Fürstenfeldbruck/Germering:Raumluftfilter fallen durch

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Luftreiniger im Klassenzimmer: In der Philipp-Weiß-Schule steht eines der Geräte, die die Stadt Fürstenfeldbruck getestet hat. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Stadträte von Fürstenfeldbruck und Germering lehnen mit Verweis auf Experten einen Einsatz der Geräte in Schulen ab. Die technische Entwicklung soll weiterhin beobachtet werden

Von Andreas Ostermeier und Stefan Salger, Fürstenfeldbruck/Germering

Um Unterrichtsräume zu lüften, bleibt Schülern und Lehrern auch weiterhin nur das Öffnen von Fenstern - auch bei Minusgraden. Raumluftgeräte aufzustellen, das lehnen die Kommunalpolitiker von Fürstenfeldbruck und Germering ab. Andreas Robrecht von der Stadt Germering verweist auf das Umweltbundesamt. Die Behörde halte die Geräte nicht für besser als normales Lüften, sagt er. Georg Huber von der Brucker Stadtverwaltung sagt, die Schulen hätten bemängelt, dass vor allem die kleineren Geräte zu laut seien für den Unterricht. Für den dauerhaften Einsatz könne man "keines der Geräte empfehlen". Und der Brucker CSU-Fraktionschef Andreas Lohde, selbst Lehrer, sieht sogar die Gefahr, Luftfiltergeräte könnten eine trügerische Sicherheit suggerieren, denn eng werde es häufig in Pausen, im Treppenhaus oder auf den Gängen in einem Schulhaus. Dort aber würden keine Luftfilter aufgestellt. Die Kreisstadt hat eine Vielzahl von Modellen im Alltagsbetrieb getestet. Oberbürgermeister Erich Raff verwies auf ähnliche Erfahrungen in Olching. Dort wird ebenfalls vorerst aus eine Anschaffung verzichtet. Auch mit dem Bürgermeister von Oberschleißheim stehe er in der Sache in Kontakt, sagt Raff.

Die Kommunen lehnen auch ab, weil sie die Anschaffung der Geräte allein bezahlen müssten. Staatliche Zuschüsse gibt es nur, wenn sich Räume nicht oder nur unzureichend auf übliche Weise lüften lassen. Eine Bestandsaufnahme in den Grund- und Mittelschulen von Germering hat aber laut Bauamt ergeben, dass die Anweisungen des Kultusministeriums zum Lüften in nahezu sämtlichen Schulräumen umsetzbar seien. Aus dem Brucker Stadtrat heißt es zudem, die sehr teure Ausstattung aller Klassenzimmer mit Geräten zum Stückpreis von um die 3500 Euro sei gar nicht wirkungsvoll, wenn die Schulen, wie derzeit, für den Unterricht komplett geschlossen sind.

Der Brucker Stadtrat Mirko Pötzsch (SPD), der die Prüfung einer Anschaffung beantragt hatte, hält eine Installation weiterhin für sinnvoll - denn auch nach dem Ende des gegenwärtigen Lockdowns sei eine gute Durchlüftung nicht in allen Klassenzimmern möglich. Der Stadtverwaltung gab er die dringende Bitte mit auf den Weg, die Angelegenheit weiter im Auge zu behalten. Auch Alexa Zierl (ÖDP) verwies auf positive Untersuchungsergebnisse in Neubiberg und mahnte: "Es geht auch um unsere Grundschulkinder." Ähnlich wie in Bruck will auch der Germeringer SPD-Stadtrat Daniel Liebetruth, dass die Verwaltung die Luftfilter nicht ganz aus den Augen verliert. Liebetruth ist selbst Lehrer und hat beantragt, den Kauf von Raumluftgeräten zu prüfen. Robrecht sagt zu, die Entwicklung zu verfolgen. Er bekomme ständig Prospekte und Herstellerinformationen auf den Tisch, in denen es um neue Luftfilter gehe. "Wir beobachten weiter", verspricht er.

Über das Beobachten hinausgekommen ist die Stadt Germering bei den CO₂-Ampeln. Von diesen werden etwa 100 Geräte für Klassenzimmer, aber auch Räume in Kindertagesstätten angeschafft. Diese Geräte zeigen in drei Lichtphasen an, wie verbraucht die Luft in einem Raum ist. Spätestens wenn sie rot leuchten, sollten die Fenster geöffnet werden, um frische Luft hereinzulassen. Für die Anschaffung der CO₂-Ampeln erhält Germering eine staatliche Unterstützung von 14 000 Euro. Auch die Stadt Olching stattet ihre Grund- und Mittelschulen sowie die Kindertagesstätten mit mehr als 100 solcher Ampeln aus.

Die Ablehnung von Luftfiltern kritisiert der Germeringer Lehrer Klaus-Dieter Schiffauer. Das ständige Lüften, vor allem in der kalten Jahreszeit, nennt er ein "Unding". Seinen Worten nach stört dies den Unterricht. Schiffauer äußerte sich zu Beginn der Sitzung des Stadtrats, wenn die Bürger das Wort haben. Liebetruth zitiert in diesem Zusammenhang den neusten Rahmenhygieneplan. Diesem zufolge sollen alle 20 Minuten die Fenster fünf Minuten geöffnet werden. Auch der Brucker Stadtrat Markus Droth (Freie Wähler) ist nicht zufrieden mit der Ablehnung. Er plädiert dafür, wenigstens Masken an die Schüler auszugeben. Nach dem Lockdown könnten in den Schulen die gut schützenden FFP-2-Masken kostenlos ausgegeben werden. Schüler könnten diese auch auf dem Schulweg, also in Bus und Bahn, tragen. In einem zweiten Schritt könnten auch erwachsene Nutzer des Nahverkehrs mit solchen Masken ausgestattet werden, schlägt Droth vor. Widerspruch kommt von Mirko Pötzsch: Unter Berufung auf die Berufsgenossenschaft sagt er, FFP-2-Masken sollten nicht länger als zwei Stunden getragen werden, sie seien damit für den Unterricht ungeeignet.

Fürstenfeldbrucks Zweiter Bürgermeister Christian Stangl (Grüne) nutzt die Diskussion über Raumluftfilter für eine Schelte der Landes- und Bundesregierung. Es sei absurd, dass diese die Kommunen in dieser Frage allein ließen, so dass letztlich jede Stadt oder Gemeinde selbst die Tauglichkeit derartiger Geräte prüfen und sie im Bedarfsfall auch zahlen müsse. Ähnlich wie bei der schleppenden Digitalisierung der Schulen brauche es offenbar erst eine Krise, um in die Gänge zu kommen, sagt der Kommunalpolitiker.

© SZ vom 17.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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