Fürstenfeldbruck:Hausaufgaben für Flüchtlinge

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Während Subhan, Noman und Jin im Allinger Bürgerhaus etwas irritiert mit Legosteinen spielen, erhalten deren Eltern Informationstaschen. (Foto: Günther Reger)

Das Landratsamt verteilt zur besseren Integration Taschen mit Informationsmaterial an Asylbewerber. Vorbild ist das Paket für Neubürger

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

"Herzlich willkommen im Landkreis Fürstenfeldbruck" und "gut gelandet!": Das steht auf der weißblauen Einkaufstasche mit aufgedrucktem Alpenpanorama, Badesee, Segelboot, Luftballons und gelben Quietschenten. Verteilt werde diese Taschen seit Mittwoch an alle Asylbewerber, für deren Unterbringung und Betreuung der Landkreis zuständig ist. Auch wenn dieses Geschenk neben einem Buch süße Gummibärchen enthält, ist es weit mehr als der übliche Willkommensgruß für neue Nachbarn und Mitbürger. Die Tasche ist nämlich gefüllt mit Materialen und mehrfarbige Flugblättern mit nützlichen Hinweisen in mehreren Sprachen, die den Flüchtlingen das Leben in Deutschland erklären und damit deren Integration erleichtern soll.

Es geht also auch um so etwas wie Hausaufgaben, die den neuen Landkreisbewohnern auf den Weg mitgegeben werden. So appellierte denn auch Birgit Baindl vom Ausländeramt am Mittwoch im Bürgerhaus von Alling bei der offiziellen Übergabe der ersten Informationstaschen eindringlich an fast alle der 63 in Alling lebenden Asylbewerber, am nächsten Tag ja zum Deutschkurs zu kommen und den Inhalt der Taschen zum Unterricht mitzubringen. Dort soll nämlich damit begonnen werden, mit den Unterlagen zu arbeiten. Für jeden, der mit den hiesigen Verhältnissen vertraut ist, ist auf einen Blick klar, was beispielsweise mit einem Bild gemeint ist, das ein offenes Fenster und einen darunter stehenden Heizkörper mit einem Kreuz zeigt. Man soll nicht bei einem offenen Fenster heizen, weil das eine Verschwendung von Ressourcen ist. Solche Selbstverständlichkeiten, zu denen es auch gehört, einen laufenden Wasserhahn beim Verlassen des Badezimmers zu schließen, müssen viele Asylbewerber nämlich erst lernen. Informiert wird aber auch über Verkehrsregeln, den öffentlichen Nahverkehr, Umgangsformen und Regeln, die im gesellschaftlichen Zusammenleben gelten. Im Fokus stehen diejenigen, die noch keinen Integrationskurs besuchen.

Die Taschen sind Teil des Pilotprojekts vom Ausländeramt: "Ankommen und verstehen", das Baindl mitinitiierte. Wie Baindl berichtete, falle in den Unterkünften immer wieder auf, dass Schutzsuchende Deutschland als "Land des Überflusses" wahrnehmen. Zum Bild von einem solchen Schlaraffenland passe es nicht, Ressourcen zu schützen. Also mit Energie und Wasser sorgsam umzugehen und Abfall zu trennen, um die Wertstoffe zu recyceln. Laut Andreas Buchner, Asylkoordinator im Landratsamt, spielen diese Themen bei der Akzeptanz von Asylbewerbern in der Gesellschaft eine wichtige Rolle. Zum Auftakt in Alling verteilten noch Bürgermeister Frederik Röder (CSU), Buchner und Baindl die bunten Taschen. Vom Donnerstag an übernehmen diese Aufgabe besonders geschulte Flüchtlinge. Diese "Multiplikatoren" sind Asylbewerber, die ihre Landsleute und Mitbürger schon seit einiger Zeit bei der Mülltrennung um dem sparsamen Umgang mit Energie und Wasser in ihrer eigenen Sprache beraten. Vorbild für die Taschen ist das Informationspaket, mit dem seit 2015 Neubürger willkommen geheißen werden.

© SZ vom 15.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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