Fürstenfeldbruck:Geflüchtete sitzen in der Unterkunft fest

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Menschen aus der Türkei und Myanmar werden rasch anerkannt, finden aber keine Wohnung

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Die autoritäre Entwicklung im Nato-Partnerland Türkei treibt immer mehr Menschen in die Flucht. In der Unterkunftsdependance auf dem ehemaligen Fliegerhorst in Fürstenfeldbruck leben derzeit nach Angaben der Bezirksregierung von Oberbayern insgesamt fünfzig Menschen mit türkischem Pass, die vor staatlicher Verfolgung geflüchtet sind. Ihre Anträge werden meist relativ schnell anerkannt, weil dort Oppositionelle regelmäßig verfolgt werden. Aber dann "sitzen sie in der Falle", sagt der Brucker Integrationsreferent Willi Dräxler (BBV). Denn anerkannte Asylbewerber dürfen zwar die Unterkunft verlassen, finden aber keine Wohnung.

Das zentrale Problem ist, dass es kaum freie Wohnungen gibt, dazu komme, dass die meisten der Geflüchteten keine Fremdsprachen beherrschten, berichtet er. Aus diesem Grund fänden sie auch kaum eine Arbeit. Ohnehin hat die Corona-Krise die Aussichten auf einen Job verschlechtert. In einer ähnlichen Lage sind nach Angaben Dräxlers Flüchtlinge aus Myanmar, deren Zahl seit dem Militärputsch dort ebenfalls steigt. Auch ihre Asylanträge würden zügig anerkannt, danach sitzen sie in den Unterkünften fest.

Die Flüchtlinge aus der Türkei stellen derzeit das zweitgrößte Kontingent der Bewohner im Ankerzentrum. Die größte Bewohnergruppe bilden afghanische Staatsangehörige mit einem Anteil von etwa 38 Prozent, das sind rund 190 Bewohner. Zwischen solchen Belegungszahlen und aktuellen Ereignissen in der Türkei und Afghanistan, wo die Taliban nach dem Abzug der Nato wieder die Macht übernehmen könnten, besteht allerdings kein direkter Zusammenhang. Denn Flüchtlinge werden nicht nach Herkunftsländern proportional auf die Bundesländer verteilt. Von der Belegung einer einzelnen Unterkunft könne nicht auf das allgemeine "Zugangsgeschehen" geschlossen werden, betonte die Pressesprecherin der Regierung.

Anerkannte Asylbewerber gelten in den Unterkünften als Fehlbeleger. Dieser Kategorie gehören aktuell fünf Menschen aus der Türkei in der Dependance des Ankerzentrums an. "Zur Vermeidung einer Notlage" würden sie geduldet, bis sie Wohnraum gefunden haben, sagte die Pressesprecherin. Insgesamt leben derzeit etwa 500 Personen aus 34 verschiedenen Ländern dort. Die Kapazität ist nur zur Hälfte ausgelastet.

Erfreulich sei die Impfquote gegen das Coronavirus von 45 Prozent in der Brucker Unterkunft, die Regel seien eher 30 Prozent und weniger, berichtet Dräxler. Unter Geflüchteten seien Ängste vor dem Impfen weit verbreitet und würden oft noch durch Gerüchte weiter geschürt. Der Fürstenfeldbrucker Stadtrat glaubt, dass im Ankerzentrum die Mitarbeiter eine Vorbildfunktion hatten, die ebenfalls geimpft worden waren.

© SZ vom 31.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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