Die Bilanz des Orkantages im Landkreis:Geknickt und geborsten

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Der Sturm ließ mit ungeheurer Gewalt Bäume bersten. (Foto: Günther Reger)

Der Orkan hat vor allem in den baumreichen Gemeinden Gröbenzell und Grafrath große Schäden verursacht und den Feuerwehren Dauereinsätze beschert. In den Wäldern wurden vermutlich 10 000 Festmeter umgeworfen.

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Nach dem Orkan Niklas sind Feuerwehren, Bauhof-Arbeiter, Bürger und Handwerker beim Aufräumen. Überall lagen am Mittwoch noch umgestürzte Bäume, viele Dächer waren beschädigt. Zwischen Pasing und Olching verkehrten weiterhin Busse, die S-Bahn konnte wegen Sturmschäden nicht in Gröbenzell und Lochhausen halten. Die B 471 war über Nacht bis zum Vormittag gesperrt, weil an der Böschung in Höhe der Ausfahrt zum Brucker Westen Bäume zu kippen drohten. Insgesamt zählte die Integrierte Leitstelle (ILS) bis Mittwochfrüh über 420 Einsätze von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk (THW). Der Forstamtleiter rief die Bevölkerung auf, die Wälder nicht zu betreten. "Verzichten Sie auf einen Osterspaziergang, es ist lebensgefährlich", sagte Hans-Jürgen Gulder.

Windstärken bis 110 Stundenkilometer hatte der Wetterdienst für den Landkreis gemeldet, mehr als sonst, wie Roman Köhler, Leiter der ILS, der SZ erklärte. Besonders schlimm traf der Sturm Grafrath und Gröbenzell. In der Gartenstadt liegt es nach Ansicht des Feuerwehrkommandanten Claudius Weirauch an den besonders vielen Bäumen in den Gärten. Mehrere Fahrzeuge wurden von umfallenden Riesen zum Teil schwer beschädigt. Etliche Straßen waren nicht passierbar. In der Augsburger Straße wurde ein Wohnhaus so schwer beschädigt, dass es von der Polizei evakuiert werden musste. Die Statik des Gebäudes muss überprüft werden. Bis Mitternacht war die Feuerwehr im Einsatz, unterstützt vom THW und Kameraden aus Puchheim. Am Mittwoch kümmerte sich die Feuerwehr noch um Fälle, in denen Gefahr im Verzug war. So drohte ein Baum, der auf einem Hausdach lag, auf einen Flüssiggastank abzurutschen.

SZ-Karikaturist Guido Zingerl hat seine eigene Sicht auf den Sturm vor Ostern. (Foto: Simon)

Der Grafrather Kommandant Florian Volz wurde am Dienstag kurz nach 10 Uhr an seinem Arbeitsplatz in Maisach alarmiert. Die Einsatzzentrale funktionierte nach einem Stromausfall nur dank Notstromaggregat. Die Bürger kamen zu Fuß, um Schäden zu melden, weil das Telefonnetz zusammengebrochen war. Die kleine Wehr aus 35 Personen war bis Mitternacht in erster Linie mit entwurzelten Bäumen beschäftigt. "Wir haben einige Straßen gesperrt, weil sogar das Wegräumen zu gefährlich war. Hinten und vorne kippten Bäume um, man musste zusehen nicht getroffen oder eingeschlossen zu sein", erzählte Volz der SZ. Am Abend wollte die Feuerwehr mithilfe eines THW-Krans zwei Bäume von einem Hausdach hieven, das schwere Gerät kam allerdings nicht ran. So mussten Feuerwehrmänner auf das Dach klettern und die Bäume scheibchenweise mit der Kettensäge abtragen.

Ein ähnliches Bild bot sich in Bruck, Puchheim und Olching. In Germering wurde der erste Schaden am Dienstag um 8.18 Uhr gemeldet. In der Nelkenstraße stürzte ein Baum auf den Dachstuhl eines Hauses, so dass Balken und die Isolierung herabfielen. Fast überall wurden die Einsätze gegen Mitternacht abgebrochen, um Risiken für die Einsatzkräfte zu vermeiden. Um ein Haar wäre die Brucker Feuerwehr selbst Opfer geworden, als an der Ecke Schöngeisinger- und Senserbergstraße ein Baum fiel und den Außenspiegel eines Feuerwehrautos traf. In der Kreisstadt gab es 61 Einsätze am Dienstag, im Durchschnitt waren 30 Mann aus Bruck, Puch und Aich im Einsatz.

Die Züge auf der Linie S 4 verkehrten am Mittwoch wieder fast normal bis Geltendorf. Lediglich auf der S 3 fuhren zwischen Olching und Pasing Busse und Taxen. Die S-Bahnen wurden aufgrund von Sturmschäden auf die Fernverkehrsgleise umgeleitet und konnten die Haltestellen dazwischen nicht anfahren. Wie lange der Schienenersatzverkehr dauert, konnte der Sprecher der Bahn nicht prognostizieren.

In den Brucker Wäldern hat Niklas etwa 10 000 Festmeter Bäume umgeworfen, so viele wie seit Kyrill 2007 nicht mehr, schätzt Forstamtsleiter Gulder. Eine genaue Bilanz ist noch nicht möglich. Selbst seinen Revierleitern hat der Chef verboten, in den Wald zu gehen. Denn sogar Bäume, die scheinbar fest stehen, können an den Wurzeln beschädigt sein und bei einem Windstoß in Sekunden kippen. Gulder riet den Waldbesitzern, in den nächsten Tagen zunächst die Waldwege frei zu machen und dann "behutsam in den Wald zu gehen".

© SZ vom 02.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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