Fürstenfeldbruck:"Goldesel" auf der Anklagebank

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25-Jähriger wird wegen Sachbeschädigung zu Geldstrafe verurteilt. Hintergrund ist die seltsame Beziehung zu zwei Frauen

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Wenn Gefühle im Spiel sind, schaltet der Verstand bisweilen aus. So war es auch bei einem 25-jährigen Münchner. Als er im Januar von seiner Flamme wieder einmal versetzt wurde, schmiss er vor Wut ein Kellerfenster der Dominikus-Ringeisen-Werke in Gernlinden ein. Die 24-Jährige und ihre Zwillingsschwester leben in dem Wohnheim für geistig und mehrfach Behinderte. Die Tat war in doppelter Hinsicht dumm, da der junge Mann nicht nur eine Straftat beging, sondern auch noch zwei offene Bewährungsstrafen hat. Als er nun wegen der Sachbeschädigung vor dem Amtsgericht Fürstenfeldbruck sitzt, geht es für ihn also um viel. Doch der Richter hat Erbarmen. "Es war alles überlagert vom Hormonstau", sagt er und verhängt 1500 Euro Geldstrafe.

Der Angeklagte und die Schwestern kennen sich mehrere Jahre. Wie die Aussage des Angeklagten offenbart, spielt Geld in dem Verhältnis eine große Rolle. Der junge Mann lädt die Schwestern ein, kauft Geschenke, gibt Bargeld. Eine der Schwestern favorisiert er dabei. Am Abend, als er das Fenster mit einem Stein einwarf, war er allerdings mit der anderen Schwester verabredet. Sie habe ihn wieder weggeschickt und er sei sauer geworden, da er ihr auch wieder etliche Sachen gekauft hatte. Letztlich habe er einen Stein aufgehoben und ohne groß nachzudenken in die Scheibe geworfen, räumt er ein. Auch, dass er von dem Hausverbot gegen ihn wusste. Wie sich herausstellt, hatte er vor dem Wurf noch eine Stunde vor der Tür des Wohnheims in Gernlinden mit seiner Verabredung per Whatsapp gechattet. Dabei bot er ihr mal 50, mal 500 Euro, wenn sie ihm ein Foto - vermutlich ein Nacktfoto - von sich geben würde.

"Der Angeklagte will mehr von meiner Schwester, er liebt sie auch. Sie will nur sein Geld, er macht ihr auch große Geschenke", berichtet die Schwester, die am Tattag mit dem Münchner verabredet war. Sie bestätigt, ihn wieder weggeschickt und davor 50 Euro von ihm bekommen zu haben. "Er hat für die 50 Euro Bilder von mir", sagt sie knapp. Doch im weiteren Verlauf lässt sie offen, ob das nun an diesem Tag oder überhaupt irgendwann geschehen ist. Sie erklärt, nicht mitbekommen zu haben, wie der 25-Jährige das Kellerfenster einwarf.

"Die Frau sieht Sie als Goldesel", wendet sich Richter Johann Steigmayer danach an den Angeklagten. "Sie erwarten sich da was, das werden Sie nicht bekommen. Selbst die Schwester hat das schon kapiert." Der Münchner erklärt, seit zwei Wochen keinen Kontakt mehr zu den Schwestern zu haben. Er berichtet, vor der Hauptschule wegen einer Sprachstörung die Förderschule besucht zu haben. Bis vor Kurzem hat er in einem Gartenfachgeschäft gearbeitet, aber wegen Problemen mit Kollegen gekündigt. Der 25-Jährige hat einige Vorstrafen, im September 2016 wurde er wegen Körperverletzung zu sieben Monaten auf Bewährung verurteilt. Damals hatte er eine der Schwestern getreten.

Wegen dieser und einer zweiten offenen Bewährungsstrafe beantragt die Staatsanwältin acht Monate Haft. Sie rügt den schnellen Rückfall. Der Verteidiger führt die Emotionen ins Feld. Der Angeklagte habe die Tat "spontan, in Wut" begangen, "das ist nicht der klassische Fall, in dem jemand eine Scheibe einschmeißt". Er bittet, es bei einer Geldstrafe zu belassen. Der Vorsitzende folgt dem Antrag, er verhängt wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch 100 Tagessätze zu je 50 Euro. Auch er argumentiert mit Emotionen - und Hormonen. Und verdeutlicht dem Angeklagten, dass mit einer Haftstrafe auch die anderen offenen Bewährungen widerrufen worden wären. Auf einen Schlag wäre er dann für etwa zwei Jahre inhaftiert worden. Der Münchner wirkt beeindruckt. Bleibt zu hoffen, dass er auch entsprechend handelt.

© SZ vom 14.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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