Fürstenfeldbruck:Grummeln an der CSU-Basis

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Viele Politiker fordern eine inhaltliche und personelle Erneuerung nach dem Wahldebakel, scheuen aber eine offene Rücktrittsforderung an Seehofer

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

In der Kreis-CSU schwindet der Rückhalt für den Parteivorsitzenden, aber nur wenige fordern offen den Abgang von Horst Seehofer, so wie der Grafrather Ortsvorsitzende Gerhard Kurz. Viele CSU-Vertreter wollen, dass zuerst eine Regierung gebildet und auf einem Sonderparteitag das Wahldebakel gründlich analysiert wird. Dann könne man personelle Konsequenzen erwägen.

Seehofer habe sich "ungeschickt verhalten" und der Partei "geschadet", findet der Kreisvorsitzende und Landrat Thomas Karmasin. Die Flüchtlinge in den Vordergrund zu rücken sei ein taktischer Fehler gewesen, der dazu beigetragen habe, dass die CSU an AfD und Grüne Wähler verloren habe. Darüber hinaus sieht der Landrat tiefergehende Trends. Er verweist auf die Binnenwanderung. Es sei zwar nicht so, dass eingewanderte Preußen nie CSU wählten, aber "das Rustikale geht nicht mehr". Die Grünen würden ein bestimmtes Lebensgefühl besser ansprechen. Der Maisacher Bürgermeister Hans Seidl fordert eine innere Erneuerung. "Wir brauchen eine klare Analyse, was Personen, Programm und Verhaltensweisen im Umgang miteinander und die Wahrnehmung der dringendsten Probleme der Bürger betrifft."

Seidl will niemanden als Sündenbock abstrafen. "Einer allein macht so was nicht kaputt", sagt er. Man müsse analysieren, was sich gesellschaftlich verändere, warum gerade junge Leute die Grünen bevorzugen. "So kann es nicht weitergehen", sagt der Germeringer Ortsvorsitzende Oliver Simon, der Seehofer auch nicht zum Buhmann machen, sondern die vergangenen zweieinhalb Jahre aufarbeiten will. Am Ende stehen allerdings auch für Seidl und Simon personelle Konsequenzen. "Wir müssen neuen Kräften eine Chance und Raum geben, wir müssen an der Spitze in der Altersstruktur dynamischer werden", fordert Bürgermeister Seidl.

Noch deutlicher wird Emanuel Staffler, der Sprecher der Kreistagsfraktion: "Wollen wir die CSU wieder auf Kurs bringen, müssen wir uns auch personell neu aufstellen. Was uns in Teilen fehlt ist Führungspersonal, das unaufgeregt und menschlich nahbar an Themen herangeht." Staffler möchte junge, frische Gesichter und die CSU müsse aufhören, "hochkompetente Minister wie etwa Marcel Huber thematisch gefühlt zu verstecken".

"Wer den Hut auf hat, bei dem liegt ein Großteil der Verantwortung", sagt Maximilian Gigl, der Vorsitzende des Ortsverbands Olching. Mehr möcht er zur Personalfrage nicht sagen. "Warten wir die Regierungsbildung ab, dann braucht es eine Analyse von A bis Z mit offenem Ausgang." Der Brucker Orts- und Fraktionsvorsitzende Andreas Lohde akzeptiert zwar, dass die CSU handlungsfähig für die Koalitionsgespräche sein muss, fürchtet aber, dass "die Pflöcke schon eingeschlagen" sind, was das Personal betrifft. Er wünscht sich, dass Leute wie Umweltminister Huber oder Entwicklungsminister Gerd Müller eine wichtigere Rolle einnehmen. Zur Wahlniederlage braucht es seiner Meinung nach keine tiefschürfende Analyse. "Die Sachverhalte liegen auf der Hand." Lohde kritisiert eine "Verrohung der Sprache", die vielen ablehnten, und plädiert dafür andere Themen, etwa Umweltschutz, in den Fokus zu rücken.

Gerald Kurz hat sich seit längerem als Kritiker von Horst Seehofer und Alexander Dobrindt, dem Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, profiliert. Deren "populistischen Rechtsruck" hält er für falsch, denn Wahlen gewinne man in der Mitte. Der Grafrather Ortsvorsitzende fordert eine Zäsur, den "schnellstmöglichen Rücktritt von Seehofer". Dass erst eine neue Regierung gebildet werden müsse, hält Kurz für einen Vorwand. Nach der Niederlage 2008 seien auch zuerst Ministerpräsident Günter Beckstein und der Parteivorsitzender Erwin Huber zurückgetreten, bevor die Koalition mit der FDP geschlossen wurde. Auf diesen Präzedenzfall angesprochen meinte Landrat Karmasin: "Beckstein und Huber haben nicht gut agiert."

Während Kurz schätzt, dass 90 Prozent der Basis den Parteivorsitzenden los haben wollen, gibt es auch andere Stimmen. Zwar hat Andreas Keefer im Wahlkampf erlebt, dass sich Bürger vor allem wegen bundespolitischer Themen aufregten, sieht aber keinen Grund für einen Wechsel. "Seehofer hat einen hervorragenden Job gemacht", findet der Vorsitzende des Gröbenzeller Ortsverbands. In der Gartenstadt büßte die CSU mehr als dreizehn Prozent der Zweitstimmen ein.

© SZ vom 18.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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