Fürstenfeldbruck:Gemeinsam sparen, zusammen bauen und individuell wohnen

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Das von einer Genossenschaft nahe dem Olympiagelände errichtete Mehrfamilienhaus gilt als mögliches Vorbild. (Foto: Gabriele Fröhlich)

Die Interessengemeinschaft Aumühlenpark will mitten in Bruck eine Wohnanlage errichten und orientiert sich am Münchner Genossenschaftsmodell "Wagnis"

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Das Interesse an der gemeinsamen Gründung einer Wohnungsgenossenschaft oder Bauherrengemeinschaft in Fürstenfeldbruck ist groß: 105 Besucher haben sich am Montagabend im Lichtspielhaus den Dokumentarfilm "Wer wagt beginnt" angesehen - und sich anschließend über die Interessengemeinschaft Aumühlenpark informiert, die auf dem ehemaligen Stadtwerkegelände rund um die Stadtbibliothek Aumühle gern ein ähnliches Projekt realisieren würden. Unter den Zuschauern waren etliche Stadträte. Darunter auch Gabriele Fröhlich, die das vorgestellte Genossenschaftsprojekt im vergangenen Jahr selbst besucht hat.

Die Filmemacherin Uli Bez begleitet in ihrer Doku die Mitglieder der vierten Baugruppe der Wohnbaugenossenschaft "Wagnis eG" durch die jahrelange Planungs- und Bauphase und bei gemeinsamen Festen - bis hin zum Einzug. Auch Bez selbst lebt mittlerweile in der Anlage am Ackermannbogen, gleich neben dem Olympiagelände. Deutlich wird, dass es auch anstrengend ist, in Eigenregie gemeinsam ein Gebäude mit 53 Wohnungen zu errichten. Denn ein Teil des Konzepts ist es, dass sich alle Familien, älteren Paare und Singles in zumutbarem Maße an den Arbeiten beteiligen - von der Montage der Holzlatten auf den Terrassen bis hin zum Baumpflanzen. Das, so wird schnell klar, hält nicht nur die Baukosten im Rahmen, sondern schmiedet aus einzelnen Familien eine große Gemeinschaft. Dass solche Freundschaften nicht zwingend ewig halten müssen, ist klar. Aber Eigentümern traditioneller Eigentumswohnungen geht es da ja nicht anders. Klar wird auch, dass nicht jeder seine Traumwohnung bekommen kann und Abstriche von allzu detaillierten Vorstellungen machen muss. Beim Einzug zeigt sich dennoch eine unterm Strich durchweg zufriedene Gemeinschaft, die sich nähergekommen ist und sich einen Traum verwirklicht hat. Weil das Projekt groß genug ist, bleibt sogar Platz für einen kleinen Tante-Emma-Laden, Gemeinschaftsräume sowie Gästezimmer. In der Tiefgarage gibt es sechs Car-Sharing-Stellplätze.

Sollte aus der IG Aumühlenpark eine Wohnbaugenossenshaft und bei Bedarf zusätzlich eine Bauherrengemeinschaft werden und diese von der Stadt den Zuschlag bekommen für einen Teil des früheren Stadtwerkegeländes oder alternativ eines Grundstücks am Niederbronner Weg (unter Umständen in Erbpacht), dann würde ihr Bauprojekt wohl eher eine Nummer kleiner ausfallen. Gleichwohl wäre auch dort eine Gemeinschaft das Ziel. Und weil kein Baulöwe Profit machen würde und Eigenleistung eingebracht würde, wird kalkuliert mit 15 bis 20 Prozent niedrigeren Kosten. Die frühere Wagnis-Geschäftsführerin Elisabeth Hollerbach machte allen Interessenten Mut, eigene Wege zu gehen. Das Genossenschaftsmodell sei mitnichten altbacken oder verstaubt - ganz im Gegenteil. Zudem wirke es der Ghettobildung und der Bodenspekulation entgegen: Mit Hilfe öffentlicher Zuschüsse könnten trotz hoher Grundstückspreise auch weniger betuchte Menschen zum Zuge kommen - 60 Prozent sind nach dem sogenannten Münchner Modell gefördert.

Gabriele Fröhlich (SPD) hat sich im Sommer 2018, vier Jahre nach Fertigstellung, bereits ein Bild von eben jener Anlage gemacht. Sie ist begeistert von dem üppigen Bewuchs im Grünbereich und von der tausend Quadratmeter großen bepflanzten Dachterrasse. 80 Prozent des eigenen Strombedarfs wird per Fotovoltaikanlage gedeckt. 106 Bewohner leben dort, davon 31 Kinder. Alles ist barrierefrei. Die Baukosten werden mit 1755 Euro pro Quadratmeter Geschossfläche beziffert. Ein Genossenschaftsanteil beträgt etwa 1000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Fröhlich: "Das heißt, bei einer 60 Quadratmeter großen Wohnung zahlt man 60 000 Euro ein. Zusätzlich zahlt man Miete." Die reguläre Warmmiete liege zurzeit bei 17 Euro. Erhöht werde diese nur, wenn der Unterhalt es im Lauf von vielen Jahren erfordere. Ziel sei eine kostendeckende Miete, kein Überschuss. "Und wenn man auszieht, bekommt man die Genossenschaftsanteile wieder ausbezahlt." Fröhlich wundert sich da nicht, dass es für solche Projekte, die der "Selbstbestimmt in allen Lebenslagen" dienen, lange Wartelisten gibt.

"So was kann auch in Fürstenfeldbruck klappen", glaubt Martin Thoma, der mit den weiteren IG-Sprechern Ulrike Kornacher und Dionys Zehentbauer nun auf den Durchbruch hofft.

Interessenten können sich über die IG Aumühlenpark informieren unter www.aumuehlenpark.de

© SZ vom 21.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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