Fürstenfeldbruck:Hängepartie auf dem Fliegerhorst

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Die Tage der Brucker Offizierschule scheinen gezählt zu sein. 1977 ist der als "Blaues Palais" bekannte Gebäudekomplex bezogen worden. (Foto: Günther Reger)

Bruck rechnet nicht mehr damit, dass 2019 die Offizierschule umzieht und die Asyl-Erstaufnahmestelle geschlossen wird

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Der Umzug der Offizierschule nach Roth in Mittelfranken und die Räumung der im Süden des Fliegerhorsts liegenden Asyl-Erstaufnahmestelle könnten sich über 2019 hinaus um Jahre verzögern. Zudem hat angeblich eine Prüfung der sogenannten Shelterschleife im Westen des riesigen Militärareals ergeben, dass sie grundsätzlich geeignet wäre für die Unterbringung weiterer Flüchtlinge. Eine Bestätigung für diese Gerüchte, die in der Kreisstadt die Runde machen, gibt es bislang nicht. Doch Stadt und Politiker rechnen offenbar mit einem Stillstand bei den Planungen vor allem im südlichen Bereich des Fliegerhorsts.

Im nicht öffentlichen Teil der Stadtratssitzung am Dienstag justierten Stadtjurist Christian Kieser und Stadtplaner Markus Reize gemeinsam mit den Politikern eine Stunde lang die Leitlinien bei den Planungen nach. Erstes konkretes Ergebnis: Entgegen der ursprünglichen Absicht wird die Stadt nicht mit dem südlichen Teil des insgesamt 280 Fußballfelder großen Militärgeländes beginnen, sondern sich zunächst auf den Norden konzentrieren. Zudem wurden die Stadträte taktisch gebrieft für Verhandlungen mit der Nachbargemeinde. Denn der nördliche Teil des Fliegerhorsts liegt auf Maisacher Gebiet. Und dort, rund um die einstige Startbahn, sind Sportflächen, Trabrennbahn und Südumfahrung geplant. Ziel der Stadt ist es, Projekte zu verhindern, die aus Lärmschutzgründen eigene Planungen beispielsweise von Sportstätten durchkreuzen würden. Zudem soll eine Fußwegverbindung nach Maisach durchgesetzt werden.

Beinahe gebetsmühlenhaft betonen Vertreter der Luftwaffe und auch Brigadegeneral Bernhardt Schlaak unbeirrt, dass es bei 2019 bleiben soll. Dann soll die bundesweit einzige Offizierschule der Luftwaffe nach Roth ziehen und der Standort Bruck endgültig geschlossen werden. Ein Sprecher der Luftwaffe bekräftigte am Dienstag: "Uns ist nichts anderes bekannt."

Am Rande einer Besichtigung des sogenannten "Warteraums Asyl" für bis zu 5000 Flüchtlinge auf dem Erdinger Fliegerhorst wurde bekannt, dass mit den Bauarbeiten in Roth aber noch nicht einmal begonnen worden ist. Und weil auch in der mittelfränkischen Kaserne Asylbewerber untergebracht werden müssen, dürfte dort der Stillstand anhalten. Vor 2020 oder 2021 werde kaum etwas vorangehen, sagt ein Politiker, der nicht genannt werden will. Vielleicht werde ja auch ganz auf den Umzug verzichtet, weil der Bund die knappen Mittel lieber für die Bewältigung der Flüchtlingskrise und die Terrorbekämpfung verwenden wolle. Für die Stadt könnte "die Kaffeesatzleserei" (CSU-Fraktionsvorsitzender Andreas Lohde) über den möglichen Abzugstermin zu einer zweischneidigen Hängepartie werden. Einerseits haben Politiker aller Couleur immer wieder bekräftigt, wie gerne sie die Offizierschule behalten würden. Andererseits gibt es Begehrlichkeiten: So könnte das weitläufige "Blaue Palais" durchaus interessant sein für die eine oder andere zivile Hochschuleinrichtung. Zudem haben Stadt und Vereine längst ein Auge geworfen auf die bestens gepflegten Sportplätze und das Hallenbad.

Die zweite große Unwägbarkeit, die dem Traum von der Planung eines ganzen Musterstadtteils für um die 5000 Menschen am Reißbrett - mit Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Einkaufen in fußläufiger Entfernung - noch entgegensteht, ist die Erstaufnahmestelle für Asylbewerber. Im Oktober 2014 begann alles mit 180 Flüchtlingen, aktuell sind es etwa 1000 Menschen, die in der Asyl-Erstaufnahmestelle leben, und im nächsten Jahren werden es wohl 1600 sein. Vertraglich vereinbart ist mit der Regierung von Oberbayern, dass die Flüchtlingsunterkunft in der einstigen Luftkriegsschule am Südrand des Fliegerhorsts ebenfalls 2019 dichtgemacht wird. Dass dieses Datum in Stein gemeißelt ist, gilt als ebenso wahrscheinlich wie weiße Weihnachten. Klaus Wollenberg (FDP) hält deshalb den für 2016 geplanten und auf 300 000 Euro veranschlagten Ideenwettbewerb, der Konzepte für die zivile Konversion bringen soll, für verfrüht. In der öffentlichen Debatte wurde dies letztlich aber doch einstimmig beschlossen, um damit den Willen der Stadt zu dokumentieren und sich auch Mittel aus der Städtebauförderung zu reservieren.

© SZ vom 26.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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