von den Schülern oft als Freunde betrachtet werden, vieles von dem wett macht, was im Zuge der schulischen Ausbildung mangels Zeit und auch Erfahrung auf der Strecke bleiben muss. Die 22 Paten sind laut Meyer 21 Mal im Jahr jeweils vier Stunden an der Schule. Insgesamt werden so von jedem aktiven Rotarier 80 ehrenamtliche Stunden geleistet, insgesamt 1700 Stunden für rund 150 Kinder. Und das Projekt wird weitergeführt, damit auch zukünftig die Schulabgänger der Hautschule Fürstenfeldbruck-West sagen können: "Die Rotarier haben mir den Übergang in den neuen Lebensabschnitt wesentlich erleichtert.

© SZ vom 22.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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